Ein Traum

Tief im dunkelgrünen Walde
War ein Leu von hohem Mute;
Dieser liebte seinen Herren,
War ihm treu von Herzensgrunde.
Auf dem Tiere ritt der Jäger,
Sprengte durch die grünen Fluren;
Wollt' er auf den Rücken springen,
Stand der Löwe ganz geduldig.
Doch nach vielen Tagen einmal,
Da er wieder es versuchte,
Ward die alte Wildheit rege,
Dreht' er sich in zorn'gem Mute,
Als ob er ihn töten wollte,
Seinen Herrn, den lieben, guten.
Doch alsbalde ward er's inne,
Und da war er still und ruhig.
Traurig senkt' er nun die Blicke,
Und es nagt' ihn bittrer Kummer,
Daß er seinem Herren zürnte,
Ihn gar balde hätt' verwundet;
Das zernagt sein großes Herz ihm,
Und es wird ihm immer dunkler.
Nieder legt er sich zu Boden,
Hingestreckt auf hartem Grunde,
Liegt er da zehntausend Jahre,
Wie von Schmerz und Reu verwundet,
Achtet nicht der Freundes Reden,
Ganz versteint in herbem Kummer.

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TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Erste Frühlingsgedichte. Ein Traum. Ein Traum. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D65E-8