§. 28. Rechtsaltertümer.

Ich hatte vorerst in Absicht, an den betreffenden Stellen dasjenige, was Gelegenheit zur Vergleichung mit dem alten Rechte bot, unmittelbar hervorzuheben und daran rechtsgeschichtliche Bemerkungen zu knüpfen. Die Menge solcher Stellen aber bestimmte mich, Alles an Einem Orte zusammenzufassen, was der besonderen Betrachtung werth war, theils um größere Umrisse zu gewinnen, theils auch um den Reichtum vor Augen zu führen, der sich hievon im Volke noch unbewußt vorfindet. Vielleicht werden Manche ihr Urtheil anders gestalten über des Volkes Sitte, wenn sie ersehen, wie derselben die heilige Weihe grauen Altertumes zur Seite steht und in Anwendung der Gebote des Zeitgeistes milde seyn, wenn sie erkennen, daß, was als tolles Zeug beseitiget werden soll, eben auch einmal als Gesetz galt. Wiederholt muß ich aber mein Bedauern aussprechen, daß ich hierin noch nicht auf die Rechtsabweichungen eingehen kann, welche in den verschiedenen Gegenden erscheinen, und ich kann an meine Landsleute nur die dringende Bitte stellen, mich durch genaue Berichte über solche Sitten und Bräuche in den Stand zu setzen, die ursprüngliche Scheidung derselben in der Verschiedenheit der angesessenen Stämme aufzusuchen.

[118] 1.

Nach uraltem Rechte im ganzen Germanentume wurde die Braut gekauft. Diese Sitte hat ihren Grund im Morgenlande, dem alten Sitze der Menschheit, von dem auch die Germanen auszogen, um neue Wohnstätte zu suchen. Ein Weib zur Ehe nehmen, war ein Rechtsgeschäft, ein Kauf. – Da das weibliche Geschlecht in der Vormundschaft des Mannes stand, so geschah die Brautwerbung vom Freyer bey dem Vater der Braut, oder demjenigen, in dessen Gewalt sie stand. Tochter und Mutter hatten hiebey keine Stimme, obwohl Fälle, wo der Vater die Tochter zwang, wie er auch das Recht hiezu hatte, bey der hohen Achtung, in der das Weib unter den Germanen stand, wohl nur selten vorkommen mochten.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Zweites Buch. Die Braut. 28. Rechtsaltertümer. 1. [Nach uraltem Rechte im ganzen Germanentume wurde die Braut gekauft]. 1. [Nach uraltem Rechte im ganzen Germanentume wurde die Braut gekauft]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EADC-5