16.

U.L. Herr wanderte auch einmal auf Erden mit St. Petrus und so kamen sie zu einem Bauer, der sich ihnen anschloß, um nicht arbeiten zu müssen. Es wurde Mittag und der Herr schickte den Bauer in den nächsten Hof, um ein gutes Wort etwas Speise zu erholen. Die Gabe war ein Käslaibchen. Damit ging der Bauer[302] weit voraus, setzte sich dann nieder, aß das Laibchen auf und sagte dem Herrn, der darnach frug, er müsse es verloren haben. Umsonst war alles Zureden, er möge gestehen. So gingen sie weiter und kamen in eine grosse Stadt. Darin lag des Königs Töchterchen auf den Tod krank und grosser Lohn ward dem verbeissen, der die Krankheit heilen könnte. Da meldete sich Unser Herr als der Arzt, welcher zu helfen vermöchte, ließ sich ein grosses Gefäß mit Wasser bringen, legte die Sterbende auf einen Tisch, schnitt ihr den Leib auf, that alles Eingeweide heraus, reinigte dieses und den Leib mit Wasser und fügte dann Alles wieder zusammen. Darauf hauchte er über das Kind und es lebte und stand auf und trat vor den erstaunten Vater. Dieser wollte nun fürstlich lohnen. Der Herr aber nahm Nichts an und erbat sich für seinen zweyten Begleiter, den Bauer, nur ein klein Stück Geld zur Wegzehrung. Der war wohl sehr ungehalten darüber, daß eine so günstige Gelegenheit versäumt war, auf einmal reich zu werden und ging murrend mit. In einer zweyten Stadt erging es in ähnlicher Weise. Das war aber dem Bauer zu stark und er trennte sich von Unserm Herrn und zog allein die Strasse, vermeynend, er habe ja doch das Geheimniß zu heilen und könne sich selbst damit reich machen. Er kam auch bald darauf in eine Hauptstadt, wo die Gemahlin des Landesherrn am Sterben war, meldete sich als Arzt, und verfuhr mit der Kranken, wie er es vordem bey U.L. Herrn gesehen hatte. Der zerschnittene Körper ward aber nicht mehr lebendig und [303] der unwissende Arzt zum Tode geführt. Schon stand er unter dem Galgen: da näherte sich ihm U.L. Herr und rief ihm zu: »Gestehe, daß du das Käselaibchen gegessen hast, so helfe ich dir.« Der Galgenkandidat läugnete aber auch jetzt noch. Gleichwohl erbarmte sich der Herr und machte die Königin lebendig und befreyte so den Bauer, den er mit sich nahm. Nach ein paar Tagen kamen sie in einen Wald und der Herr bezeichnete dem Petrus und dem Bauer eine Stelle, wo sie nachgraben sollten. Sie stiessen beym Graben auf einen grossen Schatz. Daraus machte nun der Herr drey Haufen und sprach: »Ein Haufen gehört, mir der zweyte dem Petrus, der letzte dem, welcher das Käselaibchen aß.« Da beeilte sich der Bauer, die That zu gestehen. Bärnau.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Vierzehntes Buch. Himmel. 4. Unser lieber Herr und St. Petrus. 16. [U.L. Herr wanderte auch einmal auf Erden mit St. Petrus und so]. 16. [U.L. Herr wanderte auch einmal auf Erden mit St. Petrus und so]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DB6A-F