Das gesellenstechen

Als fünfzehundert jar
und achtunddreißig war,
nach liechtmess am mittwoch
ich nein gen Nürnberg zoch,
mein kram wider zu füllen,
und kam hin zum Wolf Rüllen
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mir pfenwert einzukaufen;
da wurt ein großes laufen
aus allen gaßn am mark
mit stül und benken stark.
ich sprach: was wirt da wern?
er sprach: ir secht es gern;
fürt mich hoch in ein gmach,
durch ein fenster ich sach
ein wolverschrankte ban,
zu der kam iederman
auf rossen, kerrn und wegen;
auf leitern, feßern, schregen
stunt volks ein große meng.
da war ein groß gedreng,
ein gschrei und laut getöß,
von rossen ein gestöß,
gar oft ein grüst einbrach,
ein schön purzeln man sach.
ringsweis am mark ich wol
sach alle fenster vol
von erbern man und frauen,
das ritterspil zu schauen;
all heuser stecktn vol innen,
auf dechern und auf zinnen
die leut rab schauen teten.
in dem ich ein trommeten
hört samt pfeifen und trummen;
oben her sach ich kummen
in hohem zeug acht frecher
gerüster krönleinstecher,
ie ein par mit einander,
köstlich gebutzt allsander,
neben iedem drei narren
loffen, auf in zu harren,
auch in sein farb bekleit.
vor iedem stecher reit
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ein gsell, wie sich gebürt,
und seinen spieß im fürt,
und zogen also her
ganz höflicher geber
in die verschrankten ban,
verhüt durch etlich man;
sie teten wenig prangen.
der schimpf wart angefangen;
ir ieder an der stet
seinen rüstmeister het,
der in schraubt aus und ein.
in dem da legt man ein,
und traf das erste par,
wie das loß gfallen war,
das ander, drit und viert;
darnach wurt erst turniert,
und war der nechst der best;
sie saßen stark und fest
und trafen wol und frei;
hie ritten zwen, dort drei,
als obs ein turnier wer,
machten vil settel ler;
die pfert die loffen schnell,
sie teten gschwinde fell;
wo eim (wie oft geschach)
etwas riß oder brach,
war er doch kurzer zeit
zum treffn wider bereit;
schonten einander nit,
sie teten weng felritt,
vil ledig fell sie machten;
die herren teten achten
auf die fell aller weis,
die man beschrib mit fleiß
oben auf dem portal;
der ganz mark oft erhal
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von manchem starken stos,
das beide man und ros
oft lagen auf der ban;
noch rittens wider dran,
als wer in nichtsen drum,
zu holen preis und rum.
sie triben tapfer zu
und hetten wenig ru,
sam wers in einem kampf,
das in der dunst und dampf
her aus den helmen drang.
als das nun weret lang,
und ser vil troffen hetten,
etlich pfert stutzen teten,
etlich schadhaftig wasen,
auf andre pfert sie sasen
und auf ein neues trafen
höflich und nit zu strafen.
auf ein ritten oft zwen,
die er frei tet besten,
ich sach kein zagen man;
zu lezt numens die ban
mit iren rossen kurz;
erst litt mancher ein sturz,
das im sein leib erkracht;
in dem fiel her die nacht.
als es die zeit begab,
da zogens wider ab
von irem ritterspiel,
das mir herzwol gefiel,
tet mich mit freud erfüllen.
da sprach ich zum Wolf Rüllen:
wer hat gestochen heut?
sint es fremd edelleut?
er antwort mir gar kön:
es sint hie burgers sön,
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die haben tun versprechen
zusam ein gsellenstechen.
ich sprach: wer richt sie an?
er sprach: das haben tan
ir vetter, so vor jaren
auch gute stecher waren,
dergleich ein erber rat
darin gefallen hat,
zu solchem ritterspil
gewendet kostung vil,
verordnet und versehen,
das kein schad sol geschehen,
noch vorteil brauchet wert
mit spieß, zeug oder pfert.
lob hab ein erber rat,
sprach ich, der löbling stat,
der solch kurzweil hilft meren;
dienet zu nutz und eren,
darauf ziehen ir sön,
zu werden reisig kön.
die stechr möcht ich wol kennen.
er sprach: ich wil dirs nennen,
wer heut gestochen hab.
Hans Stark war der in blab;
Sigmund Pfintzing war schön
geschmückt, rot, weiß und grön;
Wolf von Dill, schaut, derselb
fürt blau, weiß und halb gelb;
Marx Bucher von Leipzg stach
in gelb, grau, weiß; hernach
Jochim Bemer nach preis
ritt halb rot, blau und weiß;
Christof Fürer aufwarz
der stach in lauter schwarz
Gabriel Nützel schön
in halb rot, gelb und grön.
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Matthes Ebner, verstet,
blau und rot füren tet;
so heißen sie all acht.
ich fragt in mer und lacht:
wer hat den dank erjagt?
zu nacht heint, er mir sagt,
geit man den dank erst aus
oben auf dem rathaus,
dem besten den vortanz,
ein ring mit einem kranz,
und also nach einander,
verert man sie allsander.
ieden mit eim vortanz
und einem schönen kranz
tut sie die braut begaben,
der sie zu eren haben
gehalten das gestech.
urlaub nach dem gesprech
nam ich und gieng darvon.
die ganz fasnacht ich hon
kein tapfer kurzweil gsehen,
das lob tu ich in jehen
und wünsch, das dise acht
auf die künftig fasnacht
ir spieß wider zubrechen
in einem gsellenstechen
nach ganz höflicher weis,
das ir rum, lob und preis
bei gmeiner stat erwachs,
das wünschet in Hans Sachs.

Anno salutis 1538, am 8. tage Marci.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Spruchgedichte (Auswahl). Das gesellenstechen. Das gesellenstechen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B154-F