10.

Ein Schäfer, der schon manche Nacht bei seinen Schafen in der Schäferkarre geschlafen hatte und allgemein für einen treuen und muthigen Hirten galt, pflegte zu lachen, wenn jüngere Schäfer von Geistererscheinungen sprachen. Er pflegte zu sagen: »ehe ich dergleichen ›Dinger‹ nicht selbst sehe, glaube ich nicht daran.« Als er einst am Pagenberge hütete und in der Nacht in seiner Karre lag und wachte, vernahm er plötzlich ein sonderbares Knistern von Feuerfunken. Er stand auf, um nachzusehen, [210] was eigentlich da sei. Da sah er zwei feurige Männer vor der Karre gehn, die hatten lange Ruthen in der Hand und maßen das Land. »Was macht ihr da?« sprach der Schäfer. »Wir haben,« antworteten jene, »bei unsern Lebzeiten häufig falsch gemessen und so betrogen, darum müssen wir nun noch lange Zeit messen, bis wir genug gemessen haben.« »Haben wir schon genug gemessen?« fragten sie weiter. »Ja,« sprach der Schäfer, »ihr habt genug gethan.« »Nun dann sind wir von unserer Strafe erlöst,« sprachen sie, »und werden Vergebung erhalten. Lebt wohl!« Mit diesen Worten verschwanden sie und sind nicht wieder erschienen. Von der Zeit an lachte aber der Schäfer nicht wieder über Geistererscheinungen.

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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. Märchen und Sagen. Niedersächsische Sagen und Märchen. A. Sagen. 223. Der Landmesser. 10. [Ein Schäfer, der schon manche Nacht bei seinen Schafen in der Schäferkarre]. 10. [Ein Schäfer, der schon manche Nacht bei seinen Schafen in der Schäferkarre]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C015-6