§. 5. Vorsegnen.

Frühestens nach acht Tagen geht die Mutter mit ihrem Kinde zur Kirche, wird vor der Thüre mit einer geweihten brennenden Kerze in der Hand von dem Priester empfangen, der sodann über sie betet und sie in die Kirche zum Altare führt, worauf er wiederholt über sie Gebete spricht. Darnach wird eine zur Danksagung verlobte Messe gelesen, während deren sie an den Altar zum Opfer geht – Fronau, Tiefenbach – im Arme das Kind, in der Hand die brennende Lichtmeßkerze. Neustadt.

Auch auf dem Weg zur Kirche, dem Fürgang, darf die Mutter nicht allein gelassen werden, damit der Böse nicht Macht über sie habe. Waldmünchen.

In Rötz geht die Mutter erst am vierzehnten Tage,[176] das Kind auf dem Arme, mit der Hebamme zum Hervorsegnen. Von nun an kann ihr nichts mehr schaden, und sie darf ohne Furcht aus- und eingehen, während ihr früher jede Luft geschadet hätte, nach dem Sprichworte:


Es fliegt kein Vogel so schnell über das Haus,

So ist es mit einer Kindbetterin aus.


Manchmal wird aber auch, wenn die Taufe im Hause ist, mit dieser das Vorsegnen verbunden, und dann darf die Mutter nach dem neunten Tage vor die Thüre hinaus gehen. Ebendaselbst.

Gefallene Mädchen werden nicht vorgesegnet.

Wenn nun, was um Naabburg der Brauch, die Mutter von dem Kirchgange heimkehrt, so sucht ihr die Magd die Thüre zu verschließen, oder beym Eintreten in die Stube den Bettvorhang vorzuziehen; dann muß sich die Wöchnerin mit einem Trinkgelde lösen. Diese Sitte, verbunden mit dem, was oben gesagt worden, möchte schließen lassen, daß die Wöchnerin schon in den heidnischen Zeiten bey den Germanen in einem gewissen Stand der Unreinigkeit verfiel, gegenüber der gesammten äußeren Natur, wie insbesondere den Hausgenossen, daß sie während des Kindbettes von letzteren abgesondert im »Winkel« lag und den Wiedereintritt in die Familie durch ein Opfer gleichsam erkaufen mußte.

Wir finden denselben Glauben bey vielen Völkern der alten wie der neuen Welt.

Geht die Kindbetterin das erstemal, sey es bey dem[177] Fürgang oder sonst wie, aus, so wird der erste Wunsch wahr, den sie erhält. Da fürchtet die Mutter freylich nichts so sehr, als den Gruß:


Vül Glick in Wind, Afs Gauar widar a kloins Kind.


Amberg.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Drittes Buch. Die Mutter und ihr Kind. 5. Vorsegnen. 5. Vorsegnen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E665-4