2.

Ein Pfleger zu Falkenstein hatte von einem Bauer eine Schuld eingetrieben, die Zahlung aber nicht bestätiget, sondern für sich behalten. Als ein neuer Pfleger nach des Ersteren Tode aufzog, sollte der Bauer wieder zahlen: er hatte ja keine Quittung in Handen und im Buche stand die Schuld noch ungetilgt. Der arme Mann betheuerte bey Gott und allen lieben Heiligen, daß er schon bezahlt habe. Der neue Pfleger glaubte[139] es nicht und sagte höhnend zu ihm: »Geh nur in den Schwürzenberg und beschwere dich bey dem verstorbenen Pfleger selbst: der muß dort hausen.«

Schweren Herzens, aber, von Noth bedrängt, ging der Bauer den sauern Gang, nachdem ihm der Pfarrer gerathen hatte, beym Herausgehen aus der Burg drey Schritte vor- und drey Schritte rückwärts zu thun. Um Mitternacht kam er an den Eingang der Burg: er hörte Getöse; es war ihm, wie wenn sie kegelten, und einer davon rief: »Schürg von Aufhausen, kegle heraus!« – Es war der verstorbene Pfleger, der so rief und mit seinem Schergen in Streit gerieth. Davon hörte er die Worte: »Hättest du mir ihn nicht angezeigt, hätte ich ihn nicht strafen können.« Nun trat der Bauer ein und bat den Pfleger um seine Quittung, da er sonst zum zweytenmale bezahlen müsse. Da zog der Pfleger einen Ring vom Finger, sprechend: »Hier hast du Quittung genug!« Der Bauer nahm hastig den Ring, machte drey Schritte vor und drey zurück, und kam unversehrt hinaus. Da rief ihm der Pfleger noch nach: »Dein Glück ist es, daß dir der schwarze Bube gesagt hat, wie du hinausgehen sollst!« So konnte der Bauer sich eine Quittung holen.


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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. 2. [Ein Pfleger zu Falkenstein hatte von einem Bauer eine Schuld eingetrieben]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EF0A-A