1019. Der blaue Storch im Thale bei Münnerstadt.

Mündlich.


Vor Zeiten, wo die Gegend um Münnerstadt von dichten Wäldern bedeckt war, hielt sich in der Nähe des sogenannten dicken Thurms, der noch theilweise erhalten ist, ein blauer Storch auf. Mit diesem Vogel hatte es ein eigenes Bewandniß. Dem ehrlichen Wandersmann war er ein treuer Führer, kam aber einmal ein Dieb und Spitzbube des Weges, so zwackte ihn der blaue Storch in die Hände. Einmal gingen zwei gute Kinder in den Wald, Erdbeeren zu brechen. Ermüdet schliefen sie ein; da kam der blaue Storch geflogen und legte dem einen von den Kindern Goldperlen, dem andern die schönsten Erdbeeren in die Hand. Besonders galt aber der blaue Storch für einen guten Freund und Beschützer des Einsiedlers, welcher an der sogenannten »Thalkirche« seine Zelle hatte. Lange Zeit hatten die Leute Vertrauen zu diesem seltsamen Vogel; als aber die neue Zeit und die Aufklärung in's Land kam, merkte der Storch, daß er überflüssig war, und so soll man ihn eines Tages todt mit ausgebreiteten Flügeln auf dem dicken Thurme liegend gefunden haben.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. 1019. Der blaue Storch im Thale bei Münnerstadt. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F95A-3