[167] Die vipernater

In dem spiegelton Frauenlobs.


7. merz 1545.

1.
Vipera ist ein naterschlang,
von der schrieb Plinius vorlang,
so sich zam paret mendlein und das weiblein,
So windens um einander sich
so hart, das man meint eigentlich,
sam hetten sie beidsamen nur ein leiblein.
Das mendlein stößt vor lieb sein haubt
dem weiblein in sein munde;
also in der höchsten begirt
das weiblein überweltigt wirt
und beißt dem mendlein ab sein haubt zu stunde.
2.
Wan das weiblein entpfangen hat,
mit zweinzig jungens schwanger gat;
wan sie in muterleib nun zeitig weren,
Alsdan sie nit geberen mag
mer, dan ein jungs auf einen tag
des vorzugs sich die jungen hart beschweren,
Und beißen ir die seiten auf,
dardurch sie heraus dringen.
also das weiblein auch verdirbt,
an der geburt der jungen stirbt.
solch wunder würkt natur in allen dingen.
3.
Die nater zu vergleichen ist
böser gsellschaft, zu aller frist
mit laster und untreue überladen;
Ligen in aller unzucht wüst,
in großen freuden und wollüst
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fürens einander in den größten schaden.
Auch entlich ir undankbarkeit
sich offenlich lest schauen,
das sie einander lonen schlecht,
gleich wie der teufel seinem knecht,
so sie einander morden und lam hauen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Geistliche und weltliche Lieder. Die vipernater. Die vipernater. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B0B9-4