[100] [105]Die Jungferschaft.

Hör Afterwelt mein Lied! es preißt
Das schönste Kleinod keuscher Musen,
Apoll doch nein – stärk' dich mein Geist
Durch Blicke auf de schönsten Busen!
[105]
Der Völkerschaften Lieblich dich,
O könnt ich würdig dich besingen!
Dies Lied, voll deines Ruhms, würd' mich
Dann auf der Enkel Enkel bringen.
Laßt bey verschwendter Odenwut
Um Eselsscheiteln Lorbeer grünen,
Singt Schlachten, singt der Reben Blut
Um Brod und Titel zu verdienen
Und bleibt stets nüchtern – Mein Gesang
Preißt stolz das Schooßkind junger Schönen,
Und wünscht sich nur der Mädchen Dank,
Die noch der Unschuld Myrthen krönen.
[106]
O Guth, für das die Lüsternheit
Im Rausch oft hundert Welten gäbe,
Dich sing ich, Preiß der Zärtlichkeit,
Dich, erster Keim der Ehstandsrebe;
Dich Guth, das einmal nur ergötzt,
Das Amors Sieg kränzt und vollendet,
Für das, oft zehnmal schon ersetzt
Der Britte selbst sein Gold verschwendet.
Dich Kleinod, oft schlecht angebracht,
Und oft im Entrechat verschwunden,
Bey allen Mädchen zwar gedacht,
Bey vierzehnjährgen kaum gefunden,
[107]
O Gabe, die die Clerisey
Gern statt des ersten Beichtgelds nähme,
Die jeder Mann, wie Weibertreu,
Sehr gern zum Brautschatz mit bekähme.
Dich Blühmchen, das der Rose gleicht,
Die roth und frisch die Sonne grüßet,
Vom Mittagsstral, verbleicht,
Und nie sich mehr als Knospe schließet;
Dich Guth, das Bürgermädchen ziert,
Und stolz die Königstöchter schmücket,
Das jenen oft ein Prinz entführt,
Und hier ein Kammerdiener pflücket.
[108]
Magnet von seltner Anzugskraft,
Der sich nach allen Polen bieget,
Heil dir kranzwürd'ge Jungferschaft,
Heil dem, der blutig dich ersieget!
O Mädchen, lernt des Kleinods Werth,
Lernt mit der Myrthenkrone geitzen,
Doch nicht zu lang, sonst fällt ihr Werth,
Und ihre Kraft zum Kauf zu reitzen.
Nur laßt von wilder Lüsternheit
Euch nie den Zaubergürtel lösen,
Dem nur, der eurer Zärtlichkeit
Ganz würdig ist, dem laßt ihn lösen: –
[109]
Und sollt ihr nach des Schicksals Schluß
Euch fromm als Priesterfraun einst brüsten;
So opfert vor dem Hochzeitskuß
Den Schmuck Soldaten und Juristen.
O Chloe, der mein zärtlich Herz
Der Liebe glühn'den Weyhrauch bringet,
Verachte nicht der Muse Scherz,
Die deiner Reitze Brennpunkt singet:
Der Reitz der wie ein Röschen blüht,
Vom scharfumdornten Stock vertheidigt,
Den, wenn dein Herz gleich zärtlich glüht,
Doch Amors Pfeil noch nie beleidigt.
[110]
Erhalt' sie Chloe einst für mich
Die Erstlinge der Liebesfreuden,
So wird in meinen Armen Dich
Die ganze Mädchenwelt beneiden.
Denn nur für Dich brennt diese Glut
Und – ich will nur mich selbst nicht loben –
Doch glaub mirs nur dein höchstes Guth
Ist nirgend sichrer aufgehoben.
[111]

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TextGrid Repository (2012). Scheffner, Johann Georg. Gedichte. Gedichte im Geschmack des Grecourt. Die Jungferschaft. Die Jungferschaft. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C29A-C