5.

Ein Prinz, durch die Feinde aus seinem Lande vertrieben, irrte in der Fremde herum, und kehrte zuletzt nur in Höhlen und Wäldern zu. Er hatte eben in [240] einer Höhle geschlafen und war erwacht, als er einen garstigen Zwerg neben sich liegen, einen Esel draussen stehen sah. Der Zwerg bot dem müden Prinzen sein dürres Thier zum Reiten an und so ging es fort bis zu einer Hütte, wo sie einkehrten. Kaum waren sie aber da, brach eine Schaar Räuber herein und wollte den Prinzen mit dem Zwerge tödten. Der Esel aber erhob solches Geschrey in allerley Stimmen, daß die Räuber eiligst entwichen und selbst ihr Geld zurückliessen. Der Zwerg lud das Geld dem Esel auf, und nun ging es in die Stadt. Hier war grosse Trauer, denn die schöne Prinzessin war erblindet; wer ihr das Augenlicht wieder gäbe, sollte sie zur Frau erhalten. Da ließ der Zwerg den Prinzen sich fürstlich kleiden, und führte derweilen seinen Esel an eine Staude, wo er so lange naschen durfte, bis er einige Kothbollen fallen ließ. Diese steckte er dem Prinzen zu und gab ihm den Auftrag, sich bey Hof als Arzt zu melden: er solle die Bollen der Prinzessin auf die Augen legen, und sogleich werde sie sehend seyn. – Der Prinz in stattlichem Gewande und schön von Gestalt ward auch als bald zur Blinden gelassen, er that, wie ihm der Zwerg gerathen und die Prinzessin war geheilt und zur Stelle seine Braut. Da wollte er nach dem Zwerge schauen, um ihm zu danken: der war aber verschwunden und damit das einfache Mittel, Blinde sehend zu machen, verloren. O. Bernried.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Dritter Abschnitt. 2. Aberglaube. 24. Augen. 5. [Ein Prinz, durch die Feinde aus seinem Lande vertrieben, irrte]. 5. [Ein Prinz, durch die Feinde aus seinem Lande vertrieben, irrte]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DFFE-3