§. 67. Leuchtenberg,

die berühmteste der oberpfälzischen Burgen, von welcher daher auch mehrere Sagen gehen.

Eine böhmische Fürstentochter, dem Christentume gewonnen, wendete sich von dem heidnischen Hofe des Vaters und zog in die Wildniß des Waldes. Da traf sie ein Ritter, und von ihrer Schönheit gefesselt bot er ihr seine Hand, welche sie unter der Bedingung annahm, daß auch er sich taufen lasse. An der Stelle, wo sie sich gefunden, bauten sie eine Burg und nannten sie, dem Christentume als der wahren Glaubensleuchte [442] zu Ehren, Leuchtenberg. – Der Vater aber, erzürnt über die Flucht der Tochter, entsendete überallhin seine Boten, sie zu suchen. An einem Berge angelangt, sahen sie von einer Höhe im Walde her Licht schimmern, gingen darauf zu und kamen zur Burg, wo sie in der Schloßfrau die Tochter des Herrn erkannten. Davon, daß sie von der Burg her Licht schimmern sahen, benannten sie diese Leuchtenberg, den Berg aber, von dem aus sie das Licht zuerst gesehen, also den Aufenthalt der Flüchtigen erfahren hatten – Fahrenberg, eine etwas holperige Deutung der Namen. Mit seinen Reisigen zog nun der Fürst aus, sein Kind zu holen und den Räuber zu züchtigen. Am Burgthore begegnete ihm der Priester, welcher eben die heilige Wegzehrung zu einem Kranken trug. Den Heiden übermannte die Nähe des wahren Gottes, versöhnt umarmte er seine Kinder.

In der Burg zeigt man eine Mauernische; der Landgraf ließ da die eigene Tochter einmauern, weil sie von einem Knappen zu Falle gekommen war; den Buhlen aber hingen sie an der Stelle auf, wo jetzt der kalte Baum steht, gerade gegenüber dem Fenster, hinter welchem das Fräulein seiner Ehre Verlurst beweinen mußte. Der kalte Baum ward nach der Strafvollziehung gepflanzt: seitdem geht dort der Wind bey Tag und Nacht.

Eine Landgräfin war gar vorwitzig und quälte ihren Gemahl häufig mit der dringlichen Bitte, ihr auch doch von seinen Geheimnissen zu vertrauen. Der Graf willfahrte ihr einmal, sie aber vermochte es nicht zu bewahren [443] und wurde daher zur Strafe, auf einem Igel zu sitzen, verurtheilt. Man sah über diesen Vorfall ein Gemälde an der Wand in einem Zimmer, und drunter den Reim:


»Das macht mein Fürwitz,

Daß ich auf dem Igel sitz.«


Durch ein Sprachrohr ließ einst der Leuchtenberger dem von Tännesberg oder Tännesberg hinüberfragen, ob er das Geld zur Fastnacht, welche sie beyde zusammen in Prag verbringen wollten, schon beygetrieben habe. Und dieser ließ erwiedern, er habe schon Einen Gulden in böhmischer Währung, und das genüge.

Als der Landgraf von Leuchtenberg den Pfrentschweiher graben ließ, mußten seine Unterthanen in hartem Frondienste arbeiten, und Manche gingen davon in Hunger und Elend zu Grunde. Umsonst wurde der Graf gebeten, der Armut zu schonen, vergebens war jede Warnung. Kaum war der grosse Teich vollendet, so umritt er ihn voll Freude zu mehreren Malen; dieses that er öfter: aber man sah ihn auch reiten, wenn er zu Hause im Schlosse saß. Nach seinem Tode ging die Reiterey erst recht an. Bald war es der Graf selbst, bald nur sein Schatten oder sein Hund, und hinterher lief der Teufel und schlug mit schweren Eisenketten um sich, daß Glieder, oft sechs bis acht Pfund schwer, davonflogen.

Es ist noch ein hallengrosser Keller vorhanden: der dient jetzt zur Aufbewahrung des Bieres. Da wollten einst mehrere Bursche Nachts Bier holen, und wie sie[444] hinkamen, warf es Steine auf sie. In der Meynung, es wäre irgend ein Scherz, rief Einer davon: »Wart, ich kenne dich schon!« Da aber hagelte es Steine auf sie und trieb sie in die Flucht, bis sie der Nachtwächter wieder in den Keller zurückführte; vor der Kellerthüre saß ein schwarzer Pudel, der Feuer spie, die Durstigen aber gleichwohl ungefährdet hineinließ.

In der Schloßkapelle standen im Zwielichte Fremde, und bewunderten den alten Bau. Da trat aus der Ecke eine bleiche schöne Männergestalt, mit einem Leuchter in der Hand und schritt quer über den Raum, um in der anderen Ecke zu verschwinden. Gleich darauf kam der Meßner, und läutete das Gebet. Die Fremden meynten, er sey ja gerade dagewesen; der aber schüttelte den Kopf und sagte traurig vor sich hin: »So hat er noch immer keine Ruhe, der arme Landgraf!«

Oft sieht man auch in der Mittagsstunde eineweisse Jungfrau auf der Burgmauer sitzen und stricken: die silbernen Nadeln glitzern weithin in der Sonne.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Eilftes Buch. Erde. 5. Burgen. 67. Leuchtenberg. 67. Leuchtenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DAD8-E