192. Der Zauberspiegel.

In Schwiegershausen wohnte früher ein Rademacher, Namens Wasmann, der hatte Bienenstöcke. Einst ward diesem sein bester Bienenstock gestohlen. Da ging er nach Gieboldehausen zum »Weiser.« Dieser fragte ihn, was denn dem geschehen solle, der den Bienenstock gestohlen hätte. Wasmann antwortete: »der soll sterben.« Da läßt ihn der Weiser in einen Spiegel sehen, darin erblickt er seinen eigenen Bruder mit dem Bienenkorbe. [172] »Soll er denn nun sterben?« fragte der Weiser. »Das ist wohl ein bischen zu hart«, erwiederte jener. »Soll ich ihm denn einen Arm abschlagen?« – »Das wäre wohl ein bischen zu hart.« – »Soll ich ihm denn ein Bein abschlagen?« – »Das wäre wohl zu hart.« Darauf sagte der Weiser, erst hätte er den Dieb todt haben wollen und nun wäre ihm alles zu hart, was er denn nun mit ihm machen solle? So wolle er ihm denn eine Erinnerung geben, damit er nicht wieder Bienenstöcke weghole; er solle nemlich am ganzen Leibe anschwellen, so daß er kaum noch athmen könne; doch solle er bald wieder davon befreit sein. Am anderen Tage sieht Wasmann seinen Bruder mit dem Pfluge herausziehen; es dauert aber nicht lange, so kommt er zurück. Bald darauf kommt die Schwägerin zu Wasmann gelaufen, thut sehr übel und bittet ihn doch gleich einmal mitzugehn, ihr Mann wolle sterben. Er geht mit und sieht, wie sein Bruder angeschwollen ist und kaum athmen kann; er sieht diesen Zustand eine Weile an, sagt dann, es werde sich bald wieder geben und geht fort. Am anderen Tage sieht er seinen Bruder wieder mit dem Pfluge vom Hofe kommen; da fragt er ihn, was ihm denn gestern gewesen sei. Der Bruder sagt, er wisse es nicht. »Nun« sagte Wasmann, »ein ander Mal laß die Bienenstöcke stehn, dann widerfährt dir solches nicht wieder.«

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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. Märchen und Sagen. Niedersächsische Sagen und Märchen. A. Sagen. 192. Der Zauberspiegel. 192. Der Zauberspiegel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B9E6-9