4. Die Gleichen.

1.

Die Ritter, welche auf den Gleichen wohnten, sind Raubritter gewesen; die auf Burg Teistungen bei Heiligenstadt waren es ebenfalls und standen mit ihnen im Bunde. Wollten sie nun gemeinschaftlich etwas unternehmen, oder drohte einem von ihnen Gefahr, so gaben sie sich mit einer ausgesteckten Laterne ein Zeichen. – Auch mit den Herren der alten Burg Niedeck hatten die Ritter auf den Gleichen ein Bündniß geschlossen, und für diese war ebenfalls die an einem Thurme ausgehängte Laterne das verabredete Zeichen, daß jene ihnen zu Hülfe kommen sollten.

2.

Auf den beiden Gleichen haben einmal zwei feindliche Brüder gelebt, die stets mit einander in Fehde lagen. Auf dem Platze unter den Gleichen, welcher Kriegplatz oder Kriegholz heißt und jetzt den Reinhäusern gehört, haben sie mit einander gekämpft. Wollte der eine Bruder seinen Freund auf der Niedeck besuchen, so ließ er seinem Pferde die Hufeisen verkehrt unterschlagen, damit der andere nicht wissen sollte, ob er weggeritten oder wieder zu Hause gekommen sei. Einst wollte der Ritter, welcher auf der nach Gelliehausen hin gelegenen Burg wohnte, ausreiten; weil er aber etwas vergessen hatte, kehrte er wieder um es zu holen. Sein Bruder, der ihn bemerkt hatte, stand schon auf der Lauer und schoß nach ihm mit einer Pistole, traf ihn aber nicht. Zuletzt forderten sich die Brüder zu einem Zweikampfe heraus. Zu dem Ende stellte sich jeder in das Thor seiner Burg und beide schossen gleichzeitig auf einander. Beide wurden getroffen und blieben todt auf dem Platze.

3.

In der Vertiefung (senke) zwischen den beiden Gleichen ist ein Brunnen, der mit der Garte in Verbindung stehen soll. [3] Eine Ente, welche man hinein gesetzt hatte, kam, wie erzählt wird, ganz ohne Federn in der Garte wieder zum Vorschein.

4.

In dem Reinhäuser Walde, etwa eine halbe Stunde von dem Dorfe Reinhausen liegt das Klausthal. Oben am Ende desselben steht der sog. Hurkuzstein, ein Felsen, worin eine stubenhohe Höhle ausgehauen ist. Dieser Felsen hat seinen Namen von einem Einsiedler Namens Hurkuz, der darin lebte und starb. Früher hatte er auf den Gleichen gelebt und hier einst von dem Burgherrn den Auftrag erhalten ein Kind umzubringen und dasselbe auch wirklich ausgesetzt, so daß er es todt glaubte. Später ergriff ihn die Reue über diese That; er verließ die Gleichen und siedelte sich in dem Klausthale an, wo er sich in dem Felsen, von wo aus er gerade auf die Gleichen sehen konnte, diese Höhle ausgehauen hat. Lange Jahre lebte er hier, that Buße und kasteite sich bis zum Ende seines Lebens. Auch sein Grab hatte er selbst im Felsen ausgehauen und legte sich, als er den Tod nahe fühlte, hinein und starb.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 4. Die Gleichen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BB69-4