Im Frühlinge

Wie freut sich die Seele der Freude erschlossen,
Im Frühlingestagen,
Die mutigen Lieder zu wagen,
Entrissen dem Zügel in Freiheit zu jagen,
Das Ziel zu erreichen mit kühnen Geschossen.
Das Feuer der Fluren will Freude nur sagen;
Im Dunkel der Bäume
Da bilden sich rosige Träume,
Da schwellen die Kräfte, da schwindet das Zagen.
Nun wächst Fantasie wie Felsen zu ragen,
Es kommen geschossen
Gestalten auf feurigen Rossen,
Im Silber der Flüsse dann Friede geflossen
Und dunkel erklingen die heiligen Klagen.
[153]
Wenn kühne Gedichte den Lippen entflossen
In fliegenden Worten,
So öffnen sich feurige Pforten,
Und klar ist der Frühling der Gottheit Genossen.
Von Wogen des Lebens harmonisch umflossen,
Kann Kummer sie nagen?
Sie sehen den Morgen ja tagen,
Im Herzen die Erde vor Liebe noch schlagen,
Die ewigen Ströme von neuem ergossen.

Notes
Erstdruck in: Musenalmanach für das Jahr 1802, hg. von A.W. Schlegel und Ludwig Tieck, Tübingen (Cotta) 1802.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Im Frühlinge. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D5A6-A