[392] §. 13. Der Drache.

1.

In enger Verbindung mit der Hexe, als ihr Helfershelfer, steht der Drache.

Er ist feurig, so groß wie ein Wischbaum; sein Kopf gleicht dem eines Fischotters oder einesFisches, der Schweif einem struppigen Besen; er fliegt sehr schnell, haushoch und streut im Fluge sprühende Funken. Waldmünchen. Bärnau. Kemnath.

Zu Ebnat sah ihn Einer fliegen mit feurigem Rachen und Schweife, mit Flügeln und Pratzen, den Leib blau, Feuer speyend; einem anderen wurde die Stube, als er vorüberflog, ganz erhellt; er ließ sich an der Naab nieder. Von weitem schon hörte man ihn surren. Bärnau.

Um Roding gilt er als große Schlange, acht bis neun Schuh lang; er fliegt den Rachen aufgesperrt, die Zunge weit herausgestreckt, den Schweif spitz und aufgeringelt, an den Pfoten Flughäute wie eine Fledermaus; er glüht am ganzen Leibe und sprüht Funken. Ebendaselbst.

Sein Flug geht Mittags, auch Nachts, besonders in der Christ- und Walburginacht.

Durch den Kintel oder Schornstein fliegt er in die Häuser und sauft alle Milch aus; wo er einfliegt, hat man nicht Butter, nicht Schmalz, nicht Milch, und die Kühe geben Blut. Denn er nimmt Alles mit und [393] speyt es der Hexe auf den Herd, welche mit ihm im Gespiele ist. Bärnau.

Es ist der Teufel, der dem Einen nimmt, was er dem Anderen bringt. Wenn er sonst nichts zutragen kann, bringt er Mist vom Düngerhaufen des Nachbarn; dann hat der Bauer, den er so bestohlen, keine Aernte. Bärnau. Er läßt sich daher meist auf großen Höfen nieder. Stadtkemnath.

Wo er eingeflogen ist, sieht man bald darauf im Düngerhaufen Lachen von gelblicher gestockter Milch, mit glänzender Haut überzogen, von außerordentlichem Geruche. Roding.

Es ist das Drachenschmalz, welches der Drache verloren hat beym Aus- und Zufliegen, besonders, wenn er von Jemandem gesehen wurde, eine griesliche schleimige Materie, wie Hirsebrey oder Froschlaich, nicht mit den Resten der Sternschnuppen zu vergleichen. Neuhaus.

Wo der Drache diese Losung fallen ließ, schmilzt der Schnee, und wird das Gras gelb, wenn auch nicht verbrannt; sie verliert sich von selbst. Gewöhnlich fällt es aber auf Düngerhaufen, in Gestalt und Größe grosser Schüsseln oder Fladen. Die Leute fürchten sich davor, und verbrennen es. Treffelstein.

Gegen den Schmalzraub des Drachen hilft sich die Bäuerin, indem sie die Haut, welche die Milch macht, »Hexe« genannt, verbrennt; damit verbrennt die Hexe, welche der Kuh geschadet hat, Neustadt; oder sie legt beym Ausrühren ein Stück Eisen unter das Rührfaß. Stadtkemnath.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Fünftes Buch. Die Thiere des Hauses. 13. Der Drache. 1. [In enger Verbindung mit der Hexe, als ihr Helfershelfer, steht]. 1. [In enger Verbindung mit der Hexe, als ihr Helfershelfer, steht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E985-2