§. 10. Beweisen.
Ist der Dieb einer Sache unbekannt, so kann man ihm Etwas anthun, welches ihn als den Thäter kennzeichnet. [212] Dieses heißt beweisen, den Dieb weisen. Es geschieht auf mehrfache Weise.
Am sichersten ist der Zwang, den man dem unbekannten Diebe anthut, damit er das gestohlene Gut wieder bringe. Man geht zu diesem Zwecke auf den Freidhof und holt fünf Todennägel; diese werden in den Stamm eines Birnbaumes geschlagen, je zwey für Hände und Füsse, einen für das Haupt. Der Dieb verspürt die Schmerzen und bringt die Sache zurück, um damit des Leidens los zu werden, innerhalb dreyer Tage. Oberviechtach.
Schlägt man in die Fußspur des vermeintlichen Diebes einen Sargnagel, so muß der Mensch ausdorren, wenn er das Gut nicht zurückgibt.
Oder man legt einem solchen ein Ey oder sonst Etwas, in welches eine Krankheit bewiesen ist; hebt er es auf, und befällt ihn die Krankheit, ist er unzweifelhaft der Dieb. Bärnau. Einer von Naab hatte seinem Nachbar Schmalz gestohlen und erkrankte bald darauf: nun glaubte er steif, es sey ihm bewiesen worden.
Der Dieb wird auch gebannt, durch einen eigenen Diebssegen, in welchem St. Peter beschworen wird, den Dieb zu binden. Ein Bauer von Ensdorf sprach den Segen gegen den Dieb, vergaß aber, sich darnach umzusehen und so stand der Dieb nach acht Tagen noch im Walde, freylich tod.
Ein anderer Bannsegen ist der »Kalmonisegen,« welcher die fürchterlichsten Zwangsworte wider Gott enthält. Der Bestohlene betet diesen Segen in weitem [213] Umkreise um die Stelle, wo das Gut zuletzt lag; kommt nun der Dieb in den Kreis, so ist er fest gebannt, kann nicht mehr weiter, ausser er zieht sich nackt aus und schreitet auf den Kleidern, die er vor sich hinbreitet, vorwärts – Amberg – oder er geht rückwärts im Kreise herum und windet so den Zauberfaden, der ihn hält, wieder ab. Vohenstrauß.
Man kann auch die Toden um den Namen des Diebes befragen. Dieses thun gewisse Leute, welche hierin ihren Erwerb suchen. Dabey verfahren sie auf zweyerley Art. Entweder sie graben ein Grab auf und beschwören den Toden, daß er den Dieb nöthige, das Gestohlene zurückzugeben oder zu erstatten. Diese Weise ist indessen gefährlich; denn ein solcher Toder warnte einmal den Beschwörer: »Wärst du an das Grab eines Verdammten gerathen, hätte er dir den Hals umgedreht.« Oder: sie gehen um Mitternacht an eine Kirche, um welche früher der Freidhof war, und beten dreymal zum Schlüsselloche hinein:
»Ihr Toden steht auf und legt euch nimmer nieder,
Bis daß der Dieb erscheint und bringt mir meine Sachen wieder.«
Dann muß er aber suchen, eiligst ausserhalb der Freidhofmauer zu kommen. Denn die Toden stehen auf und würden ihn zerreissen, weil er sie zwingt, den Dieb so lange zu ängstigen, bis er die gestohlene Waare zurückstellt. Neustadt a.W.N.
Einer von Hammer wurde bestohlen und ließ einen kundigen Kohlenbrenner von Steinach kommen. Der[214] führte ihn um Mitternacht an das Thor des Freidhofes von Ebnat und machte hier einen Kreis, in den sie sich stellten; dann beschwor er die Toden, den Namen des Diebes zu nennen. Da entstand im Freidhof ein Krachen und Fallen, wie wenn alle Toden aus ihren Gräbern aufständen. Die Frevler liefen erschreckt davon; aber zwey Stunden lang trieb sie ein Geist, so groß daß er bis an die Wolken reichte, auf dem Kopfe einen Hut in der Größe eines Hüterhauses, vor sich her, bis sie jenseits eines vom Moose rothgefärbten Baches waren, den der Geist nicht überschreiten konnte.
Auch die Kartenschlägerin muß helfen, den Dieb oder den Ort, wo das gestohlene Gut verborgen liegt, zu bezeichnen; der das Orakel befragende Mensch muß zugleich eine hl. Messe für die verlassenste Arme Seele lesen lassen, und dient so zu gleicher Zeit Gott und dem Teufel. Regenstauf.