Der Tod.

Wo das Leben viel Mühe und Arbeit, dagegen wenig Genuß geboten hat, ist leicht zu sterben. Die Alten werden darauf hingewiesen, an den Tod zu denken, wenn sie dem Kinde übergeben haben und im Winkel oder Austrag sitzen. Sie fühlen, daß sie eine Last geworden sind, von der man gerne frey wäre; wo sie früher befohlen haben, sind sie nun geduldet, und wenn auch der Oberpfälzer in der Regel mit vieler Liebe an seinen Aeltern hängt, so ist das Verhältniß denn doch ein anderes und mehrfach getrübt; schon der Gedanke, zu Nichts mehr auf der Welt zu seyn, seine Aufgabe gelöst zu haben und nun selber der Auflösung zu harren, ist drückend. Allmälig macht sich die Klage immer mehr geltend, wie die alten Aeltern im Austrage von den undankbaren Kindern mißachtet, mißhandelt, um das Wenige, was ihnen ausgemacht worden, beneidet werden. Es ist auch hier nicht mehr wie[239] früher. Die Gegenwart hat vollauf zu thun, sich selbst zu vergöttern. Was gewesen, ist eitler Dunst vor den Augen des klugen Nachwuchses. Es ist, wie wenn die Sage von den Zigeunern, welche ihre gebrechlichen Aeltern lebendig vergruben – und sie kommt an gar vielen Orten der Oberpfalz vor – einen sehr praktischen Hintergrund hätte, nachdem das vierte Gebot: »Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß du lange lebest und es dir wohlgehe auf Erden«, ausser Kurs gerathen ist. Wir leben im athenischen Zeitalter; mit Posaunen wird verkündet, was die Moral oder Menschenwürde dem Menschen zu thun und zu lassen auferlege, doch nicht, als wäre hiemit Gottes Gebot gemeynt; denn das Gesetz der menschlichen Idee, der Menschheit, sey souverän. Und was mit vollen Backen angepriesen wird, findet bey den Priestern der Humanität selbst nicht Uebung; es sind ja nur Worte, Menschenworte, welche statt Gottes Gesetz gelten wollen, und der Gesetzgeber gibt bekanntlich die Gesetze nicht für sich, nur für Andere. Diese Anderen aber fühlen auch eben keinen Beruf, sich diesem humanen Joche zu fügen, dem Gesetzgeber, der keine höhere Sendung aufweisen kann, zu gehorchen. Das indessen haben sie bewirkt, daß, weil ihnen, den göttlichen Menschen, nicht Glauben geschenkt wird, doch der Alte Gott von seinem Thron im Menschenherzen gestürzt wurde. Es widert oft an, von der Humanität unserer Tage zu hören; Pharisäertum wäre ein rechter Name dafür. Diese Art Humanität, welche sich von Gott losgerissen, und damit das Heidentum [240] auf christlichen Boden zurückverpflanzt, hat mit der Revolution gleiche Mutter, die Lostrennung von göttlicher Ordnung.

§. 6. Die Spende.

Wenn der Verstorbene aus einem vermöglichen Hause war, so wird acht Tage nach der Beerdigung die sogenannte »Spendd« gebacken, kleine Laibchen Brod, aus einem halben, ja ganzen Schäffel Mehl. Dann kommen die Armen des Ortes, und Jedes erhält ein bis zwey [258] Laibchen, überhaupt so viel, als es nehmen mag. Doch kommen nur wirkliche Arme, da nach dem Herkommen für jedes Laibchen so viel zu des Toden Ruhe gebetet werden soll, als man Gras braucht, um es zu bedecken; man kann die Spende nicht genug abbeten, weshalb sich die Leute, wenn sie wegen Armut nicht müssen, Scheu tragen, zur Spende zu gehen. Fronau.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Viertes Buch. Der Tod. 6. Die Spende. 6. Die Spende. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E3A0-5