[6] Lied im Dornbacher Walde gedichtet

Hörst du dort die Stimmen schallen?
Dort sind Menschen, roh und kalt –
Laß uns, Theu're, tiefer wallen
In den heilig stillen Wald.
Jene bleiben wohl am Rande,
Daß sie noch die Straße seh'n;
Denn sie sind im Festgewande,
Und da muß man sicher geh'n.
Wir doch wollen uns erst schmücken
Mit des Lenzes jungem Grün,
Wollen uns erst Veilchen pflücken,
Die im Dickicht reicher blüh'n.
Sind wir lässig nicht im Suchen,
Ist dein Tüchlein bald gefüllt,
Und im Schatten hoher Buchen
Wird der holde Raub enthüllt.
[7]
Deine Kunst magst du nun zeigen;
Um und um ist tiefe Ruh',
Nur die Amsel in den Zweigen
Pfeift ein Liedchen dir dazu.
Müßig sollst du mich nicht finden;
Ob ich es auch nie verstand,
Zarte Blumen einzuwinden,
Bin ich hilfreich doch zur Hand.
Denn ich löse deine Flechten
Still in gold'ne Locken auf –
Und dann drückst du mit der Rechten
Gleich den fert'gen Kranz darauf!

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TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Lieder. Lied. Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AE26-1