[244] Der Eisenbahnzug

Von des Dampf's Gewölk umflogen,
Braust heran der lange Zug,
Immer mächt'ger fortgezogen,
G'radhin, dann in weitem Bug.
Abgetheilt nach Wagenklassen,
Müde von der Reise Qual,
Schau'n die Menschen, stumpf gelassen
Durch die Fenster, eng und schmal.
Aber frei auf der Maschine,
Lenkend sie mit sich'rer Hand,
Blickt der Führer, ernster Miene,
Drohend fast in's grüne Land:
»Lange Jahre, lange Jahre,
Wettertrotzend, karg gelohnt,
Hab' ich, daß das Volk hier fahre,
Stumm des Mammons Macht gefrohnt.
[245]
Daß ein Jeder mag erreichen
Seine Ziele nah und fern,
Spornt' ich diese Eisenweichen –
Ich der Diener, ihr die Herrn.
Doch vielleicht erfüllt schon morgen,
Morgen sich die große Zeit,
Die da enden wird die Sorgen
Einer schnöden Dienstbarkeit;
Wo nicht mehr um dürft'ge Groschen
Willig findet sich ein Knecht,
Und des Darbens Pein erloschen
In des Allgenusses Recht.
Und so fahrt nur hin, geborgen
Noch in ahnungsloser Ruh' –:
Lenk' ich euch von heut' auf morgen,
Doch schon meinen Zielen zu!«

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TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Der Eisenbahnzug. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-ADE0-7