6.

Es waren zwey Nachbarn, wovon des einen Aernte immer mißrieth. Zu diesem kam einmal ein Kapuzinerbruder auf das Sammeln, erhielt aber statt der Gabe den Bescheid, man könne ihm so lange nicht mehr geben, bis nicht der Bilmesschnitter von den Feldern ziehe.

[438] Da rieth der Bruder dem armen Bauer folgendes: So oft dich dein Nachbar dreschen hört und dich frägt: »Was drischest du heute?« so sprich: »Waizen.« Dafür aber legst du Tannenreisig auf die Tenne, und drischest darauf. Dann gehst du vor der Sonne zum Nachbar und frägst ihn, was er dresche, ob auch Waizen, und schaust zugleich im Stadel nach; dort wirf eine Handvoll gedroschener Tannenspitzen auf den Dreschzeug, der ebenfalls aus Tannenreisig und weissem Zieger, dem Kennzeichen des Bilmesschnitters, besteht, und erbiete dich zum Mitdreschen.

Ferner, am St. Peterstage geh auf deinen größten Acker, grade eine Grube, so groß, daß du hineinstehen kannst, den Wasen aber wälze auf deinen Kopf, decke dich damit zu und lauere. Dann wirst du hören, wie zwey miteinander reden: das eine ist der Teufel, das andere der Bilmesschnitter. Dieser wird rufen: »Hallo, hilf!« »Nein,« wird der Teufel entgegnen, »es ist Einer unter der Erde.« Da wird der erstere vorwärts gehen wollen, du aber steigst aus deinem Verstecke hervor und fängst deinen Feind!

Der Bauer that so, und bekam seinen Nachbar gefangen. Von da an war seine Aernte immer voll, und der Bruder, wenn er kam, erhielt wieder seine Gabe. Falkenstein.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Sechstes Buch. Die Frucht des Feldes. 8. Bilmesschneider. 6. Sagen. 6. [Es waren zwey Nachbarn, wovon des einen Aernte immer mißrieth]. 6. [Es waren zwey Nachbarn, wovon des einen Aernte immer mißrieth]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E4D3-B