[28] §. 2. Heidnische Seite derselben.

Mit dem Begriffe der christlichen Hölle haben sich die Vorstellungen des Volkes aus heidnischer Zeit über Himmel und Unterwelt vermischt; ja es scheint, als wenn es für Heiden und Christen gesonderte Räume angenommen und später beyde zusammengezogen hätte.

Als die Götter zu Teufeln herabsanken, mußte folgerecht auch ihr Aufenthalt zur Hölle werden; daher treffen wir bey der Hölle, wie das Volk sich diese ausmalt, noch Züge aus der Walhalla. Die Teufel führen darnach ein fröhliches Leben in ihrer Hölle, wie die Götter in Walhalla: sie essen und trinken, singen, spielen und tanzen; daher haben auch im Märchen die Teufel, wenn sie die Hölle zeitweise verlassen, solche Eile, wieder dahin zurückzukehren. Der Weg zur Hölle ist blühend und führt auf eine üppige Wiese gleich den seligen Auen des Mittelalters: vor ihr steht ein Wirthshaus, der mittelalterliche Nabiskrug, die Todenschenke, wo die Ankommenden bewirthet werden, während gleichzeitig der Tanz auf der Wiese die Freude über ihr Kommen ausdrückt. Ebenso läßt Odin die Helden in Walhalla festlich empfangen und bewirthen. Der Labetrunk, welcher die Verdammten, d.h. die Bewohner der Hölle, vor dem Verschmachten bewahrt, erinnert an den Jungbrunnen, den Lebensbrunnen, den Brunnen der Schicksalsgöttin Urd.

[29] Mit der heidnischen Unterwelt, der Hel, hat unsere Hölle, ganz der Edda entsprechend, gemeinsam, daß sie gegen Norden liegt und mit Thoren versperrt wird, ferner der Weg zu ihr, Helvegr,abwärts leitet, in das Innere der Erde, durch Oeffnungen auf derselben, welche theils alsHöhlen, theils als Fallthüren, Dillesteine, erscheinen. Durch Wald und Wildnisse geräth man zu ihr, und zugleich wird des Fahrens im Wagen erwähnt. Die eigentliche Hölle ist der dritte, wohl tiefste Raum, wo die Göttin der Unterwelt, dieHel, als des Teufels Großmutter, thront: ihre hohe Würde beweist das Neigen, die Huldigung des Höllenfürsten vor ihr, der Göttermutter. Dieser tiefste Raum, die Feuerhölle, ist der Kessel oder der Abgrund: in die Unterwelt gelangen wäre demnach gleich mit: in den Kessel gerathen, woraus der Uebergang zum Feuerkessel und zum Gesottenwerden sich leicht ergäbe.

An die peinlose Hel streift an, daß auch in der Hölle die Verdammten zeitweise Ruhe haben von ihrer Qual: selbst die germanische Wasserhölle findet ihre Vertretung in den Höllenbächen.

Endlich die mittelalterliche Vorstellung von den Thieren, die auf der Wiese vor der Hölle weiden, und vom Hirten, der ihrer hütet, findet sich auch in der Oberpfalz, sowie das Verwandeln der Seelen in Thiere hier nicht minder bekannt ist.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Erster Abschnitt. 1. Die Hölle. 2. Heidnische Seite derselben. 2. Heidnische Seite derselben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-ECCE-6