§. 9. Fortsetzung.

Diesem Ganzen einer Sage, welche das Verhältniß von Sonne und Mond zu einander, ihrer Beyder Verfinsterung, [74] Mondwechsel und Spinnerin im Monde umfaßt, reihen sich Trümmer anderer Sagen zur Seite. Mein Forschen, diese bedeutsamen Bruchstücke zu ergänzen, blieb erfolglos. Der Mann, der darum wußte, war kürzlich verstorben, ehe ich in seine Gegend kam, wie es denn gar häufig sich trifft, daß ich bey meiner Anwesenheit an einem Orte die Hauptquelle versiegt finde; vielleicht führt Zufall anderwärts zu neuem Funde.

1.

Die Sage von der Korbflechterin und demHunde in Verbindung mit dem Weltuntergange ist Seitenstück zur Spinnerin im Monde und ihrem Rocken, und ausserdem noch bedeutungsvoll, weil der Hund ganz dem Managarmr, dem Mondwolf der Edda, entspricht, welcher hinter dem Monde her ist, um ihn zu verschlingen, und ihn wirklich verschlingen wird, am Ende der Tage. Daß in dem Hunde der Wolf gemeynt sey, besagen Sprichwörter ganz deutlich, welche vom Sonnenwolf reden. Ein solches lautet: »Das wird auch wahr, ehe der Wolf die Sonne auffrißt« – von gleicher Bedeutung mit: »ehe die Katze ein Ey legt« – womit die lange Dauer bis zum Eintreffen eines Ereignisses bezeichnet werden will. Das Volk weiß also noch vom Sonnenwolfe, demBruder des Mondwolfes. – Wie aber kommt die Alte in den Mond? wozu dient der Korb? soll er Schild, Licht- oder Strahlenschild seyn dem Monde, warum darf er nicht vollendet werden, d.h. müssen die Flecken im Monde bleiben? und ist seine Bedeutung eine feindselige für den Hund, weil er ihn nicht vollenden läßt?

[75] Ich halte ausserdem dafür, daß diese Sage sich neben der Mondsfinsterniß auch auf den Mondwechsel beziehe. Das Korbflechten ist eine stets neu beginnende Arbeit, wie auch der Mond seine Wechsel immer wieder erneut. Dem Fortschreiten des Korbflechtens und dem allmäligen Verkleinern des Korbes durch das Zerreissen entspricht der auf- und abnehmende Mond. Der gierige Hund scheint selbst die Vollendung nicht abwarten zu wollen, er fährt darauf los und zerreißt ihn, wobey der Mond immer mehr verfinstert wird, je mehr der Hund vom Korbe abreißt, bis die Alte ihr Werk von Neuem beginnt. Und wenn der Korb nicht ganz zerrissen werden darf, so soll auch die Spinnerin den Rocken nicht ganz abspinnen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Achtes Buch. Licht und Feuer. 1. Gestirne. 9. Fortsetzung. 1. [Die Sage von der Korbflechterin und dem Hunde in Verbindung mit]. 1. [Die Sage von der Korbflechterin und dem Hunde in Verbindung mit]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EAED-0