2. Die Stadt.

Sie liegt am Fusse des Schloßberges; sie hatte Wall und Graben, und auf der Stadtmauer konnte man rings herumgehen. Von den dreyzehn ursprünglichen Thürmen hieß der eine Tieffsthurm, vielleicht Diebsthurm, der so tief unter die Erde ging, als er hoch war; in ihm [426] erlitten die Verbrecher Haft und Strafe. Man ließ sie in einem Korbe hinunter, der sich ober dem Grunde stürzte und seinen Inhalt ausleerte. Der Kreuzthurm, rund und noch gut erhalten, ist davon benannt, daß die Pilger nach St. Wolfgang hier ihre Kreuze einstellten.

Früher ging das Sprichwort:


Velburg an dem Nordgaüen,

Nährt sich von Feld und Bierbraüen.


Böse Zungen haben den Reim entstellt in:

Velburg am Nordgau,

Nährt sich von Holzstehlen und Feldbau.


Nach der Sage war es früher so groß, daß die Kirche von St. Wolfgang, eine Viertelstunde Weges ab, noch in der Stadt lag.

In dankbarem Andenken stehen die letzten drey Jungfrauen des Geschlechtes der Wisbeck. Dieses lag nämlich in beständiger Fehde mit den Raubrittern der benachbarten Adlburg. Auf der Ebene bey St. Ottmar ward das letzte Treffen geschlagen; die Wisbeck siegten mit Hilfe der Burger von Velburg, verfolgten den Feind auf seine Burg und zerstörten diese. Aus Dankbarkeit schenkten die drey Burgfräulein der Stadt die heutige Burgerwaldung, sechs mit Wald bewachsene Hügel. – Nach der Geschichte waren freylich die Pfalzgrafen Sigmund und Johann die Schenker (1461).

Die Stadt muß mit der Burg durch unterirdische Gänge in Verbindung stehen. Vor etwa zehn Jahren wollte ein Brauer dort seinen Keller erweitern, während [427] des Grabens fiel das Erbreich ein, und man gelangte in einen rundgewölbten Gang, etwa 51/2 Fuß hoch, der, so weit man auch vordrang, zu keinem Ende führte, weßhalb man ihn absperrte. Das Merkwürdige hiebey aber waren die Nischen, welche man, vier an der Zahl, drey links, eine rechts, in den Wänden des Ganges entdeckte; jene erhielten etwa dreyssig Stück irdener Töpfchen, Amphoren, in verschiedener Grösse, die zum Theile in einander steckten, nebst mittelalterlichen Gebilden, Votiven, ganze Frauengestalten in der Tracht jener Zeit mit Kopf-und Halskrausen, dann Schlitzärmeln, gleichfalls von Thon; dabey auch solche Wirtel, die eine Seite spitz zulaufend, Alles neu gebrannt, ohne Glasur. In der einschichtigen Nische stand eine verrostete, viereckige Truhe von Eisen, in welcher ein zerfressenes eisernes Messer ohne Griff, etwa 18'' lang und 11/2'' breit verborgen lag. – Ob die Amphoren auch dem Mittelalter angehören, nachdem sie den hetrurischen ähnlich sind und Henkel und Ausgußrohr haben? Nach der Sage haben Römer in der Gegend geherrscht und eine Niederlassung gehabt. Noch soll man die Trümmer eines Römerkastelles zwischen Kirchenwün und Habsberg auf der Strasse nach Kastl sehen.

An der Pfarrkirche sind aussen die Grabsteine zweyer Wisbeck in Lebensgrösse, aus rothem Marmor, in die Mauer eingelassen; das Volk heißt sie dieRiesen. Windisch meldet in seinem Grundbuche, daß man 1722 im Chor der Kirche ein Grab geöffnet, und den Kopf des Gerippes zu einem Umkreise von 3' 4'' befunden [428] habe. Ferner führt Bruner in seiner Geschichte von Velburg an, daß im Jahr 1817 beym Durchsuchen der Grüfte zwey Armknochen in der Länge von 2' 3'' ausgegraben wurden.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Eilftes Buch. Erde. 5. Burgen. 62. Velburg. 2. Die Stadt. 2. Die Stadt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EF2E-9