3.

Eine Bäuerin stand im Verdachte, eine Hexe zu seyn. Wenn sie ausrührte, war sie nackt und sang dabey:


Rühr di, Küberl, rühr di,

Von hier bis nach Ram (Rom),

Von jedem Haus a Tröpfl,

Kimd denna – r ebbas zam.


War sie nun fertig, so reichte sie dem Teufel, der immer bey ihr stand, die leeren Milchweindlinge mit den Worten dar: »Spey di, Jackerl, spey di!«

Der Teufel spie dann die leeren Gefässe mit gestohlener Milch an, und die Bäuerin trug die vollen Geschirre in die Milchkammer.

Darauf ging sie wieder in die Stube zurück, unter der Diele der Decke das Gläschen mit dem Hexenöle herabzunehmen. Mit einem Federkiele tauchte sie nun hinein und bestrich sich den Leib, indem sie dazu sprach: »überall aus und nirgends an!« nahm einen Besen zwischen die Beine und flog zum Rauchfange hinaus.

Ein Knecht aber, dem sie schon lange verdächtig war, belauschte sie, indem er sich schlafend stellte, um auch das Ding nachzumachen; er zog sich also aus, bestrich sich den Leib mit dem Hexenöle, und setzte sich [372] rittlings auf den Besen. Hatte er gut gesehen, so hatte er nicht so gut gehört; denn sein Spruch lautete: »überall aus, überall an!« Er fuhr daher in der Stube aller Orten an, an Tisch und Wand und Ofen, zu großem Schmerzen, bis er sich das Oel abwischte und zur Ruhe kam.

Doch war seine Neugierde nicht befriediget. Wieder belauschte er seine Bäuerin, hörte den Spruch, wie er war, und gelangte so glücklich zum Kamin hinaus bis nach Böhmen in den Weinkeller eines Hauses, wo die Hexen beysammen waren.

Hier sah er eine Menge Weiber, darunter auch seine Bäuerin. Sie hielten gerade Mahlzeit, und der Teufel bediente sie und trug ihnen afblade Mulma, oder aufgeblähte Kröten, schwänzelnde Hadechsen und Sauodl, statt Wein auf. Sie genossen mit Vergnügen davon, nichts ahnend von dem Blendwerke; der Knecht aber glaubte, vor Eckel vergehen zu müssen. Da die Hexen sahen, daß der neue Gast nicht aß, schöpften sie Verdacht und saßen zu Rathe, was mit ihm anzufangen sey; sie verwandelten ihn schließlich in einen Esel und verkauften ihn an einen Müller.

Sieben Jahre mußte er nun diesem dienen, und in dieser langen Zeit fiel ihm nichts so schwer, als Heufressen. Einmal weidete er auf der Trift. Die Hexen sassen eben da, und wie sie des Esels ansichtig wurden, sagte die Aelteste: »Ist der Esel auch noch da, der könnte sich helfen, wenn er es wüßte.« – »Wie denn?« frug ein junges Weib. »Wenn er am Prangertage [373] das Unschuldskränzchen eines noch nicht siebenjährigen Mädchens vom Kopfe herabrisse,« war die Antwort.

Der Esel ließ sich das gesagt seyn, und entwich, ohne in die Mühle zurückzukehren; Niemand vermißte ihn dort.

Als aber der Prangertag kam, achtete er nicht Hiebe und Stöße, bis er zu einem Kränzchen gelangte und es fraß. So ward er wieder zum schmucken Burschen und prangte mit. Falkenstein.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Fünftes Buch. Die Thiere des Hauses. 12. Die Hexe. 4. Sagen. 3. [Eine Bäuerin stand im Verdachte, eine Hexe zu seyn. Wenn sie ausrührte]. 3. [Eine Bäuerin stand im Verdachte, eine Hexe zu seyn. Wenn sie ausrührte]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DB3C-8