Der Aggstein
... das purcstal hat angvangen tze pawen her Jörig der Schrekk von Wald, des nechsten mantag nach unser Fraun tag navitatis, da von Crist gepurd warn ergangen MCCXXVIII.
Inschrifttafel am dritten Tor der Burg.
Nun die ersten Lerchen stiegen
Und der Himmel freundlich lacht,
Hab' auch ich zu neuem Fliegen
Wanderfroh mich aufgemacht.
Dir gilt's heut, Kuenringer Feste,
Aggstein, wetterbraun und rot,
Der gleich einem Geierneste
Auf die Wachau niederdroht.
Leicht ist Einlaß zu gewinnen,
Kein Gewaffen sperrt den Pfad
Und kein Hornstoß von den Zinnen
Meldet, daß ein Wandrer naht.
Linder Frühlingsluft erschlossen
Stehn des Burgstalls Trümmerreih'n,
Und Jerg Schreckenwalds Genossen
Reiten nicht mehr aus und ein.
Hoch im Innern schlüpft ein Pförtlein
Auf den freien Fels hinaus
Und ein schaurig schmales Örtlein
Überrascht mit starrem Graus.
[101]Rosengarten ist's geheißen,
Doch vieldeutig klingt das Wort,
Nur die dornig wilden weißen
Todesrosen blühen dort.
Mancher stand hinausgestoßen
Auf der Kuppe steilem Rand,
Bis ihn Sturm und Wettertosen
Und der Hunger übermannt;
Mancher, seine Qual zu kürzen,
Zog den Sprung zur Tiefe vor,
Wo zerschellt in jähem Stürzen
Bald sich sein Gebein verlor.
... Schwer empört schau' ich das wilde
Denkmal wilder Menschenart ...
Sieh – da winkt versöhnlich milde
Auch ein Gruß der Gegenwart:
Schwindlig ob des Abgrunds Schauer
Ragt des höchsten Giebels Zack,
Und am höchsten Saum der Mauer
Prangt der Name – KISELAK.