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Was ich dir vormals schrieb, falsch muß ich's nennen:
»Nie könnt' ich wärmer lieben dich als heut.«
Denn wie die Glut je heller sollte brennen,
Sah da mein Urteil keine Möglichkeit.
Und doch: wenn Zeit und Zufall tausendfältig
Gelübde lockert, fest Zwecke lähmt,
Geweihte Schönheit schwärzt, der Fürsten Rat gewältigt,
Dem Ungefähr die Störrigsten bequemt:
Ach! durft' ich da, bang vor der Zeiten Hand,
Nicht sagen: »Jetzt lieb' ich am meisten ihn.«
Als ich gewiß war über Unbestand,
Das Heut ergriff, weil Morgen dunkel schien?
Lieb' ist ein Kind, das fort und fortgedeiht;
Zu vollem Wachstum ließ mein Wort ihm Zeit.

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TextGrid Repository (2012). Shakespeare, William. Poetische Werke. Sonette. 115. 115. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0C64-F