204. Geist in Gestalt eines Hundes.

1.

Bei Oldendorf geht Nachts an der Ilme ein großer schwarzer Hund, mit glühenden Augen, so groß wie ein Becken. Das Volk nennt ihn den Fischhund. Das ist ein Fischmeister gewesen, welcher sich, als sein Ende herankam, wünschte nach seinem Tode ewig fischen zu können. Einst wollte ein Mann aus Oldendorf Nachts nach Holtensen gehn, um dort seine Braut zu besuchen. Auf dem Kirchwege begegnet ihm der Fischhund. Er schlägt mit seinem Stocke nach ihm, da stellt sich dieser auf die Hinterbeine, richtet sich hoch empor und gibt ihm eine so gewaltige [187] Ohrfeige, daß er ohnmächtig zu Boden stürzt. Der Mann wurde von dem Schreck erst krank und zuletzt wahnsinnig (wirre).

2.

Ein Oberjägermeister Namens Molk soll die Sülbecker Saline gebaut haben. In der Amtswohnung des Oberinspectors hängt sein Bild auf der Hausflur. Nähme man das Bild von da weg, so würde er spuken; so lange dieses aber da hängt, spukt statt seiner ein schwarzer Hund, so groß wie ein Rind. Dieser geht Abends am Salzgraben hinauf. Einst begegneten ihm junge Burschen aus Sülbeck; in der Meinung, daß es ein gewöhnlicher Hund sei, warfen sie nach ihm mit Steinen. Da streckte aber der Hund seine große glühende Zunge aus, und die feurigen Augen wurden immer größer. Jetzt ergriff Furcht und Entsetzen die Burschen und sie flüchteten Hals über Kopf in ein nahes Haus, dessen Thür sie schnell hinter sich verschlossen. Kaum hatten sie das gethan, so war auch schon der Hund vor der Thür und brüllte wie ein Löwe.

Ein noch lebender Tischler aus Sülbeck, der mit einigen anderen Nachts ausgegangen war Obst zu stehlen, kam gerade mit seiner Beute daher, als er vor sich in dem Zaune den Hund sieht, wie er mit dem Vorderpfoten auf dem Steige liegt. Da der Mann darüber muste, so spricht er zu dem Hunde: »Satan, willst du davon!« und schlägt zugleich nach ihm, trifft ihn aber nicht, sondern schlägt in den Wind. In demselben Augenblicke aber erhält er selbst eine so derbe Ohrfeige, daß er auf der anderen Seite des Salzgrabens liegt und eine halbe Stunde wie todt ist. Die anderen, worunter ein Bader war, bringen ihn endlich wieder auf und führen ihn nach Hause.

3.

In Bilshausen war ein Knopfmacher gestorben, der im Leben ein böser Mensch gewesen war. Nach seinem Tode lag vier Wochen lang zwischen elf und zwölf Uhr ein großer schwarzer Hund mit glühenden Augen und glühender Zunge vor der Hausthür und erschreckte die Vorübergehenden durch seinen Anblick. Erst als der Pfarrer das ganze Haus geweiht und besprochen hatte, war der Hund verschwunden.


Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 204. Geist in Gestalt eines Hundes. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B9BE-5