1261. Der Schmied von Mitterbach.

Erz. von Kammerloher bei F. Panzer Beitrag S. 94.


Es lebte vor vielen, vielen Jahren zu Mitterbach ein Schmied, der war ein schlechter Haushalter, und verthat Alles in Trunk und Spiel; er wußte sich bald nicht mehr zu helfen, und rief den bösen Feind um Beistand an. Der stellte sich ein, und der leichtfertige Schmied verschrieb sich ihm mit Leib und Seel durch seine eigene Blutunterschrift; er sollte ihn haben, wenn er ihm nur drei Jahre lang in Allem zu Willen sei. Der Mitterbacher schwelgte nun in Lust und Freuden, und warf das Geld nur so zum Fenster hinaus, so daß sich die ganze Nachbarschaft höchlich darob verwunderte. Die Zeit war um, und Luzifer kam Abends in des Schmiedes Stube, und wollte sich auf die Ofenbank setzen, daran ihn die Schmiedin verhinderte, indem sie mit zierlicher Höflichkeit einen gepolsterten Stuhl aus dem schönen Stübl brachte. Luzifer fragte nach ihrem Ehegatten; die Schmiedin erwiederte: ihr Mann schlage den Rossen des Wirthes in der Schenke selbst Eisen auf; war aber nur Weiberlist, denn in seiner großen Angst und Noth hatte der Schmied seinem Gespons das arge Geheimniß geoffenbaret; des Schmiedes Ehefrau trug nun dem Bösen gut Essen und Trinken auf, und sendete den Gesellen nach dem[259] Schmiede, ihrem Mann, der in Wahrheit bei einem alten Großmütterlein im Dorfe sich Raths erholte. Die war aber eine kluge Frau, große Wahrsagerin und Hexe. Der Mitterbacher kam fröhlichen Muthes und ging den Satan höflich an, seine Lebensfrist zu verlängern. Der schlug es rund ab, und mahnte ihn zum Aufbruch. Wie sie hinter dem Haus durch den Garten wandelten, da die Kirschbäume voll röthlicher Früchte hingen, bewog der Schmied den Teufel auf einen zu steigen, und ihm, als letzte Gunst, einige Kirschen zu brocken. Der gute Teufel wollte, nachdem er genugsam gebrochen zu haben wähnte, wieder herabrutschen, aber siehe! inzwischen hatte der Schmied mit einer weißen wunderbaren Kreide, die ihm die kluge Frau gegeben, einen Kreis um den Baum gezogen, und der Satan saß wie angepicht auf dem Aste. Da rief ihm der Schmied zu, er solle die Handschrift herabwerfen, dann wolle er ihn loslassen. Der Höllenfürst verstand sich lange nicht hiezu; endlich schleuderte er eine falsche Urkunde dem harrenden Mitterbacher entgegen; doch der erkannte den Betrug, und so verbrachte der Teufel fletschend und heulend, und unsäglichen Gestank verbreitend, sechs volle Stunden in seinem Luftrevier. Indeß die Geisterstunde nahte sich dem Ausgange und der Böse gerieth in Gefahr, sein Regiment auf immer zu verlieren. Das machte ihn mürbe, wie leichtlich zu erachten. Er drehte ein Hörnlein ab, nahm daraus ein vergelbtes Zettlein Pergament und warf es dem Schmied herab, der es als ächte Handschrift erkannte, darauf er sie in tausend Fetzen zerriß. Er zog einen Kreis von schwarzer Kreide von seltsamer Eigenschaft; davon fuhr der Satan, wie der Wind, großen Gestank verbreitend. Aber wer sich einmal mit der Hölle eingelassen hat, der ist ihr schon verfallen, und vermag sich nimmer los zu machen. So war's auch mit unserm Mitterbacher. Er verschrieb sich zum andernmal, und dießmal nahm der betrogene Satan sich wohl in Acht, wieder geprellt zu werden. Nach Umfluß der Zeit bat der arme Sünder, es möchten ihm nur noch drei irdische Wünsche erfüllt werden, dieweil er nun doch sein liebes Weib und Kinder verlassen müsse; dann zöge er gerne mit fort in die Hölle, und damit vereinte die Frau ihr Flehen und die jungen rothbackigen Töchterlein streichelten dem Geißfuß die haarige Wange und drangen bittend in ihn; da wurde der alte Griesgram weichherzig und konnte nimmer widerstehen. Der erste Wunsch aber war: über Nacht sollten alle Felder, Wiesen, Gründe und Berge des Schmiedes mit einer Mauer aus Quaderstücken umgeben sein, zehn Schuh hoch und fünf Schuh dick. [260] Diesem kühnen Begehren ward völlig willfahren, denn als der Mitterbacher Morgens aufstand und in seinem Besitzthum herumwanderte, war die Mauer so prächtig, als man sich's nur denken kann, aufgeführt. Hierauf bestieg der Schmied seinen Schimmel, der lief so schnell wie Lauffeuer, und hieß den Schwarzen so eilig den Weg vorn zu pflastern, und hinten wieder aufzureißen, als er reite. Auch dieß geschah, obgleich der Mitterbacher ritt, bis der Gaul todt hinfiel. Nun war er ganz rathlos, ging deßhalb zu der weisen Frau im Dorfe. Die sagte ihm, er soll dem Bösen eine Locke der krausen Haare seines Kopfes zum Geradeschmieden geben. Da zupfte sich der Schmied, froh solche Auskunft erhalten zu haben, eine Locke aus, und gab sie dem Gottstehunsbei zum Geradeschlagen. Der dengelte gewaltsam darauf los, bis er die Unmöglichkeit des Beginnens begriff, voll Aerger und Verdruß fuhr er unter Ausstoßung lauter Drohungen von dannen. Der Mitterbacher, blind und frech gemacht durch so oftmalige unverhoffte Rettung, verschrieb sich zum drittenmale und mußte nun ohne Gnade und Barmherzigkeit fort in die Hölle. – In der Hölle gibt es einen Ort, wo die hinkommen, die auf der Welt Keinen erschlagen, keinen Raub, noch andere schwere Vergehen begangen, die nur in Trunk, Spiel und anderer Kurzweil ihre Tage vollbracht haben. Allda sitzen die lustigen Brüder all in einer pechschwarzen Rauchkammer; die ist gar unheimlich von Spanlichtern erhellt, trinken Bier und Schnaps, schnupfen Bresil, rauchen Dreikönigsknaster, karten, paschen, beluschen einander, zerkriegen sich, raufen, werden wieder gut mitsammen, häckeln, ringen, singen, schnaderhüpfeln. Einschenken und Spanputzen müssen die Teufel; die aber in ihrer angebornen Bosheit zwicken manchmal mit ihren glühenden Zangen die Spieler, und thun ihnen sonst allerlei Uebles an; und die vermögen sich dafür nicht zu verwahren, noch Rache zu nehmen an den verdammten Plaggeistern. Als die in der Rauchkammer nun den Mitterbacher, der seinen Schnappsack wohl gefüllt von seinem Handwerkszeug über den Rücken geworfen trug, mit dem Oberteufel hereinkommen sahen, waren alle freudig, maßen sie schon gar lustig Zeug vom Schmied gehört, wie er ihren Herrn und Meister so trefflich gefoppt. Der hat sich gleich an einen Tisch hingesetzt, und hat nach tapferem Bescheidtrunke gespielt: aber bald hat er sich mit den Teufeln verwirrt, die auch ihm mit ihren Teufelein keine Ruhe gönnten. Er griff nach seinem guten Hammer, hämmerte die Hörnleinmänner tüchtig herum, und brachte sie alle nach mannhaftem Kampfe in seinen Schnappsack zusammen, wo er [261] sie noch jämmerlich mit seiner Beißzange zwickte. Die schrieen um Gnade und der Fürst der Hölle selbst entließ den Schmied, weil er unbändig war. Stolz warf der den Sack mit den kläglich zugerichteten Teuflein in eine Ecke, sagte den fröhlichen Kameraden ein treulich Lebewohl und ging rasch von dannen, in den Fäusten Hammer und Zange haltend. Der Mitterbacher ging nun gerade dem Himmel zu, und klopfte da nach seiner Art mit dem Hämmerlein an die Pforte. Aber St. Petrus machte ihm nicht auf. Da wurde der Schmied zornig, drückte die Thüre mit Gewalt auf, warf den Petrus die Himmelsleiter hinab, und drang bis vor Gottes Angesicht; Gott rief ihm zu: »Weiche Verworfener und wandere in Ewigkeit! Du gehörst nicht in den Himmel, taugst nicht in die Hölle und kannst nimmer zur Erde kehren.« Seitdem wandert der Schmied von Mitterbach herum, man weiß nicht wo, und muß wandern in alle Ewigkeit.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Dritter Band. 1261. Der Schmied von Mitterbach. 1261. Der Schmied von Mitterbach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F9C1-8