[60] Der Burggraf

1.

[61] [65]I.

Eines Nachmittags hatte ich von Döbling aus, wo ich mich damals eben eingemietet hatte, einen Spaziergang über Grinzing nach der Wildgrube unternommen. Diese Gastwirtschaft war mir noch in guter Erinnerung, denn ich hatte sie früher bei geselligen Ausflügen nach dieser Gegend wiederholt besucht. Inzwischen schien sie einigermaßen in Verruf geraten zu sein. Trotz des prachtvollen, fast sommerlichen Septemberwetters waren nur wenige Gäste anwesend, so daß ich ziemlich einsam bei meiner Tasse Kaffee sah. Ich war es aber ganz zufrieden; konnte ich doch desto ungestörter die Aussicht über die Donau und ihre bereits bunt gefärbten Auen genießen. Auch hatte ich ein Buch bei mir, in dem ich lesen wollte. Es war Gracians Handorakel der Weltklugheit, übersetzt von Schopenhauer. Ich kannte es schon; da ich es aber Jahre hindurch in meiner Bücherei neben den Werken des Frankfurter Philosophen vermißte, so hatte ich das schlanke Bändchen, das ich erst kürzlich von einem Freunde zum Geschenk erhalten, heute zu mir gesteckt und wurde jetzt von dem Inhalt wieder mehr und mehr angezogen.

Inzwischen war die Sonne immer tiefer gesunken. Ich dachte also an den Rückweg. Und zwar über den »Kobenzl« und den »Himmel« nach Sievering hinunter. Auf der Avenue des Schlosses, in dem einst der geniale Freiherr von Reichenbach seinen odisch-magnetischen Studien obgelegen, fesselte mich noch ein prachtvoller Sonnenuntergang; dann schlug ich einen[65] Seitenpfad ein, der mich, wie ich annahm, rascher die Höhe hinableiten sollte. Aber er führte tiefer in den Wald hinein. Bei meinem mangelhaft ausgebildeten Ortssinn verirrte ich mich, und als ich endlich nach mancherlei Kreuz- und Quergängen die ersten Häuser von Sievering erreicht hatte, war die Dunkelheit längst hereingebrochen.

Die schmale, langgedehnte Ortschaft lag bereits in nächtlicher Ruhe vor mir. Die Haustore waren geschlossen, die Lichter verlöscht; nur durch die Fenster einzelner größerer und stattlicherer Häuser schimmerte es noch. Auch die Buschenschenken, die hier zur Herbstzeit offen stehen, und von der Stadt aus so zahlreich besucht werden, zeigten sich still und verödet. Nur in einer, der ich mich jetzt näherte, ertönte noch lustige Musik. Vor dem Eingang stand ein verwaister Einspänner, dessen Kutscher sich gewiß da drinnen beim Heurigen gütlich tat, während sein hagerer Gaul mit hängendem Kopf stumpfsinnig vor sich hindämmerte. Ein plötzliches Verlangen überkam mich. Ich wollte wieder einmal ein Stück Volksleben auf mich wirken lassen; auch hatte ich schon lange keinen jungen Wein mehr verkostet und konnte da gleich mein Abendbrot einnehmen. Ich trat also durch das halb offen stehende Tor. Aber schon im Hofe fühlte ich mich enttäuscht. Denn der angrenzende kleine Garten, offenbar zum Versammlungsort fröhlicher Zecher bestimmt, erschien fast leer und wurde nur sehr matt von einem einzigen, mit Glas geschützten Leuchter erhellt, in dem eine schlechte Talgkerze schwelte. In diesem Halbdunkel saßen ein paar Männer vereinzelt an verschiedenen Tischen und lauschten den Klängen einer Geige, einer Klarinette und einer Harmonika, die von drei Musikanten aus Leibeskräften gehandhabt wurden. Ich wollte schon umkehren. Da mich aber der bäuerliche Wirt, der in Hemdärmeln und blauem Fürtuch auch die Dienste eines Kellners versah, bemerkt hatte, so trat ich doch in den Garten und ließ mich an einem Seitentische nieder, der mit zwei anderen unter einer schützenden[66] Holzdachung stand. Der Wirt indes schien über mein Kommen nicht besonders erfreut zu sein. Denn er stellte mit sehr verdrossenem Gesicht ein zweites Licht vor mich hin und fragte dann ziemlich barsch nach meinem Begehren. Während er ging, das Verlangte herbeizuschaffen, wurde meine Aufmerksamkeit einem der Gäste zugelenkt, der an dem Tische mit dem Leuchter saß. Ich mußte ihn schon irgendwo gesehen haben. Es war ein junger Mann in den Dreißigern, nachlässig und mit sehr schadhafter Eleganz gekleidet. Der trübe Kerzenschein beleuchtete ein vornehmes, markantes Gesicht, das aber durch ein ungewöhnlich stark zurückweichendes Kinn entstellt wurde und einen hektischen Zug aufwies. Die langen hageren Beine weithin unter den Tisch gestreckt, die Hände in den Hosentaschen, blickte er mit eingesunkener Brust nach den Musikanten, die eigens für ihn aufzuspielen schienen, denn sie standen in nächster Nähe vor ihm.

Jetzt brachen sie ihr Stück mit einem überstürzten Finale ab und nahmen die Instrumente unter den Arm.

»Spielt's weiter!« sagte der junge Mann in befehlendem Tone. Seine Stimme klang heiser und gebrochen.

»Verzeign S', gnä' Herr,« versetzte der Geigenmann als Leiter des Trios, »verzeign S', mir mürssen no' nach Salmansdorf umi. Mir san dort b'stöllt, wal tanzt wird. Es is eh' scho' d' hechste Zeit. Mir bitten also um unser Dussär.« Damit nahm er die Mütze ab und hielt sie, um den erhofften Lohn zu empfangen, dem Gast entgegen.

Dieser sah ihn ausdruckslos an. Dann wendete er den Kopf nach dem Wirt, der mir eben Wein und Imbiß gebracht hatte, und sagte nachlässig: »Geben Sie den Leuten fünf Gulden.«

Der Wirt sah ihn über die Achsel an. »Was? I soll ihna fünf Gulden geb'n? I? Dös mürssen Sö tuan, i nöt!«

»Ich habe nicht gewechselt.«

»Nöt g'wexelt hab'n S'? I wir Ihna scho' wexeln. Sö wer'n do nöt glei' an Tausender bei Eahna hab'n! Auf an [67] Zehner kann i scho' aussa geb'n. Wird eh' g'rad glenga mit der Zech. Und es is Zeit, daß S' dö zahl'n. Es is scho' spät und i mecht' zurspirn.«

»Ich habe kein Geld bei mir«, erwiderte der andere kurz.

»Was? Ka Geld? Und da sitzen S' scho' zwa Stund' da und lassen Ihna geb'n, was guat und teier is? Und extra no' d' Musikanten aufhalten und vorspüln lassen! Ah, da legst di nieder!«

»Und i kriag no' mei' Fuhr!« schrie der Kutscher des Einspänners, aus dem Dunkel hervortretend, in dem er bis jetzt verweilt hatte. »Aus der Stadt hab' i 'hn aussag'fihrt – und jetzt so lang warten –«

»Dös a no'!« rief der Wirt drohend. »O Sö Fallott!«

Der junge Mann war bei dem allen gleichmütig sitzen geblieben. Nunmehr aber hob er stolz den Kopf und sagte: »Ich bin der Graf ....« Er nannte einen Namen von hocharistokratischem Klang, der mir sofort auf die Spur half. Ich wußte jetzt, wann und wo ich den Gast schon gesehen hatte.

»Was? A Graf? Dös kunnt' a jeder sag'n!«

»Du, Floder,« warf jetzt ein alter, verkommen aussehender Mann in halb bäuerlicher Tracht ein, der sich inzwischen gleichfalls genähert hatte, »mir scheint, er is a Graf. Er wohnt, glaub' i, in Unterdebling –«

»Plausch nöt, du B'suf!« erwiderte der Wirt, etwas betroffen. »Wer waß, wen du manst! Und wann er wirkli a Graf is, muaß er do' was bei eahm hab'n! A Uhr, an Ring – oder so was. Hab'n S' was?« wandte er sich an den Gast. Dieser zuckte die Achseln. »Nix? No, da ziagn ma Ihna halt in Rock aus!« Er machte Miene, gleich zur Tat überzugehen. Der Angegriffene erhob sich aber mit halbem Leibe und stieß ihn kräftig zurück.

»Was? Stessen tuan S'!« brüllte der Taumelnde. »Na wart'n S', Sö Lump! Schorschl!!« Dieser Ruf galt einem halbwüchsigen Jungen, der eben im Hofe am Brunnen Wasser [68] schöpfte. »Lauf umi, Schorschl, auf d' Sicherheitswachstub'n, daß aner herkummt! Den saubern Grafen wer'n mer glei' hab'n! Pack' mer'n derwal!« setzte er, die Umstehenden anfeuernd, hinzu.

Die Situation war nun wirklich eine sehr kritische geworden; ich begann mich für den Bedrohten zu schämen. »Lassen Sie den Herrn!« rief ich eindringlich von meinem Tisch hinüber. »Ich werde für ihn bezahlen.«

Der Wirt drehte sich um und sah mich verdutzt an. Aber auch ärgerlich. Es schien ihm gar nicht er wünscht zu sein, daß der Handel gütlich geschlichtet werde. »Sö woll'n zahl'n?« fragte er geringschätzig. »Wer san denn Sö?«

»Das braucht Sie nicht zu kümmern. Genug, daß Sie Ihr Geld bekommen. Machen Sie die Rechnung.«

»Dö wird glei' g'macht sein«, erwiderte er unwillig. »Drei Viertel Heurigen und zwa Flaschen alten Nußberger. Und a kalt's Hendl. Und was der Konfertabl g'habt hat –«

»An Liter!« schrie dieser.

»Und d' Musikanten – dö warten scho',« betonte der Wirt.

»Da haben Sie zehn Gulden«, sagte ich. »Geben Sie den Leuten, was ihnen zukommt.«

»Es g'lengt nöt, wann d' Musikanten –«

»Mir san mit zwa Flörln z'frieden«, riefen die Spielmänner im Chorus. »Her damit!« Dann gingen sie, vom Wirt entlohnt, im Eilschritt davon. Auch der Kutscher entfernte sich, nachdem er das Seine erhalten. Allerdings nicht sehr befriedigt. Man hörte ihn noch im Hof ein Scheltwort ausstoßen und draußen mit der Peitsche auf den armen Gaul einhauen, bis das Gefährt von dannen gerumpelt war.

Der Urheber aller dieser Szenen war inzwischen ohne aufzublicken auf seinem Platze geblieben. Jetzt schien er in Verlegenheit, was er tun sollte. Endlich stand er auf und ging vornüber geneigt mit schwanken Tritten auf mich zu. »Ich weiß [69] nicht,« sagte er, gleichsam herablassend, »mit wem ich – wie so Sie – ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen –«

»Aber ich kenne Sie, Herr Graf. Sie waren vor ungefähr acht Jahren Leutnant bei den Dragonern – nicht wahr?«

»Allerdings.«

»Und lagen damals in Schwechat?«

»Ganz richtig. Waren Sie vielleicht auch –«

»Ich befand mich bei einem Infanteriebataillon in Kaiser-Ebersdorf. Und da sind wir einige Male zusammengetroffen – freilich nur ganz flüchtig.«

»Ihr Name?«

Ich nannte mich.

»Kann mich nicht entsinnen. Aber gleichviel. Wir waren früher Kameraden. Es kann mir also nur angenehm sein, einstweilen Ihr Schuldner zu bleiben. Und wir wollen jetzt gleich eine Flasche miteinander trinken. He!!«

»Lassen wir das lieber. Nach dem, was vorgefallen –«

»Ach was! Ich will noch trinken. Das wäre nicht übel, wenn man sich genieren müßte. – He!!«

Sein klanglos kreischender Ruf verhallte. Es kam niemand. Endlich zeigte sich der Wirt.

»Noch eine Flasche Nußberger!«

Der Wirt sah ihn grimmig an, ging aber doch um den Wein.

»Das is d' letzte«, sagte er grob, als er die Flasche auf den Tisch stellte. »A End' muaß sein. Dös is ka Wirtshaus. I hab' bloß ausg'steckt.«

»Beruhigen Sie sich«, entgegnete ich. »Wir werden bald aufbrechen. Nehmen Sie gleich die Bezahlung.«

»Ich begreife Sie nicht«, sagte der Graf, als wir wieder allein waren. »Wie können Sie sich nur mit solchen Leuten in Unterhandlungen einlassen?«

»Immer besser, als sich Roheiten aussetzen, denen gegenüber man machtlos ist. Es ist übrigens wirklich schon spät.«

[70] »Spät? Wie viel ist es denn?« Er griff an die Westentasche, in der sich keine Uhr befand.

Ich sah nach der meinen. »Über Zehn.«

»Das ist ja gar keine Stunde«, rief er, die Gläser füllend, und leerte das seine mit einem Zuge. »Aber was haben Sie da für ein Buch?« Ich hatte es auf dem Tische liegen; er griff danach und blätterte es an. »Wie kommen Sie dazu, derlei zu lesen?« fragte er hochfahrend.

»Nun, ich lese es eben.«

»So. Sie scheinen also wissenschaftliche Bildung zu besitzen. Auch ich habe studiert. Könnte Doktor Juris sein. Ich glaube, Sie zweifeln?« Er sah mich mit einem drohenden Blick an.

»Keineswegs.«

»Mein Latein und Griechisch habe ich noch nicht verschwitzt. Und den Gracian da vermöchte ich im Original zu lesen. Auch kann ich, wenn Sie befehlen, mit einigen orientalischen Sprachen aufwarten.«

»Da wüßt' ich allerdings nicht Bescheid.«

»Wie meinen Sie das?« fragte er und lehnte sich herausfordernd zurück. Er hatte inzwischen ein zweites Glas hinuntergestürzt und mit dem dritten begonnen; in seinem schmalen Antlitz wiesen sich bereits Anzeichen der Trunkenheit.

»Ich meine es nicht anders, als daß ich diese Sprachen nicht verstehe.«

»Aber ich! Denn ich habe die orientalische Akademie besucht. Man hatte mich für die diplomatische Karriere bestimmt. Doch sie taugte mir nicht – ebensowenig wie später der Militärdienst. Ich kann mich nicht binden. Ich liebe die Freiheit. Aber dazu braucht es ein großes Vermögen – ausgedehnte Besitzungen. Die fehlen mir. Und so habe ich mich auch mit der Misère des Lebens herumzuschlagen.« Er ließ den Kopf sinken und stierte, die Augen verglast, mit hängender Unterlippe vor sich hin.

[71] So trat eine Pause ein, während der ich ihn betrachtete. Er sah jetzt mit seinem wie weggeschnittenen Kinn geradezu häßlich aus. Das lebhafte Sprechen schien ihn angestrengt zu haben; seine eingefallene Brust bewegte sich keuchend auf und nieder. »Noch eine!« rief er plötzlich, indem er sich gewaltsam aus offenbar sehr trüben Gedanken emporraffte und den Rest der Flasche in sein rasch geleertes Glas goß.

»Nein, durchaus nicht«, sagte ich. »Ich kann Sie natürlich nicht hindern. Aber was mich betrifft –«

»Sie sind Temperenzler«, bemerkte er verächtlich.

»Nicht doch. Aber es ist wirklich Zeit, daß wir uns von hier entfernen.«

»Nun, wenn Sie durchaus wollen – meinetwegen! So versäume ich wenigstens morgen nicht wieder die Messe.«

Ich sah ihn unwillkürlich erstaunt an.

»Ich pflege nämlich jeden Tag die Frühmesse zu besuchen,« fuhr er nachdrücklich fort. »Haben Sie vielleicht etwas dagegen?«

»Was könnte ich dagegen haben –«

»Aber Sie finden es lächerlich.«

»Keineswegs.«

»Sie finden es lächerlich! Ich seh' es Ihnen an.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Offenbar gehörte er zu denen, in welchen geistige Getränke Streitlust erregen.

»Sie irren«, sagte ich.

»Ich irre mich nicht. Aber ich werde mich in keinen Meinungsaustausch einlassen. Sie verstehen das einfach nicht. Ich höre die Messe, weil ich es von. Kindheit an gewohnt bin. Es liegt uns im Blute.«

Er hatte die letzten Worte mit stolzem Emporwerfen des Kopfes ausgesprochen. Ohne Zweifel sollten sie mir den Unterschied klar machen, der zwischen uns beiden bestand. Gleich darauf aber langte er nach dem Buche, das ich, zum Aufbruch bereit, eben an mich nehmen wollte. »Das leihen Sie mir«, [72] sagte er gebieterisch und steckte es, ohne meine Einwilligung abzuwarten, in die Hintertasche seines fadenscheinigen Jacketts. »Ich werde es Ihnen nächster Tage mit dem, was Sie mir vorgestreckt, zurückstellen. Wo wohnen Sie?«

»In Döbling.«

»Also auch in Döbling. Gasse?«

»Alleegasse.«

»Nummer?«

»13.«

»Also Alleegasse 13. Das merk' ich mir schon. Und nun gehen wir!«

Er hatte noch den letzten Tropfen aus dem Glase geschlürft, erhob sich mühsam und suchte wankend nach Hut und Stock. Dann verließen wir den Garten und das Haus, dessen Tor der Wirt hinter uns abschloß.

Auf der menschenleeren Straße fing mein Begleiter zu taumeln an; es fehlte nicht viel, so wäre er über einen Schotterhaufen zu Boden gestürzt. Ich wollte ihn schon unter dem Arm fassen. Aber ich unterließ es; er sollte nicht wissen, daß ich seinen Zustand bemerkte. So setzten wir in der mondlosen Nacht unseren Weg fort, mit dem der Graf beständig zu kämpfen hatte.

Nun waren wir an dem alten Friedhof vorübergekommen und erreichten die ersten Häuser von Unterdöbling. Bei einer der nächsten Gassen angelangt, blieb er stehen. »Da wohne ich«, sagte er. »Gute Nacht!« Und ohne den Hut zu lüften, bog er in die Gasse ein.

Ich sah ihm nach, wie er sich in Schlangenlinien fortbewegte, bis er endlich vor einem ziemlich großen, weiß getünchten Gebäude hielt, das in sonderbaren Umrissen zwischen dunkleren, hüttenähnlichen Nachbarhäusern aufschimmerte.

2.

[73] II.

Am nächsten Mittag aß ich wie gewöhnlich im Gasthause »Zum Hirschen«. Und zwar an einem Tische mit dem Direktor der Volksschule, dessen Familie sich noch auf dem Lande befand, während ihn selbst die Amtspflicht bereits zurückberufen hatte. Es war ein liebenswürdiger, unterrichteter Mann, mit dem ich mich gerne unterhielt. Im Laufe des Gespräches ließ ich ein Wort über den Grafen fallen; ich wollte wissen, ob er dem Direktor bekannt sei. Dieser lächelte und sagte: »Ach ja, Sie meinen den Burggrafen.«

Ich sah ihn fragend an.

»Man nennt ihn so, weil er in der ehemaligen Sodawasserfabrik wohnt, die einst ein geschmackloser Architekt ganz in mittelalterlichem Stil erbaut hat. Ein Witzling hatte sie sofort die kohlensaure Burg genannt, und diese Bezeichnung erhielt sich bis heute, obgleich der Besitzer der Fabrik längst zugrunde gegangen ist und das Gebäude als Mietkaserne für die ärmere und ärmste Klasse unserer Bevölkerung dient. – Aber wo haben Sie den verkommenen Menschen kennen gelernt?«

»Ich erinnere mich seiner noch aus meiner Militärzeit. Und gestern bin ich zufällig mit ihm zusammengetroffen.«

»Hat er Sie da nicht gleich angepumpt?«

»Nicht eigentlich. Aber der Eindruck, den ich empfing, war ein höchst trauriger. Ich begreife nicht, wie man bei solcher Abkunft so tief sinken kann.«

»Um das zu ergründen, müßte man mit allen genealogischen Verhältnissen aufs genaueste vertraut sein. Der Himmel weiß, von wem er sein Dekadententum ererbt hat. Sein Vater war ein ziemlich hoher Staatsbeamter, der sich nebenher auf den Gelehrten hinausspielte. Als dritter Sohn war er ohne Vermögen, wurde jedoch von seinem ältesten Bruder standesgemäß unterstützt. Er blieb bis in sein späteres Alter Hagestolz, [74] dann aber heiratete er ein Fräulein aus einer gänzlich verarmten freiherrlichen Familie. Aus dieser Ehe stammt unser Graf.«

»Da hat man ihn vielleicht als nicht ganz ebenbürtig behandelt?«

»Keineswegs. Seine Mutter, die eine etwas exzentrische Dame gewesen sein mochte, scheint man sich allerdings vom Leibe gehalten zu haben. Als sie aber gestorben war, löste sich jede Spannung. Sein Vetter gewann ihn sogar äußerst lieb und setzte ihm, als er das Majorat übernahm, eine Apanage von zehntausend Gulden aus. Das war um so reichlicher, als ja das Vermögen des Hauses nicht gerade ein enormes genannt werden kann. Aber was waren zehntausend Gulden für den Grafen Leupold! Sie wissen wohl, daß er so heißt. Womit er ein Jahr auslangen sollte, das war in ein paar Monaten durchgebracht. Verspielt und vertrunken. Das letztere Laster scheint bei ihm sehr früh zum Durchbruch gekommen zu sein. Also das Fixum reichte nicht und er machte Schulden. Ungeheure Summen, die wiederholt gezahlt wurden, da mehr als einmal die Ehre des Namens auf dem Spiele stand. Endlich aber mußte sein Vetter ein Ende machen. Er sah sich gezwungen, öffentlich zu erklären, daß er nicht länger für den Verschwender aufkomme, den er unter Kuratel setzen ließ. Trotzdem gibt er ihm jährlich noch so viel, daß eine ganze Familie sehr anständig davon leben könnte.«

»Er bezieht also noch eine Rente?«

»Dreitausend Gulden. Daß er damit nicht auskommt, begreifen Sie. Auch werden ihm seine Einkünfte immer gleich entrissen. Denn es gab doch noch Wucherer, die ihm borgten. Diese Leute zogen ihn förmlich aus, so daß er nach und nach ins größte Elend geraten ist – und seit einem Jahre in der kohlensauren Burg wohnt, wo er von den Hausmeisterleuten erhalten wird.«

»Von den Hausmeisterleuten?«

[75] »Das heißt insofern, als er oft monatelang ohne einen Kreuzer Geld ist. Da verköstigen sie ihn denn wohl oder übel, sorgen für die Bedienung und sonstige geringe Bedürfnisse. Soweit es angeht, entschädigt er sie dann. Er hat sich nämlich zuletzt auch auf das Schreiben von Bettelbriefen geworfen, die er an hohe und höchste Persönlichkeiten richtet. Schändlicherweise mit der Begründung, daß ihn sein Vetter hartherzig verhungern lasse.«

»Woher wissen Sie das alles?«

»Von ihm selbst. Denn er ist nicht der Mensch, der mit seinen Verhältnissen hinter dem Berge hält. Er kam früher täglich in dieses Gasthaus, und ich gestehe, daß ich anfänglich nicht ungern mit ihm verkehrt habe. Denn er ist doch vielseitig gebildet; auch war es mir interessant, die heterogenen Eigenschaften zu beobachten, die er in sich vereinigt. So seine starre Vigotterie bei sonstigem vollständigen Indifferentismus. Er nimmt vor jeder Kirche, vor jedem Heiligenbild auf der Straße den Hut ab und betrachtet es fast als Verbrechen, wenn er einmal die Messe versäumt.«

»Das ist mir bekannt«, warf ich ein.

»Und dann sein grenzenloser aristokratischer Hochmut neben einer ganz unglaublichen Nichtachtung und Wegwerfung der eigenen Persönlichkeit! Es ist ganz merkwürdig. Eines Abends, als er mir wie gewöhnlich über seine mißliche Lage vorjammerte, bemerkte ich halb im Scherz, halb im Ernst, daß es ihm ja nicht schwer fallen dürfte, seinen Namen zu einer vorteilhaften Heirat zu verwerten. Da hätten Sie ihn sehen sollen! Auf den Tisch schlug er, daß Teller und Gläser klirrten. Was ich denn von ihm halte, da ich ihm zumute, eine Mesalliance zu machen? Sich an eine reiche Jüdin zu verkaufen! Er konnte gar kein Ende finden und wurde zuletzt aufs äußerste beleidigend. Ich verzieh es ihm halb und halb, da ich wußte, wie leicht ihm der Wein zu Kopfe steigt. Schließlich war ich aber doch froh, daß er Zechschulden halber wegblieb, und verzichtete gern auf die Rückerstattung [76] gewisser Darlehen, wie einiger Bücher, die ich ihm geborgt und die er wahrscheinlich bei irgend einem Antiquar verkauft hat.«

3.

III.

Nicht lange nach diesem Gespräch mit dem Direktor saß ich eines Vormittags am Schreibtisch, als es an meine Tür pochte. Auf das Herein trat eine Frauensperson ins Zimmer, bei deren Anblick ich fast erschrocken zurückprallte, so ganz ungemein häßlich war sie. Eine große, derbknochige Gestalt mit ungeheueren, abgearbeiteten Händen und plumpen Füßen, die in schadhaften Hausschuhen staken. Auf den struppigen, schon leicht ergrauten Haaren saß eine schwarze Tüllhaube mit verschossenen blauen Bändern und erhöhte die Fahlheit des grotesken Gesichtes, das dem einer geblendeten Eule glich. Über das rechte Auge war das obere Lid vollständig herabgesunken, das linke blinzte matt und unsicher. So stand die Person vor mir, ein altes, schalartiges Tuch, das einst gelb gewesen sein mochte, um die Schultern geschlagen.

»San Sö der Herr, der neuli' mit'n Grafen in Sievring war?« fragte sie mit krächzender Stimme.

»Jawohl. Was wünschen Sie?«

»Er laßt Ihna bitten, Sö mechten zu eahm kummen. Er is krank und liegt im Bett.«

»Was fehlt ihm denn?«

»I waß 's net. Hursten tuat er. Der Doktor mant, es kunnt a Entzintung wer'n.«

Ich überlegte. Denn ich verspürte gar keine Lust, dem Verlangen nachzukommen. Aber er war krank, ließ mich zu sich bitten – und da konnte ich wohl nicht anders. Auch begann sich Neugier in mir zu regen; ich wollte seine Behausung sehen.

»Nun gut«, erwiderte ich. »Sagen Sie dem Herrn Grafen daß ich gleich kommen werde. Sie sind wohl –«

[77] »I bin die Tochter vom Hausmaster.« Damit machte sie kehrt und schritt ohne Gruß zur Tür hinaus. Ich glaubte inzwischen bemerkt zu haben, daß sie gesegneten Leibes war.

Nachdem ich mich zum Fortgehen angekleidet, schlug ich den Weg nach dem Hause ein, das ich damals in der Dunkelheit hatte aufschimmern sehen. Ich gewahrte jetzt, daß es sich seiner ganzen Bauart nach mit einer wartturmähnlichen Flanke wirklich wie eine kleine Feste ausnahm.

Die Sendbotin erwartete mich schon am Tor. Sie führte mich zwei Treppen hoch und dann über eine schwanke hölzerne Seitenstiege in ein Giebelzimmer, das zwar nicht ungeräumig, aber grenzenlos vernachlässigt war. In einem dürftigen Bette lag der Graf. Er schien zu fiebern, und das hektische Rot auf seinen eingesunkenen Wangen brannte wie Feuer. Als er mich wahrnahm, zog er, um seine schadhafte Wäsche zu verbergen, eine abgenützte karrierte Decke bis zum Kinn empor.

»Sie sehen mich zu Bett«, sagte er, mühsam atmend, indem er, um mich zu begrüßen, seine schmale, langfingerige Rechte vorsichtig unter der Decke hervorstreckte. »Infamer Katarrh! Ich leide zwar öfter daran, aber diesmal ist er ganz besonders stark zum Ausbruch gekommen. Wahrscheinlich infolge einer Erkältung. Konnte daher nicht zu Ihnen gelangen und mußte Sie bitten lassen, sich zu mir zu bemühen. Sie könnten mir einen ganz besonderen Dienst erweisen.«

»Ich bin nach Möglichkeit bereit«, erwiderte ich und ließ mich auf den harten Sessel nieder, den mir die Eule auf seinen Wink in die Nähe des Bettes gerückt hatte.

»Gehen Sie jetzt«, sagte der Graf zu ihr.

Es war, als hörte sie ihn nicht. Sie wollte offenbar im Zimmer bleiben.

»Hinaus!!« schrie er und verfiel infolgedessen in ein heftiges Husten.

Ihr Gesicht nahm den Ausdruck stumpfsinnigen Trotzes an. Aber sie entfernte sich langsam.

[78] »Also gleich in medias res!« begann jetzt der Graf keuchend. »Ich befinde mich in einer verzweifelten Lage. Bin ohne alle Mittel – dabei von Gläubigern aufs äußerste bedrängt. Kurz: wenn ich nicht schon in nächster Zeit über einige tausend Gulden verfügen kann, bin ich verloren. Ich habe das wiederholt in sehr dringenden Briefen meinem Vetter – dem Chef unserer Familie – mitgeteilt, aber keine Antwort erhalten. Ich erkenne daraus, daß er die Absicht hat, mich zugrunde gehen zu lassen – ja, daß es ihm höchst erwünscht ist, wenn ich zugrunde gehe. – Sie sind Schriftsteller, nicht wahr?«

»Ja.«

»Ich habe das mittlerweile in Erfahrung gebracht. Wie wäre es, wenn Sie an meinen Vetter schrieben? Sie könnten fürs erste hervorheben, daß Sie mit mir in der Armee gedient haben. Schildern Sie ihm die Verhältnisse, in denen Sie mich jetzt angetroffen.« Er ließ die Blicke bedeutungsvoll im Zimmer umherschweifen. »Entwerfen Sie ihm ein Bild meines Elends – und fordern Sie geradezu, daß mir geholfen werde. Widrigenfalls Sie mein Schicksal durch einen Zeitungsartikel vor das Forum der Öffentlichkeit bringen. Sie könnten dabei mit der Bekanntgabe gewisser Details drohen, die ich Ihnen zur Verfügung stellen würde.«

Im ersten Augenblick war ich über diese Zumutung sprachlos. Dann übermannte mich Entrüstung, und ich stand im Begriffe, mir mit den schärfsten Worten Luft zu machen. Aber der Anblick des Jammermenschen, der sichtlich in den ersten Stadien der Lungenschwindsucht vor mir lag, dämmte meinen Zorn zurück.

»Davon bitte ich nicht weiter zu sprechen«, sagte ich mit möglichster Ruhe.

»Und warum nicht? Es würde ja Ihr Schaden nicht sein, wenn Sie sich in dieser einfachen Sache –«

Ich bezwang mich wieder. »Es ist keine einfache Sache. Sie müssen sich da an einen Revolverjournalisten wenden.«

[79] »Was wollen Sie damit sagen?« brauste er auf. Aber er schien mehr erstaunt als entrüstet zu sein.

»Sie haben mich sehr wohl verstanden«, erwiderte ich, indem ich mich erhob.

In diesem Augenblick ertönten draußen auf der Holztreppe schwere und hastige Tritte. An der Tür wurde gepocht und ein Postbote trat, ohne das Herein abzuwarten, ins Zimmer. Er hielt dem Grafen einen Brief mit fünf Siegeln entgegen.

»Von meinem Vetter!« rief der Graf, nachdem er einen Blick auf die Adresse geworfen. Er erbrach die Siegel mit zitternder Hast, wobei seine hageren, halb entblößten Arme zum Vorschein kamen, und verschlang den Inhalt des kurzen Schreibens, dem einige Banknoten beigelegt waren, mit den Augen.

Ich hatte mich inzwischen schon zum Fortgehen gewendet. »Alles bewilligt!« rief er mir nach. »Schon in den nächsten Tagen bin ich im Besitz der ganzen erforderlichen Summe. – Tinte und Feder! Ich muß das Rezepisse unterschreiben.« Dieser Befehl galt der Eule, die hinter dem Briefträger erschienen war.

Ich aber ging ärgerlich und verstimmt nach Hause. Es war ja nicht das erstemal, daß ich, wenn auch nicht gerade einen solchen, so doch immerhin den Beweis erhielt, welche Meinung man von dem Beruf hegte, dem ich mich geweiht.


* * *


Ich war froh, dem Grafen, der sich wohl körperlich wieder erholt hatte, nicht mehr zu begegnen; er mochte seine Behausung aufgegeben haben. Verfügte er doch jetzt über Geldmittel, und eines Tages glaubte ich, ihn auf der Ringstraße in einem Fiaker fahren zu sehen.

Im Frühling aber hatte ich einen Ausflug auf den Kahlenberg unternommen und kehrte erst bei einbrechender Nacht zurück. Als ich die dunkelnde Grinzinger Allee durchschritt, gewahrte ich auf einer der dort angebrachten Bänke einen Mann [80] sitzen. Weit zurückgesunken, die langen Beine von sich gestreckt, hatte er die ausgebreiteten Arme auf der Banklehne ruhen. Es war der Graf. Ob er mich erkannt, ja auch nur wahrgenommen, weiß ich nicht. Er war offenbar volltrunken und starrte, als ich an ihm vorüberkam, zum gestirnten Nachthimmel empor, der eben jetzt durch den aufsteigenden Mond weithin erhellt wurde.

Er schien also die kohlensaure Burg doch nicht verlassen zu haben.

4.

IV.

Bald darauf verließ ich Wien. Hin und wieder kehrte ich für kürzer oder länger zurück; dauernden Aufenthalt nahm ich dort nicht mehr.

So waren etwa drei Jahre verflossen. Eines Nachmittages, im August – ich war eben wieder eingetroffen –, hatte ich mich von der Stadt aus, wo ich wohnte, nach der »Hohen Warte« begeben. Ich hoffte einen Bekannten zu finden, von dem ich wußte, daß er dort den Nachmittagskaffee einzunehmen pflegte. Ich traf ihn jedoch nicht an. Nachdem ich eine Stunde fruchtlos gewartet, entfernte ich mich und schlug den wenig begangenen Feldweg ein, der nach Unterdöbling führt. Es wurden damals in dieser Gegend zahlreiche Neubauten in Angriff genommen, die teils schon ziemlich weit geführt, teils erst in wüsten Baugründen abgesteckt waren. In der Nähe der ersten Gassen dehnte sich noch ein dürftiger Wiesengrund aus. Einige ärmlich gekleidete Kinder, Knaben und Mädchen, spielten dort im Strahl der niedergehenden Sonne. Am Rande des vergilbten Rasens saß ein strickendes Weib. Als ich näher kam, erkannte ich, daß es die Tochter des Hausmeisters war. Sie sah ganz so aus wie damals, nur ihre Haare waren jetzt vollständig ergraut, so daß sich die schwarze Tüllhaube – es schien noch immer dieselbe zu sein – trotz starker Bestäubung schärfer davon abhob. Auch bemerkte ich jetzt, daß ein schmächtiges [81] blasses Knäblein mit auffallend großem Kopfe dicht an ihrer Seite saß. Ich trat auf sie zu und begrüßte sie.

Sie blinzelte mich eine Weile stumpfsinnig an. Dann sagte sie: »I kenn' Ihna net.«

Ich half ihr auf die Spur.

»A jo, richti! Sö san der Herr aus der Alleegassen –«

»Können Sie mir vielleicht sagen, wie es dem Herrn Grafen geht?«

»Der is tot.«

»Tot? Wann ist er denn gestorben?«

»A Joahr wird's her sein. Net lang nach seiner Heirat.«

»Ja, hatte er denn –?«

»Frali. A Matreß hat er g'heirat't.«

»Wen –?«

»A Matreß. Die frih're G'lirbte von an reichen Herrn. Sie hat woll'n Gräfin wer'n.«

»Und die hat er? –«

»Frali. Ibrigens woars ka richtige Eh'. Sö san glei' nach der Trauung ausanand gangen. A jed's für sich. Aber viertausend Gulden 's Joahr hat er kriagt. Sie hat's leicht geb'n kiena. Denn er woar eh' scho' halbtot. D' Ärzt' hab'n a glei' da wo abi g'schickt ans Meer.« Sie machte eine vage Bewegung mit der Hand.

»An die Riviera –«

»Jo, i glaub', so haßt's. Und dorten is er a g'sturb'n.«

Ich hatte mittlerweile das Knäblein betrachtet, das regungslos und mit erloschenem Blick auf ein paar gelbliche Blümchen niedersah, die es zwischen wachsbleichen Fingern hielt.

»Und ist für Sie – hat er Ihnen –?«

»Ob er mir was g'lassen hat, manen 'S? Den da hat er ma g'lassen. Sonst nix. Das haßt, er hat mer zahlt, was er ma schuldi war. Und dös hab' i für den ang'legt.«

»Aber konnte denn nicht sonst etwas für Sie – hat nicht die Gräfin – –«

[82] »Dö? Dö is froh, daß er nimma lebt. Sie is a Geizkrog'n. 'S Kind hat's ma woll'n abkaufen – um zwatausend Guld'n. Awer i hab's net hergeb'n. Es g'hert mei'. I wir's scho' daziagn.«

Beklagenswerter Wurm, dachte ich mit einem letzten Blick auf den Kleinen, der die Züge seines Vaters im Antlitz und den Todeskeim der Schwindsucht in der Brust trug, deine Mutter wird nicht lange an dir zu erziehen haben. Und das ist wohl das Beste für dich, du armes, schuldloses Halbblut!

»Leben Sie wohl«, sagte ich, von Wehmut ergriffen, und wendete mich zum Gehen.

»Adje!« erwiderte sie kurz, die unterbrochene Strickarbeit aufnehmend. Nicht die leiseste Spur einer Empfindung war in ihrem fahlen Gesicht wahrzunehmen.

[83][85]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Erzählungen. Novellen aus Österreich. 5. Teil. Der Burggraf. Der Burggraf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AF8B-6