§. 28. Wetterhexe.

Eine besondere Kunst der Hexen ist es, plötzlich Wetter zu machen und damit die Saaten zu verderben. Seltener wird sie Männern zugeschrieben. Diese Art Zaubers ist schon in den XII Tafeln der Römer verpönt.

Das Wetter wird, gewöhnlich bey heiterem Himmel, auf verschiedene Weise hervorgerufen. Haben sie Wetter zum aufstehen gebracht, so kommt es zuerst in die Birke, um sie zu zerreissen: sie ist der feindliche Baum. Den Grund hievon ersieht man im ersten Theile. Lixentöfering.

Vor etwa 70 Jahren war zu Neukirchen St. Christoph ein französischer Priester: er sah ein fürchterliches Wetter heranziehen und mitten drin die Hexe. Da lud er sein Gewehr mit einer geweihten Kugel und einem Lukaszettel, und wollte sie herunterschiessen. Die Leute aber hinderten ihn daran. Gleichwohl entging sie ihrem Verhängnisse nicht, denn die Wetterwolken [183] trieben gegen Waldsassen; dort wurde sie von einem Mönche herabgeschossen. An dem Bunde Schlüssel, den sie trug, erkannte man in ihr eine Kaufmannsfrau aus Nürnberg. Verwundet, nicht getödtet, ward sie zum Feuertode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen an drey Stangen mit Leib und Armen festgebunden. Da bat sie noch um die Gnade, ein Ey austrinken zu dürfen. Man willfahrte ihr, sie trank das Ey und sogleich lief die Schale an der Stange hinauf. Damit war auch die Hexe verschwunden.

Ein Bauer ging mit einem Handwerksgesellen des Weges nach Waldthurn. Da sagte der letztere: »Wie schön wäre es heute zum Wettermachen!« Der Bauer meynte, wenn er es könne, möge er es versuchen. So ging der Geselle in eine Wiese, dahin wo ein Brunnfluß war, und stieß dreymal mit dem nackten Hintern in das Wasser. Sogleich stieg Rauch auf, der allmälig zur kleinen, dann zur schwarzen Wetterwolke ward. Ein schreckliches Ungewitter brach los und der Bauer stand allein.

Doch nicht immer ist die Absicht eine böse. Bey Sulzbach waren an einem sehr schwülen Tage die Leute mit Mähen beschäftigt und seufzten nach einem kühlen Lüftchen. Da sagte ein Mädchen: »Ich will gleich helfen« – nahm einen Strohhalm zwischen die Zehen und schritt damit über neun Beeten weg. Sogleich entstand ein Wetter. Dafür wurde sie als die letzte Hexe zu Sulzbach verbrannt.

Anderwärts machen die Hexen Wetter, indem sie[184] Hafenwasser in einer Schmalzpfanne umrühren. Waldkirch. – Weiteres hierüber ist im ersten Theile zu finden.


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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. 28. Wetterhexe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DD8C-2