William Shakespeare
Maß für Maß

[212] Personen

Vincentio, Herzog von Wien

Angelo, Statthalter während des Herzogs Abwesenheit

Escalus, ein alter Herr vom Staatsrat und Gehülfe des Angelo

Claudio, ein junger Edelmann

Lucio, ein Wüstling

Zwei junge Edelleute, Freunde des Lucio

Varrius, ein Edelmann, in des Herzogs Diensten

Ein Kerkermeister

Thomas

Peter, Mönche

Elbogen, ein einfältiger Gerichtsdiener

Schaum, ein alberner junger Mensch

Pompejus, Bierzapfer bei der Frau Überley

Grauslich, ein Scharfrichter

Bernardino, ein Mörder

Isabella, Schwester des Claudio

Mariane, Angelos Verlobte

Julia, Claudios Geliebte

Franziska, eine Nonne

Frau Überley, eine Kupplerin

Herren, Wachen, Gerichtsdiener und andres Gefolge


Die Szene ist in Wien

[212]

Erster Aufzug

Erste Szene
Ein Zimmer in des Herzogs Palast.

Es treten auf der Herzog, Escalus, Herren vom Hofe und Gefolge.

HERZOG.
Escalus –
ESCALUS.
Mein Fürst? –
HERZOG.
Das Wesen der Regierung zu entfalten,
Erschien' in mir als Lust an eitler Rede,
Weil mir bewußt, daß Eure eigne Kenntnis
Die Summe alles Rates überschreitet,
Den meine Macht Euch böte. Nehmt sie denn,
Wie Euer Edelsinn und Wert verdient,
Und laßt sie wirken. Unsers Volkes Art,
Der Stadt Gesetze wie des ganzen Staats
Gemeines Recht habt Ihr so wohl erforscht,
Als Kunst und Übung irgend wen bereichert,
Den wir gekannt. So nehmt die Vollmacht hin,
Die Euch die Bahn bezeichne. Ruft hieher
Den Angelo, daß er vor uns erscheine.

Ein Diener geht.

Wie meint Ihr, wird er unsern Platz vertreten?
Denn wißt, daß mit besonderm Vorbedacht
Wir ihn erwählt, an unsrer Statt zu herrschen,
Ihm unsre Schrecken liehn und unsre Gnade,
Und ihm als Stellvertreter alle Waffen
Der eignen Macht vertraut. Wie dünkt Euch dies? –
ESCALUS.
Wenn irgend einer je in Wien verdient,
So reiche Huld und Ehre zu erfahren,
So ist's Lord Angelo.

Angelo tritt auf.
[213] HERZOG.
Da kommt er selbst.
ANGELO.
Stets Euer Hoheit Willen untertänig,
Bitt' ich um Euern Auftrag.
HERZOG.
Angelo,
Es ist 'ne Schrift in deiner Lebensweise,
Die dem Bemerker klar entfaltet, was
Du je erlebt. Du selbst und dein Talent
Sind nicht dein eigen, daß du dich verzehrst
Für deinen eignen Wert, den Wert für dich.
Der Himmel braucht uns, so wie wir die Fackeln,
Sie leuchten nicht für sich; wenn unsre Kraft
Nicht strahlt nach außen ihn, wär's ganz so gut,
Als hätten wir sie nicht. Geister sind schön geprägt
Zu schönem Zweck; noch leiht jemals Natur
Den kleinsten Skrupel ihrer Trefflichkeit,
Daß sie sich nicht, als wirtschaftliche Göttin,
Den Vorteil eines Gläub'gers ausbedingt,
So Dank wie Zinsen. Doch ergeht mein Wort
An einen Mann, der mich belehren könnte:
Nimm hin denn, Angelo!
Solang' wir fern, sei unser zweites Selbst;
Tod und Begnad'gung wohn' allein in Wien
In deiner Brust und Zunge. Escalus,
Obschon zuerst berufen, steh' dir nach:
Empfange deine Vollmacht!
ANGELO.
Oh, mein Fürst,
Laßt schärfre Prüfung mein Metall bestehn,
Bevor ein so erhabnes, edles Bild
Darauf geprägt wird.
HERZOG.
Keine Ausflucht mehr!
Mit wohl gereifter, lang' bedachter Wahl
Wardst du ersehn; deshalb nimm deine Würden!
So schnelle Eil' erfodert unsre Reise,
Daß sie mich drängt und unentschieden läßt
Geschäfte wicht'ger Art. Wir schreiben Euch,
Wie uns Begebenheit und Zeit ermahnt,
Was uns betrifft; und wünschen zu erfahren,
Was hier begegnen mag. So lebt denn wohl:
[214]
Ein glückliches Gelingen sei mit Euch,
Nach unsern Wünschen!
ANGELO.
Doch erlaubt, mein Fürst,
Daß wir ein Stück des Weges Euch geleiten.
HERZOG.
Die Eil' erlaubt es nicht;
Ihr sollt, bei meinem Wort, mit keinem Zweifel
Euch plagen. Eure Macht ist gleich der meinen:
So schärft nun oder mildert die Gesetze,
Wie's Eure Einsicht heischt. Gebt mir die Hand.
Ich reis' im stillen. Lieb' ich gleich das Volk,
Doch wünscht' ich nicht, zur Schau mich ihm zu stellen;
Ob wohl gemeint, doch mundet mir nicht wohl
Sein lauter Ruf, sein ungestümes Jauchzen;
Noch scheint mir der ein Mann von reifem Urteil,
Der sich daran erfreut. Nochmals, lebt wohl!
ANGELO.
Der Himmel sei mit Euch und Euerm Tun!
ESCALUS.
Er leit' und bring' Euch glücklich wieder heim!
HERZOG.
Ich dank' Euch. Lebet wohl!

Ab.
ESCALUS.
Ich werd' Euch um ein ungestört Gespräch
Ersuchen, Herr; es liegt mir viel daran,
Ganz durchzuschaun mein Amt bis auf den Grund.
Vollmacht hab' ich, doch welcher Kraft und Art,
Ward mir noch nicht erklärt.
ANGELO.
So ist's mit mir. Laßt uns zusammen gehn,
Dann wird sich Auskunft wohl genügend finden.
Was diesen Punkt betrifft.
ESCALUS.
Ich folg' Eu'r Gnaden.

Gehn ab.
Zweite Szene
Eine Straße.

Es treten auf Lucio und zwei Edelleute.

LUCIO.

Wenn sich der Herzog und die andern Herzoge nicht mit dem König von Ungarn vergleichen, nun, so fallen alle Herzoge über den König her.

[215] ERSTER EDELMANN.
Der Himmel gebe uns seinen Frieden, aber nicht des Königs von Ungarn Frieden! –
ZWEITER EDELMANN.
Amen!
LUCIO.

Du sprichst dein Schlußgebet wie der gottselige Seeräuber, der mit den zehn Geboten zu Schiff ging, das eine aber aus der Tafel auskratzte.

ZWEITER EDELMANN.
»Du sollst nicht stehlen?«
LUCIO.
Ja, das schabte er aus.
ERSTER EDELMANN.

Nun, das war ja auch ein Gebot, das dem Kapitän und seinem ganzen Haufen gebot, ihren Beruf aufzugeben: sie hatten sich eingeschifft, um zu stehlen. Da ist keiner von uns Soldaten, dem beim Tischgebet vor der Mahlzeit die Bitte um Frieden recht gefiele.

ZWEITER EDELMANN.
Ich habe noch keinen gehört, dem sie mißfallen hätte.
LUCIO.
Das will ich dir glauben! Denn ich denke, du bist nie dabei gewesen, wo ein Gratias gesprochen ward.
ZWEITER EDELMANN.
Nicht? Ein dutzendmal wenigstens! –
ERSTER EDELMANN.
Wie hast du's denn gehört? In Versen?
ZWEITER EDELMANN.
In allen Silbenmaßen und Sprachen!
ERSTER EDELMANN.
Und wohl auch in allen Konfessionen? –
LUCIO.

Warum nicht? Gratias ist Gratias, aller Kontrovers zum Trotz, so wie du, Exempli gratia, ein durchtriebener Schelm bist, und mehr von den Grazien weißt als vom Gratias.

ERSTER EDELMANN.
Schon gut; wir sind wohl beide über einen Kamm geschoren.
LUCIO.
Recht, wie Samt und Egge; du bist die Egge.
ERSTER EDELMANN.

Und du der Samt; du bist ein schönes Stück Samt, von der dreimal geschornen Sorte. Ich will viel lieber die Egge von einem Stück englischen haarichten Fries sein, als ein Samt, über den eine französische Schere gekommen ist. Habe ich dich nun einmal recht herzhaft geschoren?

LUCIO.

Nein, ich denke, du hast diese Schere schon recht schmerzhaft verschworen, und ich will nach deinem eignen Geständnis deine Gesundheit aus bringen lernen, aber, solange ich lebe, vergessen, nach dir zu trinken.

[216] ERSTER EDELMANN.
Ich habe mir wohl eben selbst zu nahe getan; habe ich nicht?
ZWEITER EDELMANN.
Das hast du auch, du magst dich verbrannt haben oder nicht.
LUCIO.

Seht nur, kommt da nicht unsre Frau Minnetrost? Ich habe mir Krankheiten unter ihrem Dach geholt, die kosten mich –

ZWEITER EDELMANN.
Wie viel?
ERSTER EDELMANN.
Ratet nur! –
ZWEITER EDELMANN.
Er wird Euch nicht gestehn, wieviel Mark sie ihm jährlich kosten.
ERSTER EDELMANN.
Recht, und überdem noch –
LUCIO.
Ein paar französische Kronen! –
ERSTER EDELMANN.
Immer willst du mir Krankheiten andichten; aber du steckst im Irrtum, ich habe mir nichts geholt.
LUCIO.

Und doch bist du hohl durch und durch; deine Knochen sind hohl, die Ruchlosigkeit hat in dir geschwelgt.


Eine Kupplerin kommt.
ERSTER EDELMANN.
Nun, wie geht's? An welcher von deinen Hüften hast du jetzt die gründlichste Sciatica?
KUPPLERIN.

Schon gut! Eben wird einer verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, der war mehr wert als fünftausend solche wie Ihr.

ERSTER EDELMANN.
Wer denn, sagt doch?
KUPPLERIN.
Zum Henker, Herr, Claudio ist's, Signor Claudio!
ERSTER EDELMANN.
Claudio im Gefängnis? Nicht möglich!
KUPPLERIN.

Ich sage Euch, es ist gewiß; ich sah ihn verhaftet, ich sah ihn weggeführt; und was noch mehr ist, binnen drei Tagen soll ihm der Kopf abgehauen werden.

LUCIO.
Nun, trotz allen Torheiten von eben, das sollte mir leid sein. Weißt du's denn gewiß?
KUPPLERIN.
Nur zu gewiß; es geschieht, weil Fräulein Julia schwanger von ihm ward.
LUCIO.

Glaubt mir, es ist nicht unmöglich. Er versprach mir, mich vor zwei Stunden zu treffen, und er war immer pünktlich im Worthalten.

[217] ZWEITER EDELMANN.
Dazu kommt, daß es ganz mit dem übereinstimmt, wovon wir zusammen sprachen.
ERSTER EDELMANN.
Und am meisten mit dem letzten öffentlichen Ausruf.
LUCIO.
Kommt, hören wir, was an der Sache ist.

Lucio und die Edelleute gehn ab.
KUPPLERIN.

So bringen mich denn teils der Krieg und teils das Schwitzen, und teils der Galgen, und teils die Armut um alle meine Kunden. Nun? Was bringst du mir Neues?


Pompejus kommt.
POMPEJUS.
Den haben sie jetzt eben eingesteckt! –
KUPPLERIN.
Und was hat er vorgehabt?
POMPEJUS.
Ein Mädchen.
KUPPLERIN.
Ich meine, was hat er begangen?
POMPEJUS.
In einem fremden Bach Forellen gefischt.
KUPPLERIN.
Wie? Hat ein Mädchen ein Kind von ihm?
POMPEJUS.
Nein, aber es hat eine Weibsperson ein Mädchen von ihm. Habt Ihr nicht von dem Ausruf gehört? He?
KUPPLERIN.
Was für ein Ausruf, Mann?
POMPEJUS.
Alle Häuser in den Vorstädten von Wien sollen eingerissen werden.
KUPPLERIN.
Und was soll aus denen in der Stadt werden?
POMPEJUS.

Die sollen zur Saat stehen bleiben; sie wären auch drauf gegangen, aber ein wohlweiser Bürger hat sich für sie verwendet.

KUPPLERIN.
Sollen denn alle unsre Gast- und Schenkhäuser in der Vorstadt eingerissen werden?
POMPEJUS.
Bis auf den Grund, Frau.
KUPPLERIN.
Nun, das heiß' ich eine Veränderung im Staat! Was soll nun aus mir werden? –
POMPEJUS.

Ei, fürchtet Ihr nichts; guten Advokaten fehlt es nicht an Klienten. Wenn Ihr schon Euer Quartier ändert, braucht Ihr darum nicht Euer Gewerbe zu ändern; ich bleibe noch immer Euer Zapfer. Mut gefaßt! Mit Euch wird man's so genau nicht nehmen; Ihr habt Eure Augen in Euerm [218] Beruf fast aufgebraucht; über Euch werden sie schon ein Auge zudrücken.

KUPPLERIN.
Was soll nun werden, Zapfer Thomas? Laß uns auf die Seite gehn.
POMPEJUS.
Hier kommt Signor Claudio, den der Schließer ins Gefängnis führt, und da ist auch Fräulein Julia.

Gehn ab.
Dritte Szene
Daselbst.

Es treten auf der Schließer, Claudio und Gerichtsdiener; Lucio und die zwei Edelleute; Julia wird vorüber geführt.

CLAUDIO.
Mensch, warum muß die ganze Welt mich sehn? –
Bring' mich zum Kerker, wie dir aufgetragen.
SCHLIESSER.
Ich tu' dies nicht aus eignem bösen Willen,
Nur weil's Lord Angelo bestimmt verlangt.
CLAUDIO.
Ja, so kann dieser Halbgott Majestät
Uns nach Gewicht die Sünde zahlen lassen.
Des Himmels Wort: wen ich erwähl', erwähl' ich,
Wen nicht, verstoß' ich. ... und doch stets gerecht! –
LUCIO.
Nun sag doch, Claudio, woher solcher Zwang?
CLAUDIO.
Von zu viel Freiheit, Lucio, zu viel Freiheit!
Wie Überfüllung strenge Fasten zeugt,
So wird die Freiheit, ohne Maß gebraucht,
In Zwang verkehrt; des Menschen Hang verfolgt
(Wie Ratten gierig selbst ihr Gift sich rauben)
Die durst'ge Sünd', und tödlich wird der Trunk! –
LUCIO.

Wenn ich im Arrest so weislich zu reden wüßte, so würde ich einige von meinen Gläubigern rufen lassen. Und doch, die Wahrheit zu sagen, mir ist die Narrenteidung der Freiheit lieber als die Moral der Gefangenschaft. Was ist dein Vergehn, Claudio? –

CLAUDIO.
Was nur zu nennen neuen Anstoß gäbe!
LUCIO.
Was: ist's ein Mord?
CLAUDIO.
Nein!
LUCIO.
Unzucht?
[219] CLAUDIO.
Nenn' es so.
SCHLIESSER.
Fort, Herr, Ihr müßt jetzt weiter.
CLAUDIO.
Ein Wort, mein Freund; Lucio, ein Wort mit Euch.

Nimmt ihn auf die Seite.
LUCIO.
Ein Dutzend, wenn's dir irgend helfen kann.
Wird Unzucht so bestraft?
CLAUDIO.
So steht's mit mir: – nach redlichem Verlöbnis
Nahm ich Besitz von meiner Julia Bett.
Ihr kennt das Fräulein; sie ist ganz mein Weib,
Nur daß wir noch bisher nicht kund getan
Die äußre Förmlichkeit; dies unterblieb
Um einer nicht bezahlten Mitgift willen,
Die noch in ihrer Vettern Truhen liegt;
So daß wir unsern Bund verschweigen wollten,
Bis Zeit sie uns befreundet. Doch der Raub
Höchst wechselseit'gen Kosens zeigt sich leider
Mit allzu großer Schrift auf ihr geprägt.
LUCIO.
Schwanger vielleicht?
CLAUDIO.
Zum Unglück ist es so!
Denn unsers Herzogs neuer Stellvertreter,
Sei es die Schuld und falscher Glanz der Neuheit,
Sei's, daß ihm das gemeine Wohl erscheint
Gleich einem Roß, auf dem der Landvogt reitet,
Der, kaum im Sattel, daß es gleich empfinde
Des Reiters Kunst, den Sporn ihm fühlen läßt;
Sei's, daß die Tyrannei im Herrscheramt,
Sei's, daß sie wohn' im Herzen Seiner Hoheit, –

Ich weiß es nicht: genug, der neue Richter
Weckt mir die längst verjährten Strafgesetze,
Die gleich bestäubter Wehr im Winkel hingen,
So lang', daß neunzehn Jahreskreise schwanden
Und keins gebraucht ward; und aus Sucht nach Ruhm
Muß ihm das schläfrige, vergeßne Recht
Frisch wider mich erstehn: ja, nur aus Ruhmsucht!
LUCIO.

Ja, wahrhaftig, so ist es, und dein Kopf steht so kitzlig auf deinen Schultern, daß ein verliebtes Milchmädchen [220] ihn herunter seufzen könnte. Sende dem Herzog Botschaft und appelliere an ihn! –

CLAUDIO.
Das tat ich schon, doch ist er nicht zu finden;
Ich bitt' dich, Lucio, tu' mir diese Freundschaft:
Heut tritt ins Kloster meine Schwester ein,
Und ihre Probezeit beginnt sie dort:
Erzähl' ihr die Gefahr, die mich bedroht;
In meinem Namen flehe, daß sie Freunde
Dem strengen Richter schickt, ihn selbst beschwört.
Ich hoffe viel von ihr; denn ihre Jugend
Ist kräft'ge Rednergabe ohne Wort,
Die Männer rührt; zudem ist sie begabt,
Wenn sie es will, mit holdem Spruch und Witz,
Und leicht gewinnt sie jeden.
LUCIO.

Der Himmel gebe, daß sie es könne, sowohl zum Trost aller derer, die sich im gleichen Fall befinden und sonst unter schwerer Zucht stehn wür den, als damit du dich deines Lebens erfreust; denn es wäre mir leid, wenn du's so närrischer Weise um ein Spiel Tricktrack verlieren solltest. Ich gehe zu ihr.

CLAUDIO.
Ich danke dir, mein bester Freund.
LUCIO.
In zwei Stunden –
CLAUDIO.
Kommt, Schließer; wir gehn.

Alle ab.
Vierte Szene
Ein Kloster.

Es treten auf der Herzog und Pater Thomas.

HERZOG.
Nein, heil'ger Vater! Fort mit dem Gedanken!
Glaubt nicht, der Liebe leichter Pfeil durchbohre
Des echten Mannes Brust. Daß ich dich bat
Um ein geheim Asyl, hat ernsten Zweck,
Gereifteren, als Ziel und Wünsche sind
Der glüh'nden Jugend.
MÖNCH.
Könnt Ihr mir vertraun?
HERZOG.
Mein frommer Freund, Ihr selber wißt am besten,
[221]
Wie sehr ich stets die Einsamkeit geliebt,
Geringe Freude fand am eitlen Schwarm,
Wo Jugend herrscht und Gold und sinnlos Prunken.
Dem Grafen Angelo hab' ich vertraut
(Als einem Mann von strenger Zucht und Keuschheit)
Mein unumschränktes Ansehn hier in Wien;
Und dieser wähnt, ich sei verreist nach Polen,
Denn also hab' ich's ausgesprengt im Volk,
Und also glaubt man's. Nun, mein heil'ger Freund,
Fragt Ihr mich wohl, weshalb ich dies getan?
MÖNCH.
So fragt' ich gern.
HERZOG.
Hier gilt ein scharf Gesetz, ein starres Recht,
Als Kappzaum und Gebiß halsstarr'gen Pferden,
Das wir seit vierzehn Jahren ließen schlafen,
Gleich einem alten Löwen in der Höhle,
Der nicht mehr raubt. Nun, wie ein schwacher Vater,
Der wohl die Birkenreiser drohend bindet
Und hängt sie auf zur Schau vor seinen Kindern,
Zum Schreck, nicht zum Gebrauch: bald wird die Rute
Verhöhnt mehr, als gescheut: so unsre Satzung,
Tot für die Straf', ist für sich selbst auch tot,
Und Frechheit zieht den Richter an der Nase;
Der Säugling schlägt die Amm', und ganz verloren
Geht aller Anstand.
MÖNCH.
Euch, mein Fürst, lag ob,
Die Fesseln des gebundnen Rechts zu lösen;
Und dies erschien von Euch noch schrecklicher
Als von Lord Angelo.
HERZOG.
Zu schrecklich, fürcht' ich.
Da meine Säumnis Freiheit ließ dem Volk,
Wär's Tyrannei, wollt' ich mit Härte strafen,
Was ich erlaubt. Denn der erteilt Erlaubnis,
Der freien Lauf der bösen Lust gewährt,
Anstatt der Strafe. Drum, verehrter Vater,
Hab' ich auf Angelo dies Amt gelegt:
Der, hinter meines Namens Schutz, mag treffen,
Derweil ich selbst vom Kampfe fern mich halte
Und frei vom Tadel bleibe. Sein Verfahren
[222]
Zu prüfen, will ich als ein Ordensbruder
Besuchen Fürst und Volk; drum bitt' ich Euch,
Schafft mir ein klösterlich Gewand, belehrt mich,
Wie ich in aller äußern Form erscheine
Als wahrer Mönch. Mehr Gründe für dies Tun
Will ich bei beßrer Muße Euch enthüllen.
Nur dies: – Lord Angelo ist scharf und streng,
Vor Läst'rung auf der Hut, gesteht sich kaum,
Blut fließ' in seinen Adern, und sein Hunger
Sei mehr nach Brot als Stein. Bald wird sich's zeigen,
Ob Macht ihn lockt, ob echte Treu' ihm eigen.

Gehn ab.
Fünfte Szene
Ein Nonnenkloster.

Es treten auf Isabella und Franziska.

ISABELLA.
Und habt ihr Nonnen keine Freiheit sonst?
FRANZISKA.
Scheint diese dir zu klein? –
ISABELLA.
O nein! Ich sprach's nicht, als begehrt' ich mehr;
Im Gegenteil, ich wünschte strengre Zucht
Sankt Klarens Schwesterschaft und ihrem Orden.
LUCIO
draußen.
He! Friede diesem Ort! –
ISABELLA.
Wer ruft denn da? –
FRANZISKA.
Es ist ein Mann. O liebe Isabella,
Schließt Ihr ihm auf und fragt, was sein Begehr.
Ihr könnt es tun, ich nicht: Ihr schwurt noch nicht:
Doch eingekleidet sprecht Ihr nie mit Männern,
Als nur in der Äbtissin Gegenwart,
Und wenn Ihr sprecht, bleibt Eu'r Gesicht verhüllt;
Entschleiert Ihr das Antlitz, müßt Ihr schweigen.
Er ruft noch einmal: bitt' Euch, gebt ihm Antwort!

Franziska ab.
ISABELLA.
Frieden und Heil mit Euch! Wer ist's, der ruft? –

Lucio tritt auf.
[223] LUCIO.
Heil, Jungfrau! Daß Ihr's seid, verkündet mir
Die Wangenblüte. Könnt Ihr so mich fördern,
Zum Fräulein Isabella mich zu führen,
Die hier Novize ist; der schönen Schwester
Des unglücksel'gen jungen Claudio?
ISABELLA.
Warum unsel'gen Claudio? Frag' ich Euch,
Und um so mehr, weil ich Euch melden muß,
Ich selbst bin Isabella, seine Schwester.
LUCIO.
Holdsel'ge Schöne, Euer Bruder grüßt Euch,
Doch daß ich's kürzlich meld': er ist im Kerker.
ISABELLA.
Weh' mir! Für was? –
LUCIO.
Um das, wofür, wenn ich sein Richter wär',
Er seine Straf' empfangen sollt' in Dank:
Er half zu einem Kinde seiner Freundin.
ISABELLA.
Herr, macht mich nicht zu Euerm Scherz!
LUCIO.
's ist wahr;
Ich möchte nicht, ist's gleich mein alter Fehl,
Mit Mädchen Kiebitz spielen, weit vom Herzen
Die Zunge, – so mit allen Jungfrau'n tändeln:
Ihr seid mir ein verklärter Himmelsgast
Und durch Enthaltsamkeit unkörperlich;
Drum muß das Wort mit Euch wahrhaftig sein,
Als nahte man sich einer Heiligen.
ISABELLA.
Ihr lästert das Erhabne, mich verhöhnend.
LUCIO.
Das glaubt nicht! Kurz und wahr, so steht die Sache:
Eu'r Bruder und sein Liebchen herzten sich;
Und wie die Speise füllt; der blüh'nde Mai
Den dürren Furchen nach der Saat verhilft
Zu schwell'nder Fülle: also zeigt ihr Schoß
Sein fleißiges Bemühn und emsig Tun.
ISABELLA.
Ist jemand von ihm schwanger? Muhme Julia?
LUCIO.
So, ist sie Eure Muhme?
ISABELLA.
Durch Wahl: wie Schülerinnen Namen tauschen
In kindisch treuer Freundschaft.
LUCIO.
Diese ist's.
ISABELLA.
Oh, nehm' er sie zur Frau!
LUCIO.
Das ist der Punkt: –

Der Herzog hat höchst seltsam sich entfernt;
[224]
Und manchen Edeln – (mich nebst andern) – foppt er
Mit Hoffnung auf ein Amt; doch hören wir
Von solchen, die den Nerv des Staates kennen,
Was er uns vorgab, sei unendlich weit
Von seiner wahren Absicht. Jetzt regiert
Statt seiner, mit der unbeschränkt'sten Vollmacht,
Lord Angelo, ein Mann, dem statt des Bluts
Schneewasser in den Adern fließt; der nie
Der Sinne muntre Trieb' und Regung kannte;
Der ihren Stachel hemmt und abgestumpft
Mit geist'ger Arbeit, Fasten und Studieren.
Dieser, in Furcht zu setzen Lust und Freiheit,
Die lang' das drohende Gesetz umschwärmt
(Wie Mäus' um Löwen), klaubt den Spruch hervor,
Durch dessen schweren Inhalt Claudios Leben
Verwirkt ist; setzt sogleich ihn in Verhaft
Und folgt genau der Satzung totem Wort
Zu strenger Warnung. Alles ist verloren,
Wenn Euch nicht Gnade wird, durch holdes Flehn
Ihn zu erweichen. Dies nun ist der Kern
Des Auftrags, den mir Euer Bruder gab.
ISABELLA.
So will er seinen Tod?
LUCIO.
Hat die Sentenz
Schon unterschrieben, und der Schließer, hör' ich,
Erhielt Befehl, das Urteil zu vollziehn.
ISABELLA.
Ach, welche arme Fähigkeit besitz' ich,
Ihm noch zu helfen?
LUCIO.
Eure Macht versucht!
ISABELLA.
Weh mir! Ich zweifle –
LUCIO.
Zweifel sind Verräter,
Die oft ein Gut entziehn, das wir erreichten, –

Weil den Versuch wir scheuten. Geht zu Angelo
Und lehrt ihn, daß, wenn Jungfrau'n flehn, die Männer
Wie Götter geben; weinen sie und knien,
Dann wird ihr Wunsch so frei ihr Eigentum,
Als ob sie selber die Gewährung sprächen.
ISABELLA.
Ich will versuchen, was ich kann.
LUCIO.
Nur schnell! –
[225] ISABELLA.
Ich geh' sogleich,
Nicht länger säum' ich; der Äbtissin nur
Meld' ich's vorher. Ich dank' Euch, Herr, in Demut;
Empfehlt mich meinem Bruder: noch vor Nacht
Send' ich ihm sichre Nachricht des Erfolgs. –
LUCIO.
Dann nehm' ich Abschied.
ISABELLA.
Gott befohlen, Herr! –

Beide gehn.
[226]

Zweiter Aufzug

Erste Szene
Eine Halle in Angelos Hause.

Es treten auf Angelo, Escalus, ein Richter, Schließer, Gerichtsdiener und Gefolge.

ANGELO.
Das Recht darf nicht zur Vogelscheuche werden,
Als ständ' es da, um Habichte zu schrecken,
Und bliebe regungslos, bis sie zuletzt,
Gewöhnt, drauf ausruhn, statt zu fliehn.
ESCALUS.
Gut, laßt uns
Dann lieber scharf sein und ein wenig schneiden,
Als tödlich niederschlagen. Ach, der Jüngling,
Für den ich bat, hat einen edeln Vater!
Bedenkt, mein werter Herr (von dem ich weiß,
Ihr seid sehr streng in Tugend),
Ob in der Regung Eurer Leidenschaft,
Wenn, Zeit mit Ort gestimmt und Ort mit Wunsch,
Ob, wenn das heft'ge Treiben Eures Bluts
Das Ziel erreichen mochte, das Euch lockte, –

Ob, sag' ich, Ihr nicht selbst wohl konntet irren
In diesem Punkt, den Ihr an ihm verdammt,
Und dem Gesetz verfallen? –
ANGELO.
Ein andres ist, versucht sein, Escalus,
Ein andres, fallen. Leugnen will ich nicht,
In dem Gerichte, das auf Tod erkennt,
Sei unter zwölf Geschwornen oft ein Dieb,
Wohl zwei noch schuld'ger als der Angeklagte.
Wer offenbar dem Rechte ward,
Den straft das Recht. Was kümmert's das Gesetz,
Ob Dieb den Dieb verurteilt? 's ist natürlich,
[227]
Daß wir den Demant auf vom Boden heben,
Weil wir ihn sehn; doch was wir nicht gesehn,
Wir treten drauf und denken nicht daran.
Ihr dürft nicht deshalb mildern sein Vergehn,
Weil ich auch fehlen konnte; sagt vielmehr,
Wenn ich, sein Richter, solch Verbrechen übe,
Sei mir der eigne Spruch Vorbild des Todes,
Und nichts entschuld'ge mich. Freund, er muß sterben. –
ESCALUS.
Wie's Eurer Weisheit dünkt.
ANGELO.
Wo ist der Schließer?
SCHLIESSER.
Hier, gnäd'ger Herr.
ANGELO.
Ihr steht dafür, daß Claudio
Enthauptet werde morgen früh um neun.
Bringt ihm den Beicht'ger, laßt ihn sich bereiten,
Denn das ist seiner Wallfahrt letzte Stunde.

Schließer ab.
ESCALUS.
Nun, Gott verzeih' ihm und verzeih' uns allen!
Der steigt durch Schuld, der muß durch Tugend fallen;
Vom Eis, das bricht, kommt der gesund herab,
Den stürzt ein einz'ger Fehltritt in das Grab.

Es treten auf Elbogen, Schaum, Pompejus, Gerichtsdiener.
ELBOGEN.

Kommt, bringt sie herbei! Wenn das rechtschaffne Leute im gemeinen Wesen sind, die nichts taten, als ihre Untaten in gemeinen Häusern auszurichten, so weiß ich nicht, was Jura ist. Bringt sie herbei!

ANGELO.
Was gibt's, Freund, wovon ist die Rede? Wie heißt Ihr?
ELBOGEN.

Mit Euer Gnaden Vergunst, ich bin des armen Herzogs Konstabel, und mein Name ist Elbogen; ich bin ein Stück Justiz, Herr, und führe Eurer gestrengen Gnaden hier ein paar notorische Benefikanten vor.

ANGELO.
Benefikanten? Was denn für Benefikanten? Ihr meint wohl Malefikanten?
ELBOGEN.

Nichts für ungut, gnädiger Herr; ich weiß nicht recht, was sie sind; aber zwei absolutgesinnte Spitzbuben sind sie, und ohne ein Körnchen von der Kontribution, die ein guter Christ haben muß.

[228] ESCALUS.
Vortrefflich vorgetragen! Da haben wir einen verständigen Konstabel! –
ANGELO.
Zur Sache: Was für Leute sind es? Elbogen heißt du? Warum sprichst du nicht, Elbogen? –
POMPEJUS.
Er kann nicht, Herr, er ist am Ellbogen zerrissen.
ANGELO.
Wer seid Ihr, Freund?
ELBOGEN.

Der, gnädiger Herr? Ein Bierzapfer, Herr; ein Stück von einem Kuppler; dient einem schlechten Weibsbilde, deren Haus, wie es heißt, in den Vorstädten eingerissen ist: und nun macht sie Prozession von einem Badehause, und das ist auch ein recht schlechtes Haus.

ESCALUS.
Wie wißt Ihr das?
ELBOGEN.
Mein Weib, gnädiger Herr, wie ich's vor Euer Gnaden detestiere, –
ESCALUS.
Wie! Dein Weib?
ELBOGEN.
Ja, Herr, maßen es, Gott sei Dank, ein ehrliches Weib ist, –
ESCALUS.
Und darum detestierst du's?
ELBOGEN.

Ich sage, Herr, ich für meine eigne Person detestiere hierin eben so gut, wie sie: wenn dieses Haus nicht einer Kupplerin Haus ist, so wär's schade drum; denn es ist ein ganz nichtsnutziges Haus.

ESCALUS.
Wie weißt du das, Konstabel? –
ELBOGEN.

Blitz, Herr, von meiner Frau: denn wenn sie eine Frau wäre, die den kardinalischen Lüsten nachhinge, so hätte sie in diesem Hause zu Proskription und Ehebruch und aller Unsauberkeit verführt werden können.

ESCALUS.
Durch dieses Weibes Anstiften?
ELBOGEN.

Ja, Herr, durch das Anstiften der Frau Überley; wie sie ihm aber ins Gesicht spuckte, so wußte er, woran er war.

POMPEJUS.
Herr, mit Euer Gnaden Erlaubnis, so war's nicht.
ELBOGEN.
Das beweise mir einmal vor diesen Schlingeln, du ehrenwerter Mann, das beweise mir! –
ESCALUS.
Hört Ihr, wie er sich verspricht?
POMPEJUS.

Herr, sie kam an, und war hochschwanger, und hatte – (mit Eu'r Gnaden Respekt) – ein Gelust nach gekochten Pflaumen. Nun hatten wir nur zwei im Hause, gnädiger Herr, und die lagen eben in dem Monument gleichsam [229] auf einem Fruchtteller, ein Teller für drei oder vier Pfennige: Euer Gnaden müssen solche Teller schon gesehn haben; es sind keine Teller aus China, aber doch sehr gute Teller.

ESCALUS.
Weiter; weiter; am Teller ist nichts gelegen.
POMPEJUS.

Nein, wahrhaftig, Herr, nicht so viel, als eine Stecknadel wert ist, das ist vollkommen richtig. Aber nun zur Hauptsache: Wie gesagt, die Frau Elbogen war, wie gesagt, guter Hoffnung, und ansehnlich stark, und hatte, wie gesagt, ein Gelust nach Pflaumen; und weil, wie gesagt, nur zwei auf dem Teller lagen, – denn Junker Schaum, der nämliche Herr hier, hatte, wie gesagt, die andern gegessen; – und er bezahlte sie sehr gut, das muß ich sagen; denn wie Ihr wohl wißt, Junker Schaum, ich konnte Euch keinen Dreier herausgeben, –

SCHAUM.
Ja, das ist wahr.
POMPEJUS.

Seht Ihr wohl? Ihr wart eben dabei, wenn Ihr's Euch noch besinnt, und knacktet die Steine von den vorbesagten Pflaumen.

SCHAUM.
Ja, das tat ich auch, mein' Seel.
POMPEJUS.

Nun, seht Ihr wohl? Ich sagte Euch just, wenn Ihr's Euch noch besinnt, daß der und der und dieser und jener von der Krankheit, die Ihr wohl wißt, nicht durchkuriert worden wären, wenn sie nicht so sehr gute Diät gehalten hätten, sagte ich Euch.

SCHAUM.
Alles richtig.
POMPEJUS.
Seht Ihr's?
ESCALUS.

Geht mir, Ihr seid ein langweiliger Narr: zur Sache! Was tat man denn der Frau des Elbogen, daß er Ursach' zu klagen hat? Kommt jetzt auf das, was man ihr tat.

POMPEJUS.
Herr, Eu'r Gnaden kann darauf noch nicht kommen.
ESCALUS.
Das ist auch nicht meine Absicht.
POMPEJUS.

Herr, Ihr sollt aber darauf kommen, mit Eu'r Gnaden Vergunst; und betrachtet Euch einmal den Junker Schaum hier, mein gnädiger Herr: er bringt's auf achtzig Pfund im Jahr, und sein Vater starb am Allerheiligen-Tage. War's nicht am Allerheiligen-Tage, Junker Schaum? –

SCHAUM.
Allerheiligen-Abend.
[230] POMPEJUS.

Nun, seht Ihr wohl? Ich hoffe, hier gibt's Wahrheit! Er saß eben auf einem niedrigen Sessel, gnädiger Herr: es war in der goldnen Traube, wo Ihr so gern sitzt, nicht so?

SCHAUM.
Ja, das tu' ich; denn es ist ein offnes Zimmer, und gut für den Winter.
POMPEJUS.
Seht Ihr wohl? Ich hoffe, hier gibt's Wahrheit! –
ANGELO.
Dies währt wohl eine Winternacht in Rußland,
Wenn Nächte dort am längsten sind. Ich geh'
Und überlass' Euch diese Untersuchung:
Ich hoff', Ihr findet Grund, sie all' zu stäupen.
ESCALUS.
Das denk' ich auch, ich wünsch' Euch guten Morgen.

Angelo ab.

Nun, Freunde, weiter! Was tat man Elbogens Frau, noch einmal?
POMPEJUS.
Einmal, gnädiger Herr? Einmal hat man ihr nichts getan.
ELBOGEN.
Ich ersuche Euch, Herr, fragt ihn, was dieser Mann hier meiner Frau getan hat.
POMPEJUS.
Ich bitt' Eu'r Gnaden, fragt mich.
ESCALUS.
Nun denn, was hat dieser Herr ihr getan?
POMPEJUS.

Ich bitt' Eu'r Gnaden, seht diesem Herrn einmal ins Gesicht. Lieber Junker Schaum, seht doch Ihre Gnaden an; ich sag's aus guter Meinung; betrachten sich Eu'r Gnaden sein Gesicht!

ESCALUS.
O ja, recht wohl.
POMPEJUS.
Nein, ich bitte, betrachtet's Euch genau!
ESCALUS.
Nun ja, das tu' ich.
POMPEJUS.
Sieht Euer Gnaden etwas Unrechts in seinem Gesicht?
ESCALUS.
O nein.
POMPEJUS.

Ich will's vor Gericht deklamieren, daß sein Gesicht das Schlimmste an ihm ist. Nun gut: wenn sein Gesicht das Schlimmste an ihm ist, wie konnte Junker Schaum des Konstabels Frau etwas Unrechts tun? – Das möcht' ich von Euer Gnaden hören.

ESCALUS.
Da hat er recht. Konstabel, was sagt Ihr dazu?
ELBOGEN.

Erstlich, mit Eu'r Gnaden Erlaubnis, ist es ein [231] respektierliches Haus; ferner ist dieser hier ein respektierlicher Kerl, und seine Wirtin ist ein respektierliches Weibsbild.

POMPEJUS.
Bei dieser Hand, Herr, Elbogens Frau ist eine so respektierliche Person, als einer von uns allen.
ELBOGEN.

Schlingel, du lügst, du lügst, gottloser Schlingel! Die Zeit soll noch kommen, wo sie je respektiert war mit Mann, Weib und Kind.

POMPEJUS.
Herr, sie war schon mit ihm respektiert, eh' er mit ihr verheiratet war.
ESCALUS.
Wer ist nun hier gescheiter? Die Gerechtigkeit oder die Ruchlosigkeit? Ist das wahr? –
ELBOGEN.

O du Lumpenkerl! O du Schlingel! O du menschenfresserischer Hannibal! Ich mit ihr respektiert vor unserer Heirat? Wenn ich mit ihr oder sie mit mir respektiert gewesen ist, so soll Eu'r Gnaden mich nicht für des armen Herzogs Diener halten. Beweise das, du gottloser Hannibal, sonst belange ich dich wegen tätlicher Mißhandlung! –

ESCALUS.

Wenn er Euch jetzt eine Maulschelle gäbe, so hättet Ihr noch obendrein eine Klage wegen anzüglicher Reden.

ELBOGEN.

Sapperment, ich danke Eu'r Gnaden. Was wäre Eu'r Gnaden Inklination, daß ich mit diesem gottlosen Lump anfangen soll?

ESCALUS.

Ich denke, Konstabel, weil er allerlei Bosheiten in sich trägt, die du gern herausbrächtest, wenn du könntest, so mag's mit ihm sein Bewenden haben, bis wir erfahren, worin sie bestehn.

ELBOGEN.

Sapperment, ich danke Eu'r Gnaden. Da siehst du nun, du gottloser Schlingel, wohin es mit dir gekommen ist; das Bewenden sollst du kriegen, das Bewenden! –

ESCALUS
zu Schaum.
Wo seid Ihr geboren, Freund?
SCHAUM.
Hier in Wien, gnädiger Herr.
ESCALUS.
Habt Ihr achtzig Pfund im Jahr?
SCHAUM.
Ja, wenn's Euer Gnaden gefällig ist.
ESCALUS.
So. – Was ist dein Gewerbe, Freund?
POMPEJUS.
Ein Bierzapfer, Herr; einer armen Witwe Zapfer.
ESCALUS.
Wie heißt Eure Wirtin?
[232] POMPEJUS.
Frau Überley.
ESCALUS.
Hat sie mehr als einen Mann gehabt?
POMPEJUS.
Neun, Herr; der letzte war Überley.
ESCALUS.

Neun! Kommt einmal her, Junker Schaum! Junker Schaum, ich dächte. Ihr ließt Euch nicht mit Zapfern ein: sie ziehn Euch nur aus, Junker Schaum, und Ihr bringt sie an den Galgen. Geht Eurer Wege, und laßt mich nichts mehr von Euch hören!

SCHAUM.

Ich danke Eurer Herrlichkeit. Ich für mein Teil bin auch nie in eine Schenkstube gekommen, daß ich's nicht recht anziehend gefunden hätte.

ESCALUS.
Schon gut, Junker Schaum; geht mit Gott!

Schaum ab.

Jetzt kommt Ihr einmal heran, Meister Bierzapfer; wie heißt Ihr, Meister Zapfer?
POMPEJUS.
Pompejus.
ESCALUS.
Wie weiter?
POMPEJUS.
Pumphose.
ESCALUS.

So! An Eurer Pumphose habt Ihr freilich etwas Großes, und so wäret Ihr, wo von Hosen die Rede ist, Pompejus der Große. – Pompejus, Ihr seid ein Stück von einem Kuppler, Pompejus, obgleich Ihr Euch hinter Euer Bierzapferamt verstecken wollt. Seid Ihr's nicht? Kommt, sagt mir die Wahrheit, es soll Euer Schade nicht sein.

POMPEJUS.
In Wahrheit, Herr, ich bin ein armer Junge, der gern leben will.
ESCALUS.

Wovon willst du leben, Pompejus? Vom Kuppeln? Was dünkt dich von diesem Gewerbe, Pompejus? Ist das ein gesetzlich erlaubtes Gewerbe?

POMPEJUS.
Wenn das Gesetz nichts dagegen hat, Herr –
ESCALUS.
Aber das Gesetz hat etwas dagegen, Pompejus, und wird in Wien immer etwas dagegen haben.
POMPEJUS.
Will denn Eure Herrlichkeit aus allen jungen Leuten in der Stadt Wallachen und Kapaunen machen?
ESCALUS.
Nein, Pompejus.
POMPEJUS.

Sieht Eur' Herrlichkeit, so werden sie nach meiner geringen Meinung nicht davon lassen. Wenn Eu'r Herrlichkeit [233] nur die lüderlichen Dirnen und losen Buben in Ordnung halten kann, so braucht sie die Kuppler gar nicht zu fürchten.

ESCALUS.

Es fängt auch jetzt ein hübsches Regiment an, kann ich dir sagen; es handelt sich nur um Köpfen und Hängen.

POMPEJUS.

Wenn Ihr nur zehn Jahre lang hinter einander alle die hängen und köpfen laßt, die sich in diesem Stücke vergehn, so könnt Ihr Euch bei Zeiten danach umsehn, woher Ihr mehr Köpfe verschreiben wollt. Wenn dies Gesetz zehn Jahre in Wien besteht, will ich im schönsten Hause das Stockwerk für sechs Dreier mieten; solltet Ihr's er leben, daß es so weit kommt, so sagt nur, Pompejus hab' es Euch vorausgesagt.

ESCALUS.

Dank, trefflicher Pompejus. Nun, um dir die Prophezeiung zu erwidern, so rat' ich dir, verstehst du, laß dich auf keiner neuen Klage betreffen, und ebensowenig in deiner jetzigen Wohnung; denn wenn das geschehn sollte, Pompejus, so werde ich dich in dein Zelt zurückschlagen und ein schlimmer Cäsar für dich werden: und, grade heraus zu sagen, Pompejus, ich werde dich peitschen lassen. So, für diesmal, Pompejus, gehab' dich wohl!

POMPEJUS.

Ich dank' Eu'r Herrlichkeit für Euern guten Rat; aber folgen werd' ich ihm, wie Fleisch und Schicksal es fügen. Mich peitschen? Peitschen laßt den Kärrner seine Mähre: Wer peitscht aus dem Beruf je einen Mann von Ehre? Ab.

ESCALUS.

Kommt einmal her, Meister Elbogen, kommt einmal her, Meister Konstabel. Wie lange ist es her, daß Ihr Eurem Amt als Konstabel vorsteht? –

ELBOGEN.
Sieben und ein halbes Jahr, gnädiger Herr.
ESCALUS.

Ich dachte mir's nach Eurer Fertigkeit im Amt, Ihr müßtet es schon eine Weile verwaltet haben. Sieben ganze Jahre, sagt Ihr?

ELBOGEN.
Und ein halbes.
ESCALUS.

Ach! Da hat es Euch viel Mühe gemacht. Es geschieht Euch Unrecht, daß man Euch so oft zum Dienst requiriert; sind denn nicht andre Leute in Euerm Kirchspiel, die imstande wären, ihn zu versehn?

[234] ELBOGEN.

Meiner Treu, gnädiger Herr, es sind wenige, die etwas Einsicht in solchen Dingen haben; wenn sie gewählt werden, sind sie immer froh, mich wieder statt ihrer zu wählen; ich tu's für ein Stück Geld und übernehme es so für sie alle.

ESCALUS.

Hört, schafft mir die Namen von sechs oder sieben Leuten, die die brauchbarsten in Euerm Kirchspiele sind.

ELBOGEN.
In Euer Herrlichkeit Haus, mein gnädiger Herr?
ESCALUS.
In mein Haus. Lebt wohl! Was ist wohl die Uhr?

Elbogen ab.
RICHTER.
Elf, gnädiger Herr.
ESCALUS.
Wollt Ihr so gut sein und mit mir essen?
RICHTER.
Ich danke Euch untertänig.
ESCALUS.
Es ist mir herzlich leid um Claudios Tod,
Doch seh' ich keinen Ausweg.
RICHTER.
Lord Angelo ist streng!
ESCALUS.
Das tut auch not;
Ihr seid nicht gnädig, zeigt sich immer Huld:
Verzeihung ist nur Mutter neuer Schuld.
Und doch, du armer Claudio! 's ist kein Ausweg! –

Kommt. Herr!

Gehn ab.
Zweite Szene
Ein andres Zimmer daselbst.

Es treten auf der Schließer und ein Diener.

DIENER.
Er hält noch ein Verhör, er kommt sogleich. Ich meld' Euch an.
SCHLIESSER.
Das tut.

Diener ab.

Ich frag' ihn nochmals,
Was er beschließt; vielleicht doch zeigt er Gnade.
Er hat ja nur als wie im Traum gesündigt.
Der Fehl färbt jede Sekt' und jedes Alter,
Und er drum sterben! –

Angelo tritt auf.
[235] ANGELO.
Nun, was wollt Ihr, Schließer?
SCHLIESSER.
Befehlt Ihr, Herr, daß Claudio morgen sterbe?
ANGELO.
Sagt' ich dir nicht schon ja? Befahl ich's nicht?
Was fragst du denn?
SCHLIESSER.
Aus Furcht, zu rasch zu sein;
Verzeiht, mein gnäd'ger Herr: ich weiß den Fall,
Daß nach vollzognem Urteil das Gericht
Bereute seinen Spruch.
ANGELO.
Mein sei die Sorge! –

Tut Eure Pflicht, sonst sucht ein ander Amt,
Man wird Euch leicht entbehren.
SCHLIESSER.
Herr, verzeiht!
Was soll mit Julien, die schon leidet, werden?
Denn ihre Stunde rückt heran.
ANGELO.
Die schafft mir
In ein bequem'res Haus, und das sogleich!

Diener kommt zurück.
DIENER.
Hier ist die Schwester des zum Tod Verdammten,
Die Euch zu sprechen wünscht.
ANGELO.
Hat er 'ne Schwester?
SCHLIESSER.
Ja, gnäd'ger Herr; ein tugendhaftes Fräulein,
Die bald nun eintritt in die Schwesterschaft,
Wenn's nicht bereits geschehn.
ANGELO.
Führt sie herein;

Diener ab.

Und die Geschwächte schafft sogleich hinweg;
Reicht ihr notdürft'ge Kost, nicht Überfluß!
Ausfert'gen lass' ich den Befehl.

Lucio und Isabella treten auf.
SCHLIESSER.
Gott schütz' Euch!

Will abgehn.
ANGELO.
Bleibt noch! –

Zu Isabella.

Ihr seid willkommen; was begehrt Ihr?
ISABELLA.
Von Gram erfüllt, möcht' ich Eu'r Gnaden flehn,
Wenn Ihr mich hören wollt –
ANGELO.
Wohlan! Was wünscht Ihr?
[236] ISABELLA.
Es gibt ein Laster, mir verhaßt vor allen,
Dem ich vor allen harte Strafe wünsche;
Fürbitten möcht' ich nicht, allein ich muß –

Fürbitten darf ich nicht, allein mich drängt
Ein Kampf von Wollen und Nichtwollen.
ANGELO.
Weiter!
ISABELLA.
Mein Bruder ward verdammt, den Tod zu leiden;
Ich fleh' Euch an, laßt seine Sünde tilgen,
Den Bruder nicht!
SCHLIESSER.
Gott schenk' dir Kraft, zu rühren!
ANGELO.
Ich soll die Schuld verdammen, nicht den Täter?
Verdammt ist jede Schuld schon vor der Tat.
Mein Amt zerfiele ja in wahres Nichts,
Straft' ich die Schuld, wie das Gesetz begehrt,
Und ließe frei den Täter.
ISABELLA.
O gerecht, doch streng! –

So hatt' ich einen Bruder. Gott beschirm' Euch!

Will gehn.
LUCIO
zu Isabella.
Gebt's so nicht auf! Noch einmal dran, und bittet;
Kniet vor ihm nieder, hängt an seinem Mantel!
Ihr seid zu kalt; verlangtet Ihr 'ne Nadel,
Ihr könntet nicht mit zahmrer Zunge bitten. –

Noch einmal zu ihm, frisch! –
ISABELLA.
So muß er sterben? –
ANGELO.
Jungfrau, 's ist keine Rettung.
ISABELLA.
O ja! Ich denk'. Ihr könntet ihm verzeihn,
Und weder Gott noch Menschen zürnten Euch.
ANGELO.
Ich will's nicht tun.
ISABELLA.
Doch könnt Ihr's, wenn Ihr wollt?
ANGELO.
Was ich nicht will, das kann ich auch nicht tun.
ISABELLA.
Doch könntet Ihr's ohn' Unrecht an der Welt,
Wenn Euer Herz die gleiche Rührung fühlte
Wie meins?
ANGELO.
Er ward verurteilt, 's ist zu spät.
LUCIO
zu Isabella.
Ihr seid zu kalt!
ISABELLA.
Zu spät? O nein doch! Mein gesprochnes Wort,
Ich kann es widerrufen! Seid gewiß,
Kein Attribut das Mächtige verherrlicht,
Nicht Königskrone, Schwert des Reichsverwesers,
[237]
Des Marschalls Stab, des Richters Amtsgewand,
Keins schmückt sie alle halb mit solchem Glanz,
Als Gnade tut. War er an Eurer Stelle,
An seiner Ihr, Ihr straucheltet gleich ihm;
Doch er im Amt wär' nicht so strengen Sinns! –
ANGELO.
Ich bitt' Euch, geht!
ISABELLA.
O güt'ger Gott, hätt' ich nur Eure Macht,
Und Ihr wär't Isabella! Ständ' es so,
Dann zeigt' ich, was es heißt, ein Richter sein,
Was ein Gefangner.
LUCIO
leise.
Das ist die rechte Weise! –
ANGELO.
Eu'r Bruder ist verfallen dem Gesetz,
Und Ihr verschwendet Eure Worte.
ISABELLA.
Weh mir!
Ach! Alle Seelen waren einst verfallen,
Und Er, dem Fug und Macht zur Strafe war,
Fand noch Vermittlung. Wie erging' es Euch,
Wollt' Er, das allerhöchste Recht, Euch richten
So, wie Ihr seid? Oh, das erwäget, Herr,
Und Gnade wird entschweben Euren Lippen
Mit Kindes Unschuld.
ANGELO.
Faßt Euch, schönes Mädchen;
Denn das Gesetz, nicht ich, straft Euern Bruder.
Wär' er mein Vetter, Bruder, ja mein Sohn,
Es ging' ihm so: sein Haupt wird morgen fallen.
ISABELLA.
Schon morgen! Das ist schnell! O schont ihn, schont ihn,
Er ist noch nicht bereit. Wir schlachten ja
Geflügel nur, wenn's Zeit ist; dienten wir
Gott selbst mit mindrer Achtung, als wir sorgen
Für unser grobes Ich? Denkt, güt'ger, güt'ger Herr,
Wer büßte schon für dies Vergehn mit Tod?
So manche doch begingen's! –
LUCIO
leise.
So ist's recht.
ANGELO.
Nicht tot war das Gesetz, obwohl es schlief.
Die vielen hätten nicht gewagt den Frevel,
Wenn nur der erste, der die Vorschrift brach,
Für seine Tat gebüßt. Nun ist's erwacht,
Forscht, was verübt ward, und Propheten gleich
[238]
Sieht es im Spiegel, was für künft'ge Sünden
(Ob jetzt schon, ob durch Nachsicht neu erzeugt,
Und ferner ausgebrütet und geboren)
Hinfort sich stufenweis' nicht mehr entwickeln,
Nein, sterben im Entstehn.
ISABELLA.
Zeigt dennoch Mitleid! –
ANGELO.
Das tu' ich nur, zeig' ich Gerechtigkeit.
Denn dann erbarmen mich, die ich nicht kenne,
Die jetz'ge Nachsicht einst verwunden möchte;
Und ihm wird Recht, der, ein Verbrechen büßend,
Nicht lebt, ein zweites zu begehn. Dies g'nüge; –

Claudio muß morgen sterben; – seid zufrieden!
ISABELLA.
So muß zuerst von Euch solch Urteil kommen,
Und er zuerst es dulden? Ach, 's ist groß,
Des Riesen Kraft besitzen; doch tyrannisch,
Dem Riesen gleich sie brauchen.
LUCIO
leise.
Ha, vortrefflich! –
ISABELLA.
Könnten die Großen donnern
Wie Jupiter, sie machten taub den Gott:
Denn jeder winz'ge, kleinste Richter brauchte
Zum Donnern Jovis Äther; – nichts als Donnern!
O gnadenreicher Himmel!
Du mit dem zack'gen Felsenkeile spaltest
Den unzerkeilbar knot'gen Eichenstamm,
Nicht zarte Myrten: doch der Mensch, der stolze Mensch,
In kleine, kurze Majestät gekleidet,
Vergessend, was am mind'sten zu bezweifeln,
Sein gläsern Element, – wie zorn'ge Affen,
Spielt solchen Wahnsinn gaukelnd vor dem Himmel,
Daß Engel weinen, die, gelaunt wie wir,
Sich alle sterblich lachen würden. –
LUCIO.
Nur weiter, weiter, Kind; er gibt schon nach;
Es wirkt, ich seh' es.
SCHLIESSER.
Geb' ihr Gott Gelingen! –
ISABELLA.
Miß nicht den Nächsten nach dem eignen Maß:
Ihr Starken scherzt mit Heil'gen. Witz an euch
Ist, was am Kleinen nur Entweihung wär'.
LUCIO.
Das ist die rechte Weise; immer mehr! –
[239] ISABELLA.
Was in des Feldherrn Mund ein zornig Wort,
Wird beim Soldaten Gotteslästerung.
LUCIO.
Wo nimmst du das nur her? Fahr' fort! –
ANGELO.
Was überhäufst du mich mit all den Sprüchen? –
ISABELLA.
Weil Hoheit, wenn sie auch wie andre irrt,
Doch eine Art von Heilkraft in sich trägt,
Die Fehl' und Wunden schließt. Fragt Euer Herz,
Klopft an die eigne Brust, ob nichts drin wohnt,
Das meines Bruders Fehltritt gleicht: bekennt sie
Menschliche Schwachheit, wie die seine war,
So steig' aus ihr kein Laut auf Eure Zunge
Zu Claudias Tod.
ANGELO.
Sie spricht so tiefen Sinns,
Daß Sinn und Geist ihr folgen. – Lebt nun wohl! –
ISABELLA.
O teurer Herr, kehrt um! –
ANGELO.
Ich überleg' es noch. Kommt morgen wieder! –
ISABELLA.
Hört, wie ich Euch bestechen will! Kehrt um,
Mein güt'ger Herr!
ANGELO.
Wie! Mich bestechen?
ISABELLA.
Ja, mit solchen Gaben,
Wie sie der Himmel mit Euch teilt! –
LUCIO.
Gut, sonst verdarbst du alles! –
ISABELLA.
Nicht eitle Seckel voll geprägten Goldes,
Noch Steine, deren Wert bald reich, bald arm,
Nachdem die Laun' es schätzt: nein, fromm Gebet,
Das auf zum Himmel steigt und zu ihm dringt
Vor Sonnenaufgang; Bitten reiner Seelen,
Fastender Jungfrau'n, deren Herz nicht hängt
An dieser Zeitlichkeit.
ANGELO.
Gut, morgen kommt
Zu mir!
LUCIO.
Jetzt geht nur; es gelingt Euch. – Kommt! –
ISABELLA.
Der Himmel schütz' Eu'r Gnaden! –
ANGELO
für sich.
Amen! Denn
Ich bin schon auf dem Wege der Versuchung,
Der die Gebete kreuzt.
ISABELLA.
Um welche Stunde morgen
Wart' ich Eu'r Gnaden auf?
[240] ANGELO.
Zu jeder Zeit vor Mittag.
ISABELLA.
Gott beschütz' Euch!

Lucio, Isabella und Schließer gehn ab.
ANGELO.
Vor dir! Vor deiner Tugend selbst! –

Was ist dies? Was? Ist's ihre Schuld, ist's meine?
Wer sündigt mehr? Ist's die Versucherin,
Ist's der Versucher? Ha!
Nicht sie, nein, sie versucht auch nicht! Ich bin's,
Der bei dem Veilchen liegt im Sonnenschein
Und gleich dem Aase, nicht der Blume gleich,
Verwest in der balsam'schen Luft. Ist's möglich,
Daß Sittsamkeit mehr unsern Sinn empört
Als Leichtsinn? Da uns wüster Raum nicht fehlt,
Soll man die heil'gen Tempel niederreißen,
Den Frevel dort zu baun? O pfui, pfui, pfui! –

Was tust du! Ha, was bist du, Angelo!
Du wünschest sie verderbt, um eben das,
Was sie erhebt? Oh, laß den Bruder leben! –

Es hat der Dieb ein freies Recht zum Raub,
Wenn erst der Richter stiehlt. Was! Lieb' ich sie,
Daß mich's verlangt, sie wieder reden hören,
An ihrem Blick mich weiden ... Wovon träum' ich?
O list'ger Erbfeind! Heil'ge dir zu fangen,
Köderst du sie mit Heil'gen: höchst gefährlich
Ist die Versuchung, die durch Tugendliebe
Zur Sünde reizt. Nie konnte feile Wollust
Mit ihrer Doppelmacht, Natur und Kunst,
Mich je verlocken: doch dies fromme Mädchen
Besiegt mich ganz. Bis heut begriff ich nie
Die Liebestorheit, fragte lachend, wie? –

Ab.
Dritte Szene
Zimmer im Gefängnis.

Es treten auf der Herzog als Mönch gekleidet und der Schließer.

HERZOG.
Heil Euch, Freund Schließer! Denn das seid Ihr, denk' ich.
SCHLIESSER.
Der Schließer bin ich; was begehrt Ihr, Pater?
[241] HERZOG.
Nach Christenlieb' und meiner heil'gen Regel
Komm' ich mit Zuspruch zu den armen Seelen
In diesem Kerker. Laßt, so wie's der Brauch,
Sie dort mich sehn, und nennet mir den Grund
Von ihrer Haft, daß ich, wie sich's geziemt,
Mein Amt verwalten mag.
SCHLIESSER.
Gern tat' ich mehr, wenn Ihr noch mehr bedürft.

Julia kommt.

Blickt auf, dort kommt ein Fräulein, hier verhaftet,
Die durch den Sturm der eignen Jugend fiel
Und ihren Ruf befleckt. Sie trägt ein Kind,
Des Vater sterben muß: ein junger Mann,
Geeigneter, den Fehl zu wiederholen,
Als drum zu sterben.
HERZOG.
Wann soll er sterben?
SCHLIESSER.
Morgen, wie ich glaube.

Zu Julia.

Ich traf schon Anstalt; wartet noch ein wenig,
Dann führt man Euch von hier.
HERZOG.
Bereust du, Kind, was du gesündigt hast? –
JULIA.
Ich tu's, und trage meine Schmach geduldig.
HERZOG.
Ich lehr' Euch, wie Ihr Eu'r Gewissen prüft
Und Eure Reu' erforscht, ob sie aufrichtig,
Ob hohl im Innern.
JULIA.
Freudig will ich's lernen.
HERZOG.
Liebt Ihr den Mann, der Euch ins Unglück stürzte?
JULIA.
Ja, wie das Weib, das ihn ins Unglück stürzte.
HERZOG.
So seh' ich denn, daß beide ihr gesündigt
Im Einverständnis?
JULIA.
Ja, im Einverständnis.
HERZOG.
Dann ist Euer Unrecht schwerer noch als seins.
JULIA.
Ja, das bekenn' ich, Vater, und bereu' es.
HERZOG.
Recht, liebes Kind: nur darum nicht bereu' es,
Weil dich die Sünd' in diese Schmach geführt;
Solch Leid sieht auf sich selbst, nicht auf den Himmel,
Und zeigt, des Himmels denkt man nicht aus Liebe,
Nein, nur aus Furcht.
JULIA.
Ich fühle Reu', weil es ein Unrecht war,
Und trage gern die Schmach.
[242] HERZOG.
Beharrt dabei!
Eu'r Schuldgenoß muß morgen, hör' ich, sterben:
Ich geh' zu ihm und spend' ihm Trost und Rat. –

Gnade geleit' Euch! Benedicite! –

Geht ab.
JULIA.
Muß morgen sterben! O grausame Milde,
Die mir mein Leben schont, das immerdar
Nur Grau'n des Todes beut statt Trost!
SCHLIESSER.
's ist schad' um ihn! –

Gehn ab.
Vierte Szene
Zimmer in Angelos Hause.

Angelo tritt auf.

ANGELO.
Bet' ich und denk' ich, geht Gedank' und Beten
Verschiednen Weg. Gott hat mein hohles Wort,
Indes mein Dichten, nicht die Zunge hörend,
An Isabellen ankert. Gott im Munde –

Als prägten nur die Lippen seinen Namen;
Im Herzen wohnt die giftig schwell'nde Sünde
Des bösen Trachtens. – Der Staat, mein Studium einst,
Ist wie ein gutes Buch, zu oft gelesen,
Schal und verhaßt: ja selbst mein Tugendruhm,
Der sonst – o hör' es niemand! – all mein Stolz,
Ich gäb' ihn für ein Federchen mit Freuden,
Das müßig spielt im Wind. O Rang! O Würde!
Wie oft durch äußre Schal' und Form erzwingst du
Ehrfurcht von Toren; lockst die Bessern selbst
Durch falschen Schein! – Blut, du behältst dein Recht;
Schreibt »guter Engel!« auf des Teufels Hörner,
So sind sie nicht sein Zeichen mehr.

Ein Diener kommt.

Was gibt's?
DIENER.
Eine Nonn' ist draußen, Isabella heißt sie,
Die Zutritt wünscht.
ANGELO.
Führt sie zu mir herein!

Diener geht.

[243]
O Himmel!
Wie sich mein Blut im Sturm zum Herzen drängt,
Dort alle Kraft und Regsamkeit erstickend,
Und allen meinen andern Gliedern raubend
Den nöt'gen Geist! –

So zum Ohnmächt'gen drängt die tör'ge Menge,
Bereit zu helfen, und entzieht die Luft,
Die ihn beleben sollte: eben so
Der Volksdrang, zeigt sich ein geliebter König,
Läuft vom Gewerb' und schwärmt in läst'gem Eifer
Um seine Gegenwart, wo ungezogne Liebe
Beleid'gung scheinen muß.

Isabella tritt auf.

Nun, schöne Jungfrau?
ISABELLA.
Ich kam, zu hören, was Euch wohl gefällig.
ANGELO.
Viel mehr gefiele mir, wenn du es wüßtest,
Als daß du mich drum fragst. – Dein Bruder kann nicht leben! –
ISABELLA.
Das war's? – Gott schütz' Euch, Herr!

Will gehn.
ANGELO.
Zwar könnt' er wohl noch leben, und vielleicht
So lang' als Ihr und ich; doch muß er sterben.
ISABELLA.
Durch Euer Urteil?
ANGELO.
Ja.
ISABELLA.
Ich bitt' Euch: Wann? – Damit in seiner Frist –

Lang oder kurz – er sich bereiten mag,
Daß er nicht Schaden nehm' an seiner Seele! –
ANGELO.
Ha! Pfui dem schnöden Fehl! Mit gleichem Recht
Verzieh' ich dem, der aus der Welt entwandt
Ein schon geformtes Wesen, als willfahrt' ich
Unreiner Lust, des Himmels Bild zu prägen
Mit unerlaubtem Stempel. Ganz so leicht,
Ein echt geschaffnes Leben falsch vernichten,
Als Saat zu streuen wider das Gebot,
Ein falsches zu erzeugen.
ISABELLA.
So steht's im Himmel fest, doch nicht auf Erden.
ANGELO.
Ah, meinst du? Dann bist du mir schnell gefangen!
Was wählst du jetzt? Daß höchst gerechtem Spruch
[244]
Dein Bruder fällt; wo nicht, ihn zu erlösen,
Du selbst den Leib so süßer Schmach dahingäbst,
Als sie, die er entehrt?
ISABELLA.
Herr, glaubt es mir,
Eh' geb' ich meinen Leib hin als die Seele.
ANGELO.
Nicht sprech' ich von der Seel'. Erzwungne Sünden,
Sie werden nur gezählt, nicht angerechnet.
ISABELLA.
Wie meint Ihr, Herr? –
ANGELO.
Nun, nicht verbürg' ich das; denn ich darf sprechen
Auch gegen meine Worte. Doch erwäge:
Ich, jetzt der Mund des anerkannten Rechts,
Fälle das Todesurteil deinem Bruder:
Wär' etwa nicht Erbarmung in der Sünde,
Die ihn befreite?
ISABELLA.
So begeht sie denn,
Ich nehm' auf meine Seele die Gefahr.
Durchaus nicht Sünde wär' es, nur Erbarmung! –
ANGELO.
Begingt Ihr sie und nähmt auf Euch die Tat,
Gleich schwer dann wögen Sünde wie Erbarmung.
ISABELLA.
Wenn ich sein Leben bitt', ist Sünde das,
Die laß mich tragen! Gott! Gewährt Ihr es,
Ist Sünde das, – dann sei's mein Frühgebet,
Daß sie zu meinem Unrecht sei gezählt
Und Ihr sie nicht vertretet.
ANGELO.
Nein doch, hört mich: –

Dein Sinn erfaßt mich nicht, sprichst du's in Einfalt?
Stellst du dich listig so? Das ist nicht gut! –
ISABELLA.
Sei ich einfältig dann und gut in nichts,
Als daß ich fromm erkenn', ich sei nicht besser.
ANGELO.
So strebt die Weisheit nur nach hellstem Glanz,
Setzt sie sich selbst herab, wie schwarze Masken
Verdeckte Schönheit zehnmal mehr erheben,
Als Reiz, zur Schau getragen. Doch merkt auf;
Daß Ihr mich ganz begreift, red' ich bestimmter: –

Eu'r Bruder kann nicht leben.
ISABELLA.
Wohl! –
ANGELO.
Und sein Vergehn ist so, daß offenbar
Nach dem Gesetz ihn diese Strafe trifft.
[245] ISABELLA.
Wahr! –
ANGELO.
Nehmt an, kein Mittel gäb's, ihn zu erretten –

(Zwar nicht verbürg' ich dieses, noch ein andres,
Und setze nur den Fall) – Ihr, seine Schwester,
Würdet begehrt von einem Mächtigen,
Des hoher Rang und Einfluß auf den Richter
Den Bruder könnt' erlösen aus den Fesseln
Allbindender Gesetze; und es gäbe
Den einz'gen Ausweg nur, ihn zu befrein,
Daß Ihr den Reichtum Eurer Schönheit schenktet
Dem Mächtigen, – wo nicht, – stürb' Euer Bruder: –

Was tätet Ihr? –
ISABELLA.
So viel für meinen Bruder als für mich;
Das heißt: wär' über mich der Tod verhängt,
Der Geißel Striemen trüg' ich als Rubinen,
Und zög' mich aus zum Tode, wie zum Schlaf,
Den ich mir längst ersehnt, eh' ich den Leib
Der Schmach hingäbe.
ANGELO.
Dann müßt' Euer Bruder sterben.
ISABELLA.
Und besser wär's gewiß.
Viel lieber mag ein Bruder einmal sterben,
Als daß die Schwester, um ihn frei zu kaufen,
Auf ewig sterben sollte.
ANGELO.
Wär't Ihr dann nicht so grausam, als der Spruch,
Auf den Ihr so geschmäht? –
ISABELLA.
Die Schand' im Loskauf und ein frei Verzeihr
Sind nicht Geschwister: des Gesetzes Gnade
War nie verwandt mit schmählichem Erkauf!
ANGELO.
Noch eben schien das Recht Euch ein Tyrann,
Und Eures Bruders Fehltritt dünkt' Euch mehr
Ein Scherz als ein Verbrechen.
ISABELLA.
O gnäd'ger Herr, verzeiht! Oft ist der Fall,
Zu haben, was man wünscht, spricht man nicht, wie man's meint.
So mocht' ich das Verhaßte wohl entschuld'gen
Zum Vorteil dessen, der mir teuer ist.
ANGELO.
Schwach sind wir alle.
ISABELLA.
Sonst möcht' er immer sterben,
[246]
Wenn kein Vasall als er allein der Schwachheit –

Oh, wir sind alle der Versuchung Erben! –
ANGELO.
Nun, auch das Weib ist schwach! –
ISABELLA.
Ja, wie der Spiegel, drin sie sich beschaut,
So leicht zerbricht, als er Gestalten prägt.
Das Weib! Hilf Gott! Der Mann entweiht ihr Edles,
Wenn er's mißbraucht. Nennt mich denn zehnmal schwach,
Denn wir sind sanft, wie unsre Bildung ist,
Nachgiebig falschem Eindruck.
ANGELO.
Ja, so ist's:
Und auf Eu'r eignes Zeugnis Eurer Schwäche
(Denn auch wir Männer, mein' ich, sind nicht stärker,
Als daß uns Fehler schütteln) dreist nun sprech' ich:
Ich halte dich beim Wort: sei, was du bist,
Ein Weib; willst mehr du sein, so bist du keins;
Und bist du eins (wie all dein äußrer Reiz
So holde Bürgschaft gibt), so zeig' es jetzt,
Und kleide dich in die bestimmte Farbe!
ISABELLA.
Ich hab' nur eine Zunge: teurer Herr,
Ich fleh' Euch an, sprecht Eure vor'ge Sprache!
ANGELO.
Ich sag' es frei und klar, ich liebe dich.
ISABELLA.
Mein Bruder liebte Julien, und Ihr sagt,
Er müsse dafür sterben.
ANGELO.
Liebst du mich, Isabella, soll er nicht.
ISABELLA.
Ich weiß es, Eurer Würde ward dies Vorrecht,
Sie scheint ein wenig schlimmer, als sie ist,
Und prüft uns andre.
ANGELO.
Glaub', auf meine Ehre,
Mein Wort spricht meinen Vorsatz.
ISABELLA.
O kleine Ehre, so viel ihr zu glauben!
Und Gott verhaßter Vorsatz! Schein, o Schein! –

Ich werde dich verkünden, sieh dich vor:
Gleich unterzeichne mir des Bruders Gnade,
Sonst ruf ich's aller Welt mit lautem Schrei,
Was für ein Mann du bist.
ANGELO.
Wer glaubt dir's, Isabella?
Mein unbefleckter Ruf, des Lebens Strenge,
Mein Zeugnis gegen dich, mein Rang im Staat
[247]
Wird dein Beschuld'gen überbieten,
Daß du ersticken wirst am eignen Wort,
Und nach Verleumdung schmecken. Ich begann;
Und nun, entzügelt, nehmt den Lauf, ihr Sinne:
Ergib dich meiner glühenden Begier,
Weg sprödes Weigern, zögerndes Erröten,
Das abweist, was es wünscht; kauf' deinen Bruder,
Indem du meinem Willen dich ergibst;
Sonst muß er nicht allein des Todes sterben,
Ja, deine Härte soll den Tod ihm dehnen
Durch lange Martern. Antwort gib mir morgen;
Denn, bei der Leidenschaft, die mich beherrscht,
Ich werd' ihm ein Tyrann! Und dir sei klar,
Sprich, was du kannst; mein Falsch besiegt dein Wahr.

Geht ab.
ISABELLA.
Wem sollt' ich's klagen? Wem ich dies erzählte,
Wer glaubte mir's? O gleisnerischer Mund,
Der mit der einen und derselben Zunge
Verdammnis spricht und Billigung zugleich!
Der das Gesetz nach Willkür schweigen heißt,
Und krümmt nach seinen Lüsten Recht und Unrecht,
Sich ihm zu schmiegen! Hin zum Bruder eil' ich,
Und fiel er auch durch allzu heißes Blut,
Doch lebt in ihm so großer Geist der Ehre,
Daß, hätt' er zwanzig Häupter hinzustrecken
Auf zwanzig blut'ge Blöck', er böte sie,
Eh' seine Schwester ihren Leib entheiligt
In so abscheulicher Entweihung.
Ja, Claudio, stirb: ich bleibe keusch und rein;
Mehr als ein Bruder muß mir Keuschheit sein.
Ich sag' ihm noch, was Angelo beschieden,
Dann geh' er durch den Tod zum ew'gen Frieden.

Geht ab.
[248]

Dritter Aufzug

Erste Szene
Im Gefängnis.

Es treten auf der Herzog, Claudio und der Schließer.

HERZOG.
So hofft Ihr Gnade von Lord Angelo?
CLAUDIO.
Im Elend bleibt kein andres Heilungsmittel,
Als Hoffnung nur:
Ich hoffe Leben, bin gefaßt auf Tod.
HERZOG.
Sei's unbedingt auf Tod! Tod so wie Leben
Wird dadurch süßer. Sprich zum Leben so:
Verlier' ich dich, so geb' ich hin, was nur
Ein Tor festhielte. Sprich: du bist ein Hauch,
Abhängig jedem Wechsel in der Luft,
Der diese Wohnung, die dir angewiesen,
Stündlich bedroht; du bist nur Narr des Todes,
Denn durch die Flucht strebst du ihm zu entgehn,
Und rennst ihm ewig zu. Du bist nicht edel;
Denn alles Angenehme, das dich freut,
Erwuchs aus Niederm. Tapfer bist du nicht;
Du fürchtest ja die zartgespaltne Zunge
Des armen Wurms: – dein bestes Ruh'n ist Schlaf,
Den rufst du oft, und zitterst vor dem Tod,
Der doch nichts weiter. Du bist nicht du selbst;
Denn du bestehst durch Tausende von Körnern,
Aus Staub entsprossen. Glücklich bist du nicht:
Was du nicht hast, dem jagst du ewig nach,
Vergessend, was du hast. Du bist nicht stetig,
Denn dein Befinden wechselt seltsam launisch
Mit jedem Mond. Reich, bist du dennoch arm;
Dem Esel gleich, der unter Gold sich krümmt,
[249]
Trägst du den schweren Schatz nur einen Tag,
Und Tod entlastet dich. Freunde hast du keine;
Denn selbst dein Blut, das Vater dich begrüßt,
Die Wirkung deiner eignen innern Kraft,
Flucht deiner Gicht, dem Aussatz und der Lähmung,
Daß sie nicht schneller mit dir enden.
Du hast zu eigen Jugend nicht noch Alter,
Nein, gleichsam nur 'nen Schlaf am Nachmittag,
Der beides träumt; denn all dein Jugendglanz
Lebt wie bejahrt und fleht vom welken Alter
Die Zehrung sich: und bist du alt und reich,
Hast du nicht Glut noch Triebe, Mark noch Schönheit,
Der Güter froh zu sein. Was bleibt nun noch,
Das man ein Leben nennt? Und dennoch birgt
Dies Leben tausend Tode; dennoch scheu'n wir
Den Tod, der all die Widersprüche löst.
CLAUDIO.
Habt Dank, mein Vater!
Ich seh', nach Leben strebend, such' ich Sterben,
Tod suchend, find' ich Leben. Nun, er komme! –

Isabella kommt.
ISABELLA.
Macht auf! Heil sei mit euch, und Gnad' und Frieden!
SCHLIESSER.
Wer da? Herein! Der Wunsch verdient Willkommen!
HERZOG.
Bald, lieber Sohn, werd' ich Euch wiedersehn.
CLAUDIO.
Ehrwürd'ger Herr, ich dank' Euch.
ISABELLA.
Ich wünsche nur ein kurzes Wort mit Claudio.
SCHLIESSER.
Von Herzen gern; Herr, Eure Schwester ist's.
HERZOG
beiseit.
Schließer, ein Wort mit Euch!
SCHLIESSER.
So viel Ihr wollt.
HERZOG.
Verbergt mich, Freund, wo ich sie sprechen höre'

Der Herzog und der Schließer ab.
CLAUDIO.
Nun, Schwester, was für Trost? –
ISABELLA.
Nun ja, wie aller Trost ist; gut, sehr gut! –

Lord Angelo hat ein Geschäft im Himmel
Und sucht dich aus als schnellen Abgesandten,
Wo du ihm bleibst als ew'ger Stellvertreter.
[250]
Drum schick' dich an zur Wand'rung ungesäumt;
Auf morgen reisest du.
CLAUDIO.
Ist denn kein Mittel?
ISABBLLA.
Nein; nur ein Mittel, das, ein Haupt zu retten,
Zerspalten würd' ein Herz.
CLAUDIO.
So gibt es eins? –
ISABELLA.
Ja, Bruder, du kannst leben. –

In diesem Richter wohnt ein teuflisch Mitleid:
Willst du dies anflehn, wird dein Leben frei,
Dich aber fesselt er bis in dein Grab.
CLAUDIO.
Wie! Ew'ge Haft?
ISABELLA.
Ja, nenn' es ew'ge Haft; es wär' ein Zwang,
Der, stünd' auch offen dir der weite Weltraum,
Dich bänd' an eine Qual.
CLAUDIO.
Von welcher Art?
ISABBLLA.
Von solcher Art, daß, wenn du eingewilligt,
Du schältest ab die Ehre deinem Stamm
Und bliebest nackt.
CLAUDIO.
Laß mich die Sache wissen!
ISABELLA.
O Claudio, ich fürchte dich und zittre,
Du möcht'st ein fiebernd Leben dehnen wollen;
Sechs oder sieben Winter teurer achten
Als ew'ge Ehre. Hast du Mut zum Tod? –

Des Todes Schmerz liegt in der Vorstellung;
Der arme Käfer, den dein Fuß zertritt,
Fühlt körperlich ein Leiden, ganz so groß,
Als wenn ein Riese stirbt.
CLAUDIO.
Weshalb beschämst du mich?
Meinst du, ich suche mir entschloßnen Mut
Aus zartem Blumenschmelz? Nein, muß ich sterben,
Grüß' ich die Finsternis als meine Braut
Und drücke sie ans Herz!
ISABELLA.
Das sprach mein Bruder:
Das war wie eine Stimme
Aus meines Vaters Grab. Ja, du mußt sterben! –

Du bist zu groß, ein Leben zu erkaufen
Durch niedre Schmach! – Der außenheil'ge Richter –

Des finstre Stirn und tiefbedachtes Wort
[251]
Die Jugend ängstigt und die Torheit scheucht,
So wie der Falk die Taub' – ist doch ein Teufel:
Sein innrer Schlamm hinweggeschöpft, erschien' er
Ein Pfuhl, tief wie die Hölle.
CLAUDIO.
Der fromme Angelo?
ISABELLA.
Das ist die list'ge Ausstattung der Hölle.
Den frechsten Schalk verkleidend einzuhüllen
In fromme Tracht. Glaubst du wohl, Claudio,
Wenn ich ihm meine Unschuld opfern wollte,
Du würdest frei?
CLAUDIO.
O Himmel! Ist es möglich?
ISABELLA.
Ja, er vergönnte dir's, für solche Sünde
Noch mehr hinfort zu sünd'gen. Diese Nacht
Soll das geschehn, was ich mit Abscheu nenne,
Sonst stirbst du morgen.
CLAUDIO.
Das sollst du nie!
ISABELLA.
O wär' es nur mein Leben,
Ich würf' es leicht für deine Freiheit hin
Wie eine Nadel!
CLAUDIO.
Dank dir, teure Schwester!
ISABELLA.
Bereite dich auf morgen denn zum Tod! –
CLAUDIO.
Ja. – Fühlt auch er Begierden,
Für die er das Gesetz mit Füßen tritt,
Indem er's schärfen will? Dann ist's nicht Sünde,
Die kleinste mind'stens von den Todessünden! –
ISABELLA.
Welch' ist die kleinste?
CLAUDIO.
Wär' sie verdammlich: ein so weiser Mann,
Wie könnt' er eines Augenblicks Genuß
Mit Ewigkeiten büßen? Isabella! ...
ISABELLA.
Was sagt mein Bruder?
CLAUDIO.
Sterben ist entsetzlich!
ISABELLA.
Und leben ohne Ehre hassenswert!
CLAUDIO.
Ja! Aber sterben! Gehn, wer weiß, wohin,
Da liegen, kalt, eng eingesperrt, und faulen;
Dies lebenswarme, fühlende Bewegen
Verschrumpft zum Kloß; und der entzückte Geist
Getaucht in Feuerfluten, oder schaudernd
Umstarrt von Wüsten ew'ger Eisesmassen;
[252]
Gekerkert sein in unsichtbare Stürme,
Und mit rastloser Wut gejagt rings um
Die schwebende Erd'; oder Schlimmres werden
Als selbst das Schlimmste,
Was Phantasie wild schwärmend, zügellos,
Heulend erfindet: das ist zu entsetzlich! –

Das schwerste, jammervollste ird'sche Leben.
Das Alter, Meineid, Schmerz, Gefangenschaft
Dem Menschen auflegt, – ist ein Paradies
Gegen das, was wir vom Tode fürchten!
ISABELLA.
Ach! –
CLAUDIO.
O Liebste, laß mich leben! –

Was du auch tust, den Bruder dir zu retten,
Natur tilgt diese Sünde so hinweg,
Daß sie zur Tugend wird.
ISABELLA.
O Tier!
O feige Memm'! o treulos Ehrvergeßner,
Soll meine Sünde dich zum Mann erschaffen? –

Ist's nicht blutschänd'risch, Leben zu empfahn
Durch deiner Schwester Schmach? Was muß ich glauben?
Hilf Gott! War meine Mutter falsch dem Vater?
Denn solch entartet wildes Unkraut sproß
Niemals aus seinem Blute. Dir entsag' ich,
Stirb, fahre hin! Wenn auch mein Fußfall nur
Dein Schicksal wenden möcht', ich ließ' es walten:
Ich bete tausendmal für deinen Tod,
Kein Wort zur Rettung.
CLAUDIO.
Schwester, hör' mich an!
ISABELLA.
O pfui, pfui, pfui! –

Dein Sünd'gen war kein Fall, war schon Gewerbe,
Und Gnade würd' an dir zur Kupplerin:
Am besten stirbst du gleich.

Will abgehn.
CLAUDIO.
O hör' mich, Schwester! –

Der Herzog kommt zurück.
HERZOG.
Vergönnt ein Wort, junge Schwester, nur ein einziges Wort!
ISABELLA.
Was ist Euer Wunsch?
[253] HERZOG.

Wenn Eure Zeit es zuließe, hätte ich gern eine kurze Unterredung mit Euch; diese Gewährung meiner Bitte würde zugleich zu Euerm Frommen sein.

ISABELLA.

Ich habe keine überflüssige Zeit; mein Verweilen muß ich anderen Geschäften stehlen; doch will ich noch etwas verweilen.

HERZOG
beiseit zu Claudio.

Mein Sohn, ich habe mit angehört, was zwischen Euch und Eurer Schwester vorging. Angelo hatte nie die Absicht, sie zu verführen; er hat nur einen Versuch auf ihre Tugend gemacht, um sein Urteil über das menschliche Gemüt zu schärfen. Sie, im wahren Gefühl echter Ehre, entgegnete ihm die fromme Weigerung, die er mit höchster Freude vernahm. Ich bin Angelos Beichtiger und weiß, daß dieses wahr ist. Bereitet Euch deshalb auf den Tod; schmeichelt Eurer Standhaftigkeit nicht durch trügliche Hoffnungen; morgen müßt Ihr sterben. Fallt auf Eure Kniee und macht Euch fertig!

CLAUDIO.

Laßt mich meine Schwester um Verzeihung bitten. Die Liebe zum Leben ist mir so vergangen, daß ich bitten werde, davon befreit zu sein.

HERZOG.
Dabei bleibt's. Lebt wohl! –

Claudio ab.

Der Schließer kommt zurück.

Schließer, ein Wort mit Euch!
SCHLIESSER.
Was wünscht Ihr, Pater?
HERZOG.

Daß Ihr, wie Ihr kamt, jetzt wieder geht. Laßt mich ein wenig allein mit diesem Fräulein; meine Gesinnung und mein Kleid sind Euch Bürge, daß sie von meiner Gesellschaft nichts zu fürchten hat.

SCHLIESSER.
Es sei so. – Geht ab.
HERZOG.

Dieselbe Hand, die Euch schön erschuf, hat Euch auch gut erschaffen. Güte, von der Schönheit gering geachtet, läßt auch der Schönheit nicht lange ihre Güte; aber Sittsamkeit, die Seele Eurer Züge, wird Euch auch immer schön erhalten. Von dem Angriff, den Angelo auf Euch versucht, hat mich der Zufall in Kenntnis gesetzt, und böte nicht die menschliche Schwachheit Beispiele für sein Straucheln, ich [254] würde mich über Angelo wundern. Wie wollt Ihr's nun machen, diesen Statthalter zufrieden zu stellen und Euren Bruder zu retten?

ISABELLA.

Ich gehe gleich, ihm meinen Entschluß zu sagen: ich wolle lieber, daß mir ein Bruder nach dem Gesetz sterbe, als daß mir ein Sohn wider das Gesetz geboren werde. Aber, oh, wie irrt sich der gute Herzog in diesem Angelo! Wenn er je zurück kommt, und ich kann zu ihm gelangen, so will ich meine Lippen nie wieder öffnen, oder diese Verwaltung enthüllen.

HERZOG.

Das würde nicht unrecht getan sein. Indes wie die Sache nun steht, wird er Eurer Anklage entgegnen, er habe Euch nur prüfen wollen. Darum leihet Euer Ohr meinem Rat; denn meinem Wunsch, Gutes zu stiften, bietet sich ein Mittel dar. Ich bin überzeugt, Ihr könnt mit aller Rechtschaffenheit einem armen gekränkten Fräulein eine verdiente Wohltat erzeigen; Euern Bruder dem strengen Gesetz entreißen; Eure eigne fromme Seele rein erhalten und den abwesenden Herzog sehr erfreuen, wenn er vielleicht dereinst zurückkehren und von dieser Sache hören sollte.

ISABELLA.
Fahrt fort, mein Vater! Ich habe Herz, alles zu tun, was meinem Herzen nicht verwerflich erscheint.
HERZOG.

Tugend ist kühn, und Güte ohne Furcht. Hörtet Ihr nie von Marianen, der Schwester Friedrichs, des tapfern Helden, der auf der See verunglückte?

ISABELLA.
Ich hörte von dem Fräulein, und nichts als lauter Gutes.
HERZOG.

Eben die sollte dieser Angelo heiraten: mit dieser war er feierlich verlobt und die Hochzeit festgesetzt. Zwischen der Zeit des Verlöbnisses aber und dem Trauungstage ging das Schiff ihres Bruders Friedrich unter, und mit ihm das Heiratsgut der Schwester. Nun denkt Euch, wie hart das arme Fräulein hiedurch getroffen ward. Sie verlor einen edlen und berühmten Bruder, dessen Liebe für sie von jeher die zärtlichste und brüderlichste gewesen; mit ihm ihr Erbteil und den Nerv ihres Glücks, ihr Heiratsgut: mit beiden zugleich den ihr bestimmten Bräutigam, diesen redlich scheinenden Angelo! –

[255] ISABELLA.
Ist es möglich? Und Angelo verließ sie wirklich?
HERZOG.

Verließ sie in ihren Tränen und trocknete nicht eine durch seinen Trost; widerrief sein Treuwort, indem er Entdeckungenüberihre verletzte Ehre vorgab; kurz, überließ sie ihrem Kummer, dem sie noch immer um seinetwillen ergeben ist; und er, ein Fels gegen ihre Tränen, wird von ihnen benetzt, aber nicht erweicht. –

ISABELLA.

Wie verdienstlich vom Tode, wenn er dieses arme Mädchen aus der Welt nähme! Welcher Frevel von diesem Leben, daß es diesen Mann leben läßt! Aber wie soll ihr hieraus Hülfe werden?

HERZOG.

Es ist eine Wunde, die Ihr leicht heilen könnt; und diese Kur rettet nicht allein Euren Bruder, sondern schützt Euch vor Schande, wenn Ihr sie unternehmt.

ISABELLA.
Zeigt mir an, wie? Ehrwürdiger Vater!
HERZOG.

Jenes Mädchen hegt noch immer ihre erste Neigung; seine ungerechte Lieblosigkeit, die nach Vernunftgründen ihre Zärtlichkeit ausgelöscht haben sollte, hat sie wie eine Hemmung im Strom nur heftiger und unaufhaltsamer gemacht. – Geht Ihr zu Angelo, erwidert auf sein Begehren mit scheinbarem Gehorsam; bewilligt ihm die Hauptsache, nur behaltet Euch diese Bedingungen vor: erstlich, daß Ihr nicht lange bei ihm verweilen dürft; dann, daß für die Zeit alle Begünstigung der Dunkelheit und Stille sei; und daß der Ort den Umständen entspreche. Gesteht er dies zu, dann gelingt alles. Wir bereden das gekränkte Mädchen, sich an Eurer Statt zur bestimmten Verabredung einzufinden. Wenn die Zusammenkunft hernach bekannt wird, so muß ihn das zu einem Ersatz zwingen, und dann wird auf diese Weise Euer Bruder gerettet, Eure Ehre bewahrt, die arme Mariane beglückt und der böse Statthalter entlarvt. Das Mädchen will ich unterrichten und zu dem Versuch überreden. Willigt Ihr ein, dies alles auszuführen, so schützt die doppelte Wohltat diesen Trug vor Tadel. Was dünkt Euch davon? –

ISABELLA.
Der Gedanke daran beruhigt mich schon, und ich hoffe, es wird zum glücklichsten Erfolg gedeihn.
HERZOG.

Es kommt alles auf Euer Betragen an. Eilt ungesäumt [256] zu Angelo! Wenn er Euch um diese Nacht bittet, so sagt ihm Gewährung zu. Ich gehe sogleich nach Sankt Lukas – dort in der einsamen Hütte wohnt diese verstoßene Mariane –; dort sucht mich auf; und mit Angelo macht es ab, damit die Sache sich schnell entscheide.

ISABELLA.
Ich danke Euch für diesen Beistand – lebt wohl, ehrwürdiger Vater!

Sie gehn ab zu verschiednen Seiten.
Zweite Szene
Straße vor dem Gefängnis.

Es treten auf der Herzog, Elbogen Pompejus und Gerichtsdiener.

ELBOGEN.

Nun wahrhaftig, wenn da kein Einhalt geschieht, und Ihr wollt mit aller Gewalt Manns- und Frauensleute wie das liebe Vieh verkaufen, so wird noch die ganze Welt braunen und weißen Bastard trinken.

HERZOG.
O Himmel! Was haben wir hier für Zeug! –
POMPEJUS.

Mit der lustigen Welt ist's zu Ende, seit sie von zwei Wucherern dem lustigsten sein Handwerk gelegt hat und dem schlimmsten von Gerichts wegen einen Pelzrock zuerkannt, um sich warm zu halten; und noch dazu gefüttert mit Lämmerfell und verbrämt mit Fuchs, um anzudeuten, daß List besser fortkommt als Unschuld.

ELBOGEN.
Geht Eurer Wege, Freund! Gott grüß' Euch, guter Vater Bruder!
HERZOG.
Und Euch, werter Bruder Vater! Was hat Euch dieser Mann zu Leide getan, Herr? –
ELBOGEN.

Dem Gesetze hat er etwas zu Leide getan, Herr; und obendrein, Herr, halten wir ihn für einen Dieb; denn wir haben einen ganz besondern Dietrich bei ihm gefunden, Herr, den wir an den Statthalter eingeschickt haben.

HERZOG.
Pfui, Schuft, ein Kuppler, ein verruchter Kuppler! –

Die Sünde, die dein Beistand fördern hilft,
Verschafft dir Unterhalt. Denk', was das heißt,
Den Wanst sich füllen, sich den Rücken kleiden
Mit so unsauberm Laster! Sprich zu dir:
[257]
Von ihrem schändlich viehischen Verkehr
Trink' ich und esse, kleide mich und lebe: –

Und glaubst du wohl, dein Leben sei ein Leben,
Wenn es so stinkt zum Himmel? Geh! Tu' Buße! –
POMPEJUS.
Freilich, auf gewisse Weise stinkt es, Herr; aber doch, Herr, könnt' ich beweisen, ...
HERZOG.
Ja, gibt der Teufel dir Beweis für Sünde,
Bist du ihm überwiesen. – Führt ihn fort;
Zucht und Ermahnung müssen wirksam sein,
Eh' solch ein störrig Vieh sich bessert.
ELBOGEN.

Er muß vor den Statthalter, Herr, der hat ihn gewarnt; der Statthalter kann solch Hurenvolk nicht ausstehn; wenn er dergleichen Hurenhändler handwerk treibt und kommt vor ihn, da wäre ihm besser eine Meile weiter.

HERZOG.
So mancher scheint von allen Fehlern rein;
Oh, wär' er's auch! Und jeder Fehl vom Schein! –

Lucio kommt.
ELBOGEN.
Sein Hals wird's nun bald machen wie Euer Leib, Herr: ein Strick darum.
POMPEJUS.
Da wittre ich Rettung – ich rufe mir einen Bürgen; hier kommt ein Edelmann, ein Freund von mir.
LUCIO.

Was macht mein edler Pompejus? Was, an Cäsars Fersen? Wirst du im Triumph aufgeführt? Was? Wo sind nun deine Pygmalionsbilder, deine neugebacknen Weiber, die einem eine Hand in die Tasche stecken und sie als Faust wieder heraus ziehn? Was hast du für eine Replik, he? Wie gefällt dir diese Melodie, Manier und Methode? Ist sie nicht im letzten Regen ersoffen? Nun, was sagst du, Pflastertreter? Ist die Welt noch, wie sie war, mein Guter? Wie heißt nun dein Lied? Geht's betrübt und einsilbig? Oder wie? Was ist der Humor davon? –

HERZOG.
Immer so und wieder so! Immer schlimmer!
LUCIO.
Wie geht's meinem niedlichen Schätzchen, deiner Frau? Verschafft sie noch immer Kunden, he?
POMPEJUS.

I nun, Herr, sie war mit ihrem Vorrat von gesalznem Fleisch zu Ende, nun hat sie sich selbst in die Beize begeben.

[258] LUCIO.

Ei, recht so; so gehört sich's; so muß es sein: Eure Fische immer frisch, Eure Hökerin in der Lauge: so ist's der Welt Lauf, so muß es sein. Begibst du dich ins Gefängnis, Pompejus?

POMPEJUS.
Ja, mein' Seel', Herr.
LUCIO.

Ei, das läßt sich hören, Pompejus! Glück zu! – Geh, sag, ich hätte dich hingeschickt; Schulden halber, Pompejus; oder vielleicht –

ELBOGEN.
Weil er ein Kuppler ist, weil er ein Kuppler ist.
LUCIO.

Schön! Darum ins Gefängnis mit ihm; wenn sich das Gefängnis für einen Kuppler gehört, dann geschieht ihm ja sein Recht; ein Kuppler ist er unleugbar, und zwar von alters her: ein geborner Kuppler. Leb wohl, teurer Pompejus, empfehlt mich dem Gefängnis; Ihr werdet wohl nun ein guter Haushalter werden, denn man wird Euch zu Hause halten.

POMPEJUS.
Ich hoffe doch, Euer Hochgeboren wird für mich Bürge sein? –
LUCIO.

Nein, wahrhaftig, das werd' ich nicht, Pompejus; das ist jetzt nicht Mode. Ich will mich für dich verwenden, daß man dich noch länger sitzen läßt; wenn du dann die Geduld verlierst, so zeigst du, daß du Haare auf den Zähnen hast. Leb wohl, beherzter Pompejus! – Guten Abend, Pater! –

HERZOG.
Gleichfalls.
LUCIO.
Schminkt sich Brigittchen noch immer, Pompejus?
ELBOGEN.
Fort mit Euch! Kommt jetzt! –
POMPEJUS.
Ihr wollt also dann nicht Bürge sein, Herr?
LUCIO.
Weder dann noch jetzt. – Was gibt's auswärts Neues, Pater? – Was gibt's Neues? –
ELBOGEN.
Fort mit Euch! Kommt jetzt! –
LUCIO.
Fort, ins Hundeloch, Pompejus! Fort! –

Elbogen, Pompejus und Gerichtsdiener gehn ab.

Was gibt's Neues vom Herzog, Pater?
HERZOG.
Ich weiß nichts; könnt Ihr mir etwas mitteilen?
LUCIO.

Einige sagen, er sei beim Kaiser von Rußland; andre, er sei nach Rom gereist. Wo meint Ihr, daß er sei?

[259] HERZOG.
Ich weiß es nicht, aber wo er sein mag, wünsch' ich ihm Gutes.
LUCIO.

Das war ein toller, phantastischer Einfall von ihm, sich aus dem Staat wegzustehlen und sich auf die Bettelei zu werfen, zu der er nun einmal nicht geboren ist. Lord Angelo herzogt indes recht tapfer in seiner Abwesenheit; er nimmt das galante Wesen rechtschaffen ins Gebet.

HERZOG.
Daran tut er wohl.
LUCIO.

Ein wenig mehr Milde für die Lüderlichkeit könnte ihm nicht schaden, Pater; etwas zu sauertöpfisch in dem Punkt, Pater.

HERZOG.
Es ist ein zu allgemeines Laster, und nur Strenge kann es heilen.
LUCIO.

Freilich, das Laster ist von großer Familie und vornehmer Verwandtschaft; aber es ist unmöglich, es ganz auszurotten, Pater, man müßte denn Essen und Trinken abschaffen. Man sagt, der Angelo sei gar nicht auf dem ordentlichen Wege der Natur von Mann und Weib erzeugt. Sollte das wohl wahr sein? Was meint Ihr?

HERZOG.
Wie wäre er denn erzeugt?
LUCIO.

Einige erzählen, eine Meernixe habe ihn gelaicht; andre, er sei von zwei Stockfischen in die Welt gesetzt: aber das ist gewiß, daß, wenn er sein Wasser abschlägt, der Urin gleich zu Eis gefriert; daran ist nicht der mindeste Zweifel. Er ist eine Marionette ohne Zeugungskraft, das kann nicht in Abrede gestellt werden.

HERZOG.
Ihr scherzt, mein Herr, und führt lose Reden.
LUCIO.

Zum Henker, ist denn das nicht eine unbarmherzige Manier, um eines rebellischen Hosenlatzes willen einem Mann das Leben zu nehmen? Hätte der Herzog, der jetzt abwesend ist, das wohl je getan? Ehe der einen hätte hängen lassen um hundert Bastarde, hätte er das Kostgeld für ein ganzes Tausend aus seiner Tasche bezahlt. Er war kein Kostverächter, er verstand den Dienst, und das machte ihn nachsichtig.

HERZOG.

Ich habe nie gehört, daß man den abwesenden Herzog eben mit Weibern in Verdacht gehabt hätte; er hatte dazu keinen Hang.

[260] LUCIO.
O Herr, da seid Ihr im Irrtum! –
HERZOG.
Unmöglich!
LUCIO.

Was? Der Herzog nicht? Ja doch! Fragt nur Euer altes fünfzigjähriges Bettelweib; er pflegte ihr immer einen Dukaten in ihre Klapperbüchse zu stecken. Der Herzog hatte seine Nücken; er war auch gern betrunken: das glaubt mir auf mein Wort!

HERZOG.
Ganz gewiß, Ihr tut ihm Unrecht.
LUCIO.

Herr, ich war sein vertrauter Freund; ein Duckmäuser war der Herzog, und ich glaube, ich weiß, warum er davon gegangen ist.

HERZOG.
Nun, sagt mir doch, warum denn?
LUCIO.

Nein, um Vergebung, das ist ein Geheimnis, das man zwischen Zähnen und Lippen verschließen muß. Aber so viel kann ich Euch doch zu verstehn geben: der größte Teil seiner Untertanen hielt den Herzog für einen verständigen Mann.

HERZOG.
Verständig? Nun, das war er auch ohne Frage!
LUCIO.
Ein sehr oberflächlicher, unwissender, unbrauchbarer Gesell!
HERZOG.

Entweder ist dies Neid, oder Narrheit von Euch, oder Irrtum; der ganze Lauf seines Lebens, die Art, wie er das Staatsruder geführt, würden, wenn es der Bürgschaft bedürfte, ein besseres Zeugnis von ihm ablegen. Laßt ihn nur nach dem beurteilt werden, wie er sich gezeigt hat, und er wird dem Neide selbst als ein Gelehrter, ein Staatsmann und ein Soldat erscheinen. Deshalb redet Ihr ohne Einsicht; oder wenn Ihr mehr Verstand habt, wird er sehr von Eurer Bosheit verfinstert.

LUCIO.
Herr, ich kenne ihn und liebe ihn.
HERZOG.
Liebe spricht mit beßrer Einsicht, und Einsicht mit mehr Liebe.
LUCIO.
Ei was, Herr, ich weiß, was ich weiß.
HERZOG.

Das kann ich kaum glauben, da Ihr nicht wißt, was Ihr sprecht. Aber wenn der Herzog je zurückkehrt (wie wir alle beten, daß es geschehn möge), so laßt mich Euch ersuchen, Euch vor ihm zu verantworten. Habt Ihr der Wahrheit gemäß gesprochen, so habt Ihr Mut, es zu vertreten.

[261] Meine Pflicht ist; Euch dazu aufzufodern; und des halb bitt' ich Euch, wie ist Euer Name?

LUCIO.
Herr, mein Name ist Lucio; der Herzog kennt mich.
HERZOG.

Er wird Euch noch besser kennen lernen, wenn ich so lange lebe, daß ich ihm Nachricht von Euch geben kann.

LUCIO.
Ich fürchte Euch nicht.
HERZOG.

Oh, Ihr hofft, der Herzog werde nicht zurückkehren, oder Ihr haltet mich für einen zu unbedeutenden Gegner. Und in der Tat, ich kann Euch wenig schaden: Ihr werdet dies alles wieder abschwören.

LUCIO.

Ehe will ich mich hängen lassen; du irrst dich in mir, Pater. Doch genug hievon. Kannst du mir sagen, ob Claudio morgen sterben muß oder nicht?

HERZOG.
Warum sollte er sterben, Herr?
LUCIO.

Nun, weil er eine Flasche mit einem Trichter gefüllt. Ich wollte, der Herzog, von dem wir reden, wäre wieder da; dieser unvermögende Machthaber wird die Provinz durch Enthaltsamkeit entvölkern; nicht einmal die Sperlinge dürfen an seiner Dachtraufe bauen, weil sie verbuhlt sind. Der Herzog hätte gewiß, was im Dunkeln geschah, auch im Dunkeln gelassen; er hätte es nimmermehr ans Licht gebracht; ich wollte, er wäre wieder da! Wahrhaftig, dieser Claudio wird verdammt, weil er eine Schleife aufgeknüpft! Leb wohl, guter Pater! Ich bitte dich, schließ' mich in dein Gebet! Der Herzog, sage ich dir, verschmäht auch Fleisch am Freitag nicht. Er ist jetzt über die Zeit hinaus, und doch sag' ich dir, er würde eine Bettlerin schnäbeln, und röche sie nach Schwarzbrot und Knoblauch. Sag nur, ich hätte dir's gesagt! Leb wohl! –Ab.

HERZOG.
Nichts rettet Macht und Größe vor dem Gift
Der Schmähsucht; auch die reinste Unschuld trifft
Verleumdung hinterrücks; ja selbst den Thron
Erreicht der tück'schen Lästerzunge Hohn. –

Doch wer kommt hier?

Escalus, der Schließer, die Kupplerin und Gerichtsdiener treten auf.
ESCALUS.
Fort, bringt sie ins Gefängnis! –
KUPPLERIN.

Liebster, gnädiger Herr, habt Mitleid mit mir; [262] Euer Gnaden gilt für einen sanftmütigen Herrn – liebster, gnädiger Herr! –

ESCALUS.

Doppelt und dreifach gewarnt, und immer das nämliche Verbrechen! – das könnte die Gnade selbst in Wut bringen und zum Tyrannen machen.

SCHLIESSER.
Eine Kupplerin, die es seit elf Jahren treibt, mit Euer Gnaden Vergunst! –
KUPPLERIN.

Gnädiger Herr, das hat ein gewisser Lucio mir eingerührt. Jungfer Käthchen Streckling war schwanger von ihm zu des Herzogs Zeit; er versprach ihr die Ehe; sein Kind ist fünfviertel Jahr alt auf nächsten Philippi und Jakobi; ich habe es selbst aufgefüttert, und seht nun, wie er mit mir umspringen will!

ESCALUS.

Dies ist ein Mensch von sehr schlechter Aufführung: ruft ihn vor uns! Fort mit ihr ins Gefängnis – kein Wort mehr weiter! –


Kupplerin und Gerichtsdiener ab.

Schließer, mein Bruder Angelo läßt sich nicht überreden; Claudio muß morgen sterben. Besorgt ihm geistlichen Zuspruch, und was er zu christlicher Erbauung bedarf. Wenn mein Bruder gleiches Mitleid wie ich empfände, so stände es nicht so um Claudio.

SCHLIESSER.

Gnädiger Herr, dieser Pater ist bei ihm gewesen und hat ihm mit Rat beigestanden, dem Tode entgegen zu gehn.

ESCALUS.
Guten Abend, guter Pater!
HERZOG.
Gnade und Segen über Euch! –
ESCALUS.
Von wannen seid Ihr?
HERZOG.
Nicht diesem Land gehör' ich, wo mich Zufall
Für eine Zeit lang hält. Ich bin ein Bruder
Aus frommem Orden, über See gekommen
Mit wicht'gem Auftrag seiner Heiligkeit.
ESCALUS.
Was gibt's Neues im Auslande?
HERZOG.

Nichts; außer daß Rechtschaffenheit an einem so starken Fieber leidet, daß ihre Auflösung sie heilen muß. Nur dem Neuen wird nachgefragt, und es ist ebenso gefährlich geworden, in irgendeiner Lebensbahn alt zu werden, als es schon eine Tugend ist, in irgendeinem Unternehmen [263] standhaft zu bleiben. Kaum ist noch so viel Vertrauen wirksam, um der Gesellschaft Sicherheit zu verbürgen; aber Bürgschaft so überlei, daß man allen Umgang verwünschen möchte. Um diese Rätsel dreht sich die ganze Weisheit der Welt; dies Neue ist alt genug, und dennoch das Neue des Tages. Ich bitt' Euch, Herr, von welcher Gesinnung war Euer Herzog?

ESCALUS.
Von der, daß er vorzüglich dahin strebte, sich genau selbst kennen zu lernen.
HERZOG.
Welchen Vergnügungen war er ergeben?
ESCALUS.

Mehr erfreut, andre froh zu sehn, als froh über irgend etwas, das ihn selbst vergnügt hätte; ein Herr, der in allen Dingen mäßig war. Doch überlassen wir ihn seinem Schicksal, mit einem Gebet für sein Wohlergehn, und vergönnt mir die Frage, wie Ihr Claudio vorbereitet fandet? Wie ich höre, habt Ihr ihm Euren Besuch gegönnt.

HERZOG.

Er bekennt, sein Richter habe ihn nicht mit zu strengem Maß gemessen; vielmehr demütigt er sich mit großer Ergebung vor dem Ausspruch der Gerechtigkeit. Doch hatte er sich, der Eingebung seiner Schwachheit folgend, manche täuschende Lebenshoffnung gebildet, die ich allmählich herabgestimmt habe; und jetzt ist er gefaßt zu sterben.

ESCALUS.

Ihr habt dem Himmel Euer Gelübde und gegen den Gefangenen alle Pflichten Eures Berufs erfüllt. Ich habe mich für den armen jungen Mann bis an die äußerste Grenze meiner Zurückhaltung verwendet; aber meines Mitbruders Gerechtigkeitssinn zeigte sich so strenge, daß er mich zwang, ihm zu sagen, er sei in der Tat die Gerechtigkeit selbst.

HERZOG.

Wenn sein eigner Wandel dieser Schroffheit seines Verfahrens entspricht, so wird sie ihm wohl anstehn; sollte er aber fehlen, so hat er sich sein eignes Urteil gesprochen.

ESCALUS.
Ich gehe, den Gefangnen zu besuchen. Lebt wohl! –
HERZOG.
Friede sei mit Euch! –

Escalus und der Schließer gehn ab.

Wem Gott vertraut des Himmels Schwert,
Muß heilig sein und ernst bewährt;
[264]
Selbst ein Muster, uns zu leiten,
So festzustehn, wie fortzuschreiten;
Gleiches Maß den fremden Fehlen,
Wie dem eignen Frevel wählen.
Schande dem, der tödlich schlägt
Unrecht, das er selber hegt!
Schmach, Angelo, Schmach deinem Richten,
Der fremde Spreu nur weiß zu sichten!
Wie oft birgt innre, schwere Schuld,
Der außen Engel scheint an Huld;
Wie oft hat Schein, in Sünd' erzogen,
Der Zeiten Auge schon betrogen,
Daß er mit dünnen Spinneweben
Das Schwerste, Gröbste mag erheben! –

List gegen Bosheit wend' ich nun:
Lord Angelo soll heute ruhn
Bei der Verlobten, erst Verschmähten:
So soll der Trug den Trug vertreten,
Falschheit die Falschheit überwinden,
Und neu der alte Bund sich gründen.

Ab.
[265]

Vierter Aufzug

Erste Szene
Zimmer in Marianens Hause.

Mariane sitzend; ein Knabe singt.
Lied

Bleibt, o bleibt, ihr Lippen, ferne,

Die so lieblich falsch geschworen;

Und ihr Augen, Morgensterne,

Die mir keinen Tag geboren!

Doch den Kuß gib mir zurück,

Gib zurück,

Falsches Siegel falschem Glück,

Falschem Glück! –

MARIANE.
Brich ab dein Lied und eile schnell hinweg;
Hier kommt ein Mann des Trostes, dessen Rat
Oft meinen wildempörten Gram gestillt.

Knabe ab. Der Herzog tritt auf.

O lieber Herr, verzeiht! Ich wünschte fast,
Ihr hättet nicht so sangreich mich gefunden.
Entschuldigt mich und glaubt, wie ich's Euch sage,
Es war nicht Lust, nur Mild'rung meiner Plage.
HERZOG.

Recht wohl; doch üben Töne Zauberkraft,

Die Schlimmes gut, aus Gutem Schlimmes schafft. –

Ich bitt' Euch, sagt mir, hat hier jemand heut nach mir gefragt? Eben um diese Stunde versprach ich, ihn hier zu treffen.

MARIANE.
Es hat niemand nach Euch gefragt; ich habe hier den ganzen Tag gesessen.

Isabella kommt.
[266] HERZOG.

Ich glaube Euch zuversichtlich; die Zeit ist da: eben jetzt. Ich muß Euch bitten, Euch auf einen Augenblick zu entfernen; ich denke, wir sprechen uns gleich wieder, um für Euch etwas Gutes einzuleiten.

MARIANE.
Ich bin Euch stets verpflichtet.

Ab.
HERZOG.
Seid höchlich mir willkommen! –

Wie ist's mit diesem trefflichen Regenten?
ISABELLA.
Sein Garten ist umringt von einer Mauer,
Die gegen West an einen Weinberg lehnt;
Und zu dem Weinberg führt ein Lattentor,
Das dieser größre Schlüssel öffnen wird;
Der andre schließt ein kleines Pförtchen auf,
Das aus dem Weinberg in den Garten führt:
Dort hab' ich zugesagt mich einzustellen,
Grad' in der Stunde ernster Mitternacht.
HERZOG.
Doch seid Ihr auch gewiß, den Weg zu finden?
ISABELLA.
Ich merkte alles sorglich und genau;
Mit flüsternd und höchst sündenvollem Eifer
Genau vorzeichnend alles, wies er mir
Zweimal den Weg.
HERZOG.
Sind keine andre Zeichen
Von Euch bestimmt, die sie zu merken hat?
ISABELLA.
Nein; nur daß wir im Dunkel uns begegnen,
Und ich ihm eingeschärft, nur kurze Zeit
Könn' ich verweilen; denn, so sagt' ich ihm,
Begleiten werd' ein Mädchen mich dahin,
Die auf mich wart', und deren Meinung sei,
Ich komm' des Bruders halber.
HERZOG.
Wohl erdacht;
Ich habe von dem allen noch kein Wort
Marianen mitgeteilt. – He! Fräulein, kommt! –

Mariane kommt wieder.

Ich bitt' Euch, macht Bekanntschaft mit der Jungfrau,
Sie kommt, Euch zu verpflichten.
ISABELLA.
Ja, so wünsch' ich's.
HERZOG.
Vertraut Ihr mir, daß ich Euch lieb' und achte?
MARIANE.
Ich weiß, Ihr tut's, und hab' es schon erfahren.
[267] HERZOG.
So nehmt denn diese Freundin an der Hand
Und hört, was sie Euch jetzt erzählen wird.
Ich werd' Euch hier erwarten. – Eilt indes,
Die feuchte Nacht ist nah.
MARIANE.
Gefällt's Euch, mitzugehn?

Mariane und Isabella ab.

HERZOG
O Größ' und Hoheit, tausend falscher Augen
Haften auf dir! In Bänden voll Geschwätz
Rennt falsches Spähn, mit sich in Widerspruch,
Dein Handeln an; des Witzes Fehlgeburt
Macht dich zum Vater ihrer müß'gen Träume
Und zwängt dich ihren Grillen ein. – Willkommen!
Seid ihr ganz einig?

Mariane und Isabella kommen zurück.
ISABELLA.
Sie will die Unternehmung wagen, Vater,
Wenn Ihr sie billigt.
HERZOG.
Nicht ermahn' ich nur,
Ich forde, daß sie's tut.
ISABELLA.
Zu sagen habt Ihr wenig;
Nur, wenn Ihr von ihm scheidet, leis' und schwach: –
»Gedenkt jetzt meines Bruders! –«
MARIANE.
Fürchtet nichts!
HERZOG.
Auch Ihr, geliebte Tochter, fürchtet nichts!
Er ist mit Euch vermählt durch sein Verlöbnis:
Euch so zusammenfügen ist nicht Sünde,
Weil Eures Anspruchs unbestrittnes Recht
Den Trug zur Wohltat macht. Kommt, geht hinein;
Wer ernten will, muß erst den Samen streun.

Gehn ab.
Zweite Szene
Ein Zimmer im Gefängnis.

Der Schließer und Pompejus treten auf.

SCHLIESSER.
Kommt einmal her, Bursch; könnt Ihr wohl einem Menschen den Kopf abschlagen?
[268] POMPEJUS.

Wenn der Mensch ein Junggesell ist, Herr, so kann ich's; ist's aber ein verheirateter Mann, so ist er seines Weibes Haupt; und ich kann unmöglich einen Weiberkopf abschlagen.

SCHLIESSER.

Hört, Freund, laßt die Narrenspossen und antwortet mir geradezu. Morgen früh sollen Claudio und Bernardino sterben; wir haben hier im Gefängnis unsern gewöhnlichen Scharfrichter, der einen Gehülfen im Dienst braucht: wenn Ihr's übernehmen wollt, ihm beizustehn, so sollt Ihr von Euem Fußschellen loskommen; wo nicht, so habt Ihr Eure volle Zeit im Gefängnis auszuhalten, und beim Abschied noch ein unbarmherziges Auspeitschen, denn Ihr seid ein stadtkündiger Kuppler gewesen.

POMPEJUS.

Herr, ich bin seit undenklicher Zeit ein unzünftiger Kuppler gewesen; aber jetzt will ich mir's gefallen lassen, ein zünftiger Henker zu wer den. Es soll mir ein Vergnügen sein, einigen Unterricht von meinem Amtsbruder zu erhalten.

SCHLIESSER.
Heda, Grauslich! Wo stecktst du, Grauslich?

Grauslich kommt.
GRAUSLICH.
Ruft Ihr, Herr? –
SCHLIESSER.

Seht einmal, hier ist ein Bursch, der Euch morgen bei der Hinrichtung helfen soll; wenn's Euch recht ist, so nehmt ihn an auf ein Jahr und behaltet ihn hier bei Euch; wo nicht, so braucht ihn für diesmal und laßt ihn gehn. Ihr könnt euch wegen der Ehre nicht unter einander zanken, denn er ist ein Kuppler gewesen.

GRAUSLICH.
Ein Kuppler? Pfui, da verunehrt er unsre Kunst.
SCHLIESSER.
Ach, geht nur! Ihr wiegt gleich viel; eine Feder wird auf der Waage den Ausschlag geben. Ab.
POMPEJUS.

Wollt Ihr nicht eine Ausnahme mit mir machen? Denn bis auf Eure hängenden Augen nehmt Ihr Euch sehr gut aus. Ihr nennt also Eure Hantierung eine Kunst?

GRAUSLICH.
Ja, Herr, eine Kunst.
POMPEJUS.

Das Malen, Herr, habe ich sagen hören, sei eine Kunst; und da die Huren, Herr, unter deren Regiment ich gedient habe, sich aufs Malen verstehn, so folgt, daß meine [269] Hantierung eine Kunst sei: aber was für eine Kunst im Hängen sein sollte – und wenn Ihr mich hängen wolltet –, das kann ich nicht einsehn.

GRAUSLICH.
Herr, es ist eine Kunst.
POMPEJUS.
Beweis?
GRAUSLICH.
Jedes ehrlichen Mannes Anzug muß für einen Dieb passen.
POMPEJUS.

Freilich; denn sind Anzug und Halsschmuck ihm auch zu eng, der ehrliche Mann hält sie doch für weit genug; und findet Euer Dieb sie zu vollständig und derb, der ehrliche Mann hält sie für eng genug. Auf diese Weise muß jedes ehrlichen Mannes Anzug für den Dieb anpassend sein.


Der Schließer kommt zurück.
SCHLIESSER.
Nun, seid ihr einig?
POMPEJUS.

Herr, ich will ihm dienen; denn ich sehe, so ein Henker hat doch ein bußfertigeres Gewerbe als so ein Kuppler; er bittet öfter um Vergebung.

SCHLIESSER.
Ihr da, haltet Euer Beil und Euern Block auf morgen um vier Uhr in Bereitschaft!
GRAUSLICH.
Komm mit, Kuppler, ich will dich in meiner Hantierung unterrichten; folge mir!
POMPEJUS.

Ich bin sehr wißbegierig, Herr, und ich hoffe, wenn Ihr einmal Gelegenheit habt, mich für Euch selbst zu brauchen, Ihr sollt mich rührig finden; und wahrhaftig, Herr, Ihr habt so viel Güte für mich, daß ich Euch wieder gefällig sein möchte.

SCHLIESSER.
Ruft mir jetzt Bernardin und Claudio her: –

Grauslich und Pompejus gehn ab.

Der tut mir leid, doch jener Mörder nicht,
Und wär's mein Sohn, verfiel er dem Gericht.

Claudio tritt auf.

Hier ist dein Todesurteil, Claudio, lies!
Jetzt ist es Mitternacht; um acht Uhr früh
Gehst du zur Ewigkeit. – Wo ist Bernardin?
CLAUDIO.
So fest im Schlafe wie schuldlose Arbeit,
[270]
Wenn sie des Wandrers Glieder schwer belastet;
Er wird nicht wach.
SCHLIESSER.
Ihm kann auch keiner helfen.
Nun geht, bereitet Euch! – Horcht, welch Geräusch?

Man hört klopfen. Claudio geht ab.

Gott woll' Euch Trost verleihn! Schon gut, ich komme! –

Ich hoff', es ist Begnad'gung oder Aufschub
Für unsern guten Claudio. – Willkommen, Vater! –

Der Herzog tritt auf.
HERZOG.
Der Nacht heilsamste, beste Geisterschar
Umgeb' Euch, guter Schließer! War hier niemand?
SCHLIESSER.
Seitdem die Abendglock' ertönte, niemand.
HERZOG.
Nicht Isabella?
SCHLIESSER.
Nein.
HERZOG.
Dann kommen sie.
SCHLIESSER.
Ist Trost für Claudio?
HERZOG.
Ein'ge Hoffnung bleibt.
SCHLIESSER.
Das ist ein harter Richter! –
HERZOG.
Das nicht! Das nicht! Sein Leben folgt genau
Der strengen Richtschnur seines ernsten Rechts.
In heiliger Enthaltsamkeit bezwingt er
An sich, was seine Herrschermacht mit Nachdruck
In andern strebt zu dämpfen. Schwärzt' ihn selbst,
Was er bestraft, dann wär' er ein Tyrann;
Doch so ist er gerecht. – Jetzt sind sie da. –

Es wird geklopft. Schließer ab.

Der Mann ist mild! Und selten, daß geneigt
Der harte Schließer sich dem Menschen zeigt!
Was gibt's? Wer pocht? Das ist ein hast'ger Geist,
Der so mit Klopfen schlägt ans stille Tor! –

Der Schließer kommt zurück und spricht zu einem draußen.
SCHLIESSER.
Laßt ihn noch warten, bis der Pförtner kommt
Ihn einzulassen; er ist unterwegs.
[271] HERZOG.
Ward der Befehl noch nicht zurückgenommen?
Muß Claudio morgen sterben?
SCHLIESSER.
Keine Änd'rung!
HERZOG.
Wie nah die Dämm'rung, Schließer, dennoch hoff' ich,
Vor Tagesanbruch hört Ihr mehr.
SCHLIESSER.
Vielleicht
Wißt Ihr etwas. Doch fürcht' ich sehr, ihm wird
Begnad'gung nicht. Nie ward solch Beispiel kund;
Und überdies hat selbst vom Richterstuhl
Lord Angelo dem Ohr des ganzen Volks
Das Gegenteil erklärt.

Ein Bote kommt.
HERZOG.
Ein Diener des Regenten!
SCHLIESSER.
Der bringt für Claudio die Begnadigung.
BOTE.

Mein Herr sendet Euch diese Zeilen, und durch mich den mündlichen Auftrag, daß Ihr nicht von dem kleinsten Punkt derselben abweichen sollt, weder in Zeit, Inhalt, noch sonst einem Umstand. – Guten Morgen, denn ich denke, der Tag bricht schon an. Bote geht ab.

SCHLIESSER.
Ich werde gehorchen.
HERZOG.
Sein Gnadenbrief! Erkauft durch solche Sünden,
Die den Begnad'ger selbst als Frevler künden!
Da blüht den Lastern schnell und leicht Gedeihn,
Wo Macht und Hoheit ihnen Schutz verleihn.
Wirkt Sünde Huld, wird zu viel Huld geübt,
Weil sie des Frevels halb den Frevel liebt. –

Nun, Herr? Was schreibt er Euch?
SCHLIESSER.

Wie gesagt, Lord Angelo, der mich vermutlich nachlässig im Dienst glaubt, ermuntert mich durch dies ungewöhnliche Treiben. Mir scheint dies seltsam, denn es war früher nie seine Gewohnheit.

HERZOG.
Ich bitt' Euch, laßt doch hören!
SCHLIESSER
liest.

»Was Ihr auch immer vom Gegenteil hören mögt, laßt Claudio um vier Uhr hinrichten, und nachmittags den Bernardin. Zu besserer Versicherung schickt mir Claudios Kopf um fünf. Laßt dies genau vollzogen werden, und seid eingedenk, daß mehr hieran liegt, als wir Euch für jetzt [272] mitteilen dürfen. Verfehlt daher nicht, Eure Pflicht zu tun, indem Ihr auf eigne Gefahr dafür stehen müßt.« – Was sagt Ihr dazu, Herr? –

HERZOG.
Wer ist der Bernardin, der diesen Nachmittag enthauptet werden soll?
SCHLIESSER.

Ein Zigeuner von Geburt, doch hier im Lande erzogen und groß geworden; er sitzt schon seit neun Jahren gefangen. –

HERZOG.

Wie kommt es, daß ihn der abwesende Herzog nicht entweder in Freiheit setzte oder hinrichten ließ? Wie ich höre, pflegte er immer so zu verfahren.

SCHLIESSER.

Seine Freunde wirkten beständig Aufschub für ihn aus, und in der Tat ward sein Verbrechen erst unter Lord Angelos Regierung unzweifelhaft erwiesen.

HERZOG.
Ist es jetzt dargetan? –
SCHLIESSER.
Ganz offenbar, und von ihm selbst eingestanden.
HERZOG.
Hat er Reue im Gefängnis an den Tag gelegt? Scheint er gerührt zu sein?
SCHLIESSER.

Ein Mensch, dem der Tod nicht fürchterlicher vorkommt als ein Weinrausch; sorglos, unbekümmert, furchtlos vor Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ohne Scheu vor dem Tod, und ein ruchloser Mörder.

HERZOG.
Ihm fehlt Belehrung.
SCHLIESSER.

Die hört er nicht an; er hat jederzeit viel Freiheit im Gefängnis gehabt; man könnte ihm freistellen zu entfliehen, er würde es nicht tun. Er berauscht sich mehrmals am Tage; oft ist er mehrere Tage hinter einander betrunken. Mehr als einmal haben wir ihn geweckt, als wollten wir ihn zur Hinrichtung führen, und ihm einen vorgeblichen Befehl dafür gezeigt: es hat nicht den mindesten Eindruck auf ihn gemacht.

HERZOG.

Hernach mehr von ihm. Auf Eurer Stirn, Kerkermeister, stehn Redlichkeit und Entschlossenheit geschrieben; lese ich nicht recht, so täuscht mich meine alte Erfahrung. Indes, im Vertrauen auf mein sichres Urteil will ich's drauf wagen. Claudio, für dessen Hinrichtung Ihr jetzt den Befehl habt, ist dem Gesetz nicht mehr verfallen als Angelo, der ihn verurteilt hat. Euch davon durch eine augenscheinliche [273] Probe zu versichern, bedarf es nur eines Aufschubs von vier Tagen, während dessen Ihr mir eine augenblickliche und gewagte Gefälligkeit erzeigen sollt.

SCHLIESSER.
Und worin, ehrwürdiger Herr?
HERZOG.
Indem Ihr seinen Tod verschiebt!
SCHLIESSER.

Ach, wie kann ich das? Da mir die Stunde bestimmt und der ausdrückliche Befehl zugesandt ist, bei Todesstrafe seinen Kopf dem Angelo vor Augen zu bringen? Ich würde mir Claudios Schicksal zuziehn, wollte ich nur im geringsten hievon abweichen.

HERZOG.

Bei meinem Ordensgelübde will ich Euch für alles einstehn, wenn Ihr meiner Leitung zu folgen wagt. Laßt diesen Bernardin heut morgen hinrichten und schickt seinen Kopf dem Angelo!

SCHLIESSER.
Angelo sah sie beide und würde das Gesicht erkennen.
HERZOG.

Oh, der Tod ist Meister im Entstellen, und Ihr könnt ihm zu Hülfe kommen. Schert ihm das Haupt, kürzt ihm den Bart, und sagt, der reuige Sünder habe dies vor seinem Tode so verlangt: Ihr wißt, daß der Fall häufig vorkommt. Wenn Euch irgend etwas hieraus erwächst, als Dank und gutes Glück: bei dem Heiligen, dem ich mich geweiht, so will ich's mit meinem Leben vertreten.

SCHLIESSER.
Verzeiht mir, guter Pater, es ist gegen meinen Eid.
HERZOG.
Schwurt Ihr dem Herzog oder seinem Statthalter?
SCHLIESSER.
Dem Herzog und seinem Stellvertreter.
HERZOG.
Ihr würdet nicht glauben, Euch vergangen zu haben, wenn der Herzog dies Verfahren billigte?
SCHLIESSER.
Aber welche Wahrscheinlichkeit hätte ich dafür?
HERZOG.

Nicht nur eine Möglichkeit, nein, eine Gewißheit. Doch weil ich Euch furchtsam sehe, und weder meine Ordenstracht, meine lautre Gesinnung, noch meine Überredung Euch gewinnen können, so will ich weiter gehn, als ich mir's vorgesetzt, um alle Furcht in Euch zu vernichten. Seht her, Freund! Hier ist des Herzogs Handschrift und Siegel. Ihr kennt die Schrift ohne Zweifel, und das Petschaft wird Euch nicht fremd sein.

[274] SCHLIESSER.
Ich kenne sie beide.
HERZOG.

Dieser Brief meldet des Herzogs Rückkehr; Ihr sollt ihn sogleich nach Gefallen durchlesen, und werdet sehn, daß er binnen zwei Tagen hier sein wird. Dies ist ein Umstand, den Angelo nicht weiß; denn eben heut erhält er Briefe von sonderbarem Inhalt: vielleicht daß der Herzog gestorben, vielleicht daß er in ein Kloster gegangen sei; aber wohl nichts von dem, was hier geschrieben steht. Seht, der Morgenstern macht den Schäfer schon munter. Staunt nicht zu sehr, wie alles dies zusammenhängt; alle Schwierigkeiten sind leichter, wenn man sie kennt. – Ruft Eure Scharfrichter, und herab mit Bernardinos Haupt; ich will sogleich seine Beichte hören und ihn für ein beßres Leben vorbereiten. Ich sehe, Ihr seid noch erstaunt; aber dies muß Euch durchaus zur Entschließung bringen. Kommt mit, es ist schon lichte Dämmerung.


Beide ab.
Dritte Szene
Anderes Zimmer im Gefängnis.

Pompejus tritt auf.

POMPEJUS.

Ich bin hier so bekannt, als ich's in unserm eignen Hause war; man sollte meinen, es wäre das Haus der Frau Überley, denn hier kommen eine Menge von ihren alten Kunden zusammen. Fürs erste ist hier der junge Herr Rasch; der sitzt hier für eine Provision von Packpapier und altem Ingwer, hundertsiebenundneunzig Pfund zusammen, woraus er fünf Mark bares Geld gemacht; freilich muß der Ingwer eben nicht sehr gesucht gewesen sein, und die alten Weiber waren wohl eben alle gestorben. Dann ist hier ein Herr Capriole, den Meister Dreihaar, der Seidenhändler, eingeklagt hat: für ein drei oder vier Stück schwarzen Atlas hat er ihn in unsre Gesellschaft eingeschwärzt. Dann haben wir hier den jungen Schwindlich, und den jungen Herrn Fluchmaul, und Herrn Kupfersporn, und Herrn Hungerdarm, den Dolch- und Degenmann, und den jungen Fegesack, der den lustigen Pudding [275] tot schlug; und Junker Stichfest, den Klopffechter, und den schmucken Herrn Schuhriem, den weitgereisten; und den wilden Halbnösel, der dem Krug den Garaus machte, und ich glaube ihrer vierzig mehr; lauter tapfre Leute in unsrer Hantierung, und werden jetzt heimgesucht um des Herrn willen.


Grauslich kommt.
GRAUSLICH.
Fort Kerl! Hol' uns Bernardin her! –
POMPEJUS.
Meister Bernardin! Ihr müßt wach werden und Euch hängen lassen! Meister Bernardin! –
GRAUSLICH.
He, holla! Bernardin! –
BERNARDIN.
Daß Euch das Donnerwetter übern Hals käme! Wer macht den Lärm da? Wer seid Ihr?
POMPEJUS.

Euer guter Freund, mein Herr, der Henker! Ihr müßt so gut sein, mein Herr, und aufstehn und Euch hinrichten lassen!

BERNARDIN.
Fort, du Schurke, fort, sag' ich, ich will schlafen.
GRAUSLICH.
Sag ihm, er muß wach werden, und das gleich.
POMPEJUS.

Bitt' Euch, Meister Bernardin, werdet nur wach, bis man Euch hingerichtet hat, nachher könnt Ihr weiter schlafen.

GRAUSLICH.
Geh hinein und hol' ihn heraus!
POMPEJUS.
Er kommt schon, Herr, er kommt schon; ich höre sein Stroh rascheln.

Bernardin tritt auf.
GRAUSLICH.
Ist das Beil auf dem Block, du?
POMPEJUS.
Fix und fertig, Herr.
BERNARDIN.
Nun, Grauslich? Was habt Ihr vor?
GRAUSLICH.

Im Ernst, Freund, macht Euch dran und haspelt Euer Gebet herunter; denn, seht Ihr, der Befehl ist da.

BERNARDIN.
Ihr Schurke, ich habe die ganze Nacht durch gesoffen; es ist mir ungelegen.
POMPEJUS.

Ei desto besser; wenn er die ganze Nacht durch gesoffen hat, und man hängt ihn den Morgen früh, da hat er den andern Tag, um auszuschlafen.


Der Herzog kommt.
[276] GRAUSLICH.
Seht, Freund, da kommt Euer Beichtvater. Meint Ihr noch, es sei Spaß? He!
HERZOG.

Mein Freund, ich hörte, wie bald Ihr die Welt verlassen müßt, und kam aus christlicher Nächstenliebe, Euch zu ermahnen, zu trösten und mit Euch zu beten.

BERNARDIN.

Pater, daraus wird nichts. Ich habe die ganze Nacht scharf gesoffen und muß mehr Zeit haben mich zu besinnen, sonst sollen sie mir das Hirn mit Keulen herausschlagen. Ich tu's nicht, daß ich mich heut hinrichten lasse; dabei bleibt's.

HERZOG.
O Freund, Ihr müßt; und darum bitt' ich Euch, schaut vorwärts auf den Weg, der Euch bevorsteht.
BERNARDIN.
Ich schwöre aber, daß kein Mensch mich dazu bringen soll, heut zu sterben.
HERZOG.
So hört nur!
BERNARDIN.

Nicht ein Wort! Wenn Ihr mir was zu sagen habt, kommt in mein Gefängnis, denn ich will heut keinen Schritt heraustun. Ab.


Der Schließer kommt zurück.
HERZOG.
Ganz unbereit
Zum Leben wie zum Tod. O steinern Herz! –

Ihm nach, Gesellen, führt ihn hin zum Block!

Grauslich und Pompejus ab.
SCHLIESSER.
Nun, Herr, wie fandet Ihr den Delinquenten?
HERZOG.
Durchaus verstockt, unfertig für den Tod;
In der Verfassung ihn hinauszuführen
Wäre verdammlich.
SCHLIESSER.
Hier im Kerker, Vater,
Starb diesen Morgen grad' am hitz'gen Fieber
Ragozyn, ein berüchtigter Pirat,
Ein Mann von Claudios Alter: Bart und Haare
Genau von gleicher Farbe. Sagt, wie wär's,
Wenn wir dem Mörder Zeit zur Buße gönnten,
Und täuschten den Regenten mit dem Kopf
Des Ragozyn, der mehr dem Claudio gleicht? –
HERZOG.
Das ist ein Glücksfall, den der Himmel sendet:
Verfügt es augenblicks; es naht die Zeit,
[277]
Die Angelo bestimmt. Mit Pünktlichkeit
Vollzieht den Auftrag, während ich durch Lehre
Den Rohen dort zu reu'gem Tod bekehre.
SCHLIESSER.
Das soll geschehn, Ehrwürd'ger, unverzüglich;
Doch Bernardin muß diesen Abend sterben.
Und wie verfährt man weiter nun mit Claudio
Und wendet die Gefahr, die mich bedroht,
Wird es bekannt, daß er noch lebt?
HERZOG.
Verfügt es so: bringt in geheime Haft
Bernardin so wie Claudio; eh' die Sonne
Zweimal in ihrem Tageslauf gegrüßt
Die untern Erdbewohner, findet Ihr
Vollkommne Sicherstellung.
SCHLIESSER.
Ich tu' mit Freuden, wie Ihr sagt.
HERZOG.
So eilt,
Besorgt's, und schickt das Haupt dem Angelo!
Schließer ab.

Nun schreib' ich Briefe gleich dem Angelo
(Der Schließer bringt sie ihm), nach deren Inhalt
Ihm Meldung wird, ich sei der Heimat nah,
Und daß ein wicht'ger Anlaß mich bestimmt
Zu öffentlichem Einzug. Ihn entbiet' ich
Mir zu begegnen am geweihten Quell,
Zwei Stunden vor der Stadt; von dort aus dann,
Durch ruhig Steigern der gewicht'gen Schalen,
Verfahren wir mit Angelo.

Der Schließer kommt.
SCHLIESSER.
Hier ist der Kopf, ich trag' ihn selber hin.
HERZOG.
So ist's am sichersten. Kehrt bald zurück,
Denn manches muß ich Euch vertraun, das sonst
Kein Ohr vernehmen darf.
SCHLIESSER.
Ich will mich eilen.

Schließer ab.
ISABELLA
draußen.
Friede mit Euch! Macht auf! Ist keiner da?
HERZOG.
's ist Isabellens Ruf: sie kommt, zu hören,
Ob ihrem Bruder Gnade sei gewährt;
Doch bleib' ihr seine Rettung noch verhehlt,
[278]
Daß aus Verzweiflung Himmelstrost ihr werde,
Wenn sie's am mind'sten hofft.

Isabella tritt auf.
ISABELLA.
Vergönnt, o Herr! –
HERZOG.
Seid mir gegrüßt, mein schönes, frommes Kind!
ISABELLA.
Ein lieber Gruß von solchem heil'gen Mund! –

Hat schon der Bruder Freiheit vom Regenten? –
HERZOG.
Er hat ihn, Tochter, von der Welt erlöst;
Das abgeschlagne Haupt ward ihm gesandt.
ISABELLA.
Nein doch! Es ist nicht so!
HERZOG.
Es ist nicht anders! –

Zeigt Eure Weisheit, Jungfrau, durch Ergebung!
ISABELLA.
Ich will zu ihm, ausreißen ihm die Augen! –
HERZOG.
Er wird gewiß den Zutritt Euch verweigern.
ISABELLA.
Weh, armer Claudio! Weh dir, Isabella! –

Grausame Welt! Verdammter Angelo! –
HERZOG.
So schadet Ihr ihm nicht, noch helft Ihr Euch;
Seid ruhig dann, stellt Gott die Sach' anheim.
Merkt, was ich sage: jede Sylbe sollt Ihr
Glaubwürdig, zuverlässig wahrhaft finden.
Der Fürst kehrt morgen heim: – nein, weint nicht so!
Ein Bruder unsers Ordens, und sein Beicht'ger,
Gab mir die Nachricht; auch gelangte schon
An Escalus und Angelo die Kunde:
Sie sollen ihm am Tor entgegen ziehn;
Ihr Amt zurück dort geben. Könnt' Ihr's, wandelt
Mit Klugheit auf dem Pfad, den ich Euch zeige,
Und Ihr kühlt Euern Sinn an dem Verworfnen,
Euch wird des Fürsten Huld, dem Herzen Rache,
Und allgemeines Lob.
ISABELLA.
Ich folg' Euch gern.
HERZOG.
So gebt dem Bruder Peter diesen Brief,
Er ist's, der mir des Herzogs Heimkehr schrieb.
Sagt, auf dies Zeichen lad' ich ihn heut nacht
In Marianens Wohnung. Ihre Sach' und Eure
Leg' ich in seine Hand; er bringt Euch vor
Den Fürsten; dann dem Angelo ins Antlitz
[279]
Klagt lauter ihn und lauter an. Ich Armer
Bin durch ein heiliges Gelübd' gebunden,
Das fern mich hält.
Nun geht mit diesem Brief,
Erleichtert Euer Herz und bannt vom Aug'
Dies herbe Naß – traut meinem heil'gen Orden,
Ich rat' Eu'r Bestes. – Wer da?

Lucio kommt.
LUCIO.
Guten Abend!
Mönch, sag, wo ist der Schließer?
HERZOG.
Nicht zugegen.
LUCIO.

O schöne Isabella, mein ganzes Herz erblaßt, deine Augen so rot zu sehn! Du mußt dich in Geduld fassen. Ich muß mich auch drin finden, mittags und abends mit Wasser und Brot zufrieden zu sein; so lieb mein Kopf mir ist, darf ich meinen Bauch nicht füllen; eine einzige derbe Mahlzeit, und ich wäre geliefert. Aber wie es heißt, kommt der Herzog morgen wieder. Bei meiner Seele, Isabella, ich liebte deinen Bruder; hätte nur der alte phantastische Herzog, der Winkelkriecher, zu Hause gesessen, er lebte noch!


Isabella geht ab.
HERZOG.

Herr, der Herzog ist Euern Reden über ihn außerordentlich wenig Dank schuldig; das beste ist nur, daß Eure Schild'rung ihm nicht gleicht.

LUCIO.
Geh nur, Mönch, du kennst den Herzog nicht so, wie ich; er ist ein beßrer Wildschütz, als du denkst.
HERZOG.
Nun, Ihr werdet dies einmal zu verantworten haben. Lebt wohl!
LUCIO.
Nein, wart' noch, ich gehe mit dir; ich kann dir hübsche Geschichten von dem Herzog erzählen.
HERZOG.

Ihr habt mir schon zu viele erzählt, wenn sie wahr sind; und sind sie's nicht, so wäre eine einzige zu viel.

LUCIO.
Ich mußte einmal vor ihm erscheinen, weil eine Dirne von mir schwanger geworden war.
HERZOG.
Ist Euch so etwas begegnet?
LUCIO.

Nun freilich war sie's von mir; aber ich schwur die Geschichte ab; ich hätte sonst die faule Mispel heiraten müssen.

[280] HERZOG.
Herr, Eure Gesellschaft ist mehr unterhaltend als anständig; schlaft wohl!
LUCIO.

Mein' Seel', ich bringe dich noch bis an die Ecke. Wenn dir Zotengeschichten zuwider sind, so wollen wir dir nicht zu viel auftischen – ja, Mönch, ich bin eine Art von Klette, ich hänge mich an.


Gehn ab.
Vierte Szene
Ein Zimmer in Angelos Hause.

Angelo und Escalus treten auf.

ESCALUS.
Jeder Brief, den er schreibt, widerspricht dem vorhergehenden.
ANGELO.

Auf die ungleichste und widersinnigste Weise. Seine Handlungen erscheinen fast wie Wahnsinn; der Himmel gebe, daß sein Verstand nicht gelitten habe! Und warum ihm vor dem Tore entgegen kommen und unsre Ämter dort niederlegen? –

ESCALUS.
Ich errate es nicht.
ANGELO.

Und warum sollen wir eben in der Stunde seiner Ankunft ausrufen lassen, daß, wenn jemand über Unrecht zu klagen hat, er sein Gesuch auf offener Straße anbringen möge?

ESCALUS.

Hierfür gibt er Gründe an: er will alle Klagen auf einmal abtun und uns für die Zukunft vor Streitigkeiten sicher stellen, die alsdann keine Kraft mehr gegen uns haben sollen.

ANGELO.
Wohl; ich ersuch' Euch, macht's der Stadt bekannt.
Auf nächsten Morgen früh hol' ich Euch ab;
Und teilt es allen mit, die Rang und Amt
Befugt, ihn einzuholen.
ESCALUS.
Das will ich, Herr; so lebt denn wohl!
ANGELO.
Gut' Nacht! –

Escalus geht ab.

Die Tat nimmt allen Halt mir, stumpft den Sinn
Und lähmt mein Handeln. – Ein entehrtes Mädchen! –
[281]
Und durch den höchsten Richter, der die Strafe
Geschärft! Wenn zarte Scheu ihr nicht verwehrte,
Den jungfräulichen Raub bekannt zu machen,
Wie könnte sie mich zeichnen! Doch Vernunft
Zwingt sie zum Schweigen. Denn des Zutrauns Wucht
Folgt so gewaltig meiner Würd' und Hoheit,
Daß, wagt der Läst'rer einzeln dran zu rühren,
Er sich vernichtet. – Mocht' er leben bleiben!
Doch seiner wilden Jugend hitzig Blut
Konnt' einst in Zukunft wohl auf Rache denken,
Wenn ihm ein so entehrtes Leben ward
Erkauft durch solche Schmach. – Lebt' er doch lieber! –

Ach, wenn uns erst erlosch der Gnade Licht,
Nichts geht dann recht, wir wollen, wollen nicht! –

Geht ab.
Fünfte Szene
Feld vor der Stadt.

Es treten auf der Herzog in eigner Tracht und Bruder Peter.

HERZOG.
Die Briefe bringt mir zur gelegnen Zeit;

gibt ihm Briefe

Der Schließer weiß um unsern Zweck und Plan.
Die Sach' ist nun im Gang; folgt Eurer Vorschrift
Und schreitet fest zum vorgesetzten Ziel,
Wenn Ihr auch manchmal ablenkt hier und dort,
Wie sich der Anlaß beut. Geht vor beim Flavius
Und sagt ihm, wo ich sei; das Gleiche meldet
Dem Valentin, dem Roland und dem Crassus,
Und heißt zum Tor sie die Trompeten senden;
Doch Flavius schickt zuerst!
PETER.
Ich werd' es schnell besorgen.

Geht ab.

Varrius tritt auf.
HERZOG.
Dank, Varrius, daß du kamst in solcher Eil';
Komm, gehn wir, denn es gibt noch andre Freunde,
Die uns begrüßen wollen, lieber Varrius.

Alle gehn ab.
[282]
Sechste Szene
Straße beim Tor.

Isabella und Mariane treten auf.

ISABELLA.
Dies unbestimmte Reden fällt mir schwer;
Gern spräch' ich wahr; doch so ihn anzuklagen
Ist Eure Rolle. – Dennoch muß ich's tun,
Um unsern Plan zu bergen, wie er sagt.
MARIANE.
Folgt ihm nur ganz!
ISABELLA.
Und ferner warnt er, daß, wenn allenfalls
Er spräche wider mich für meinen Feind,
Mich's nicht befremden soll: es sei Arznei,
Bitter, doch heilsam.
MARIANE.
Wenn nur Bruder Peter. ...
ISABELLA.
O still, da kommt er schon.

Bruder Peter tritt auf.
PETER.
Kommt, Fräulein, einen höchst gelegnen Platz
Fand ich, wo Euch der Herzog nicht entgeht.
Zweimal gab die Trompete schon das Zeichen;
Die Edeln nebst den Würdigsten der Stadt
Sind schon am Tor versammelt, und alsbald
Beginnt des Herzogs Einzug. Darum eilt! –

Sie gehn ab.
[283]

Fünfter Aufzug
Erste Szene

Ein öffentlicher Platz am Tor.

Von der einen Seite treten auf Mariane, verschleiert; Isabella und Bruder Peter; – von der andern der Herzog, Varrius, Herren vom Hofe, Angelo Escalus, Lucio, der Schließer und Bürger aus der Stadt.

HERZOG.
Seid mir willkommen, mein sehr würd'ger Vetter;
Uns freut's, zu sehn Euch, alter, treuer Freund!
ANGELO UND ESCALUS.
Beglückt sei Eurer Hoheit Wiederkehr!
HERZOG.
Euch beiden herzlichen, vielfachen Dank!
Wir haben uns erkundigt, und vernehmen
So trefflich Lob von eurer Staatsverwaltung,
Wie's öffentlichen Dank von uns erheischt,
Bis auf vollkommnern Lohn.
ANGELO.
Euch um so mehr verpflichtet!
HERZOG.
Oh! Solch Verdienst spricht laut; ich tät' ihm Unrecht,
Schlöss' ich's in meiner Brust verschwiegne Haft,
Da es verdient, mit erzner Schrift bewahrt
Unwandelbar dem Zahn der Zeit zu trotzen
Und des Vergessens Sichel. Reicht die Hand,
Zeigt Euch dem Volk, damit es so erfahre,
Wie äußre Höflichkeit gern laut verkündet
Des Busens innre Liebe. Escalus,
Kommt her; steht hier zu meiner andern Hand –

Ja, ihr seid wackre Stützen! –

Bruder Peter und Isabella treten auf.
PETER.
Nun ist es Zeit; sprecht laut und kniet vor ihm!
ISABELLA.
Gerechtigkeit, mein Fürst! Lenkt Euern Blick
Auf die gekränkte – ach! Gern sagt' ich, Jungfrau! –
[284]
O edler Fürst, entehrt nicht Euer Auge,
Auf irgendeinen andern Gegenstand es wendend,
Bis Ihr vernommen die gerechte Klage
Und Recht mir zugesprochen! Recht, Recht, Recht! –
HERZOG.
Gekränkt? Worin? Von wem? Erzählt es kurz:
Hier ist Lord Angelo, der schafft Euch Recht;
Entdeckt ihm Euern Fall!
ISABELLA.
O edler Herzog,
Ihr heißt Erlösung mich beim Teufel flehn!
Hört selbst mich an; denn was ich reden muß,
Heischt Strafe gegen mich, glaubt Ihr es nicht;
Sonst schreit's um Rache. Hört! O hört mich hier! –
ANGELO.
Mein Fürst, ich sorg', es hat ihr Kopf gelitten.
Sie bat um Gnade mich für ihren Bruder,
Der starb im Lauf des Rechts.
ISABELLA.
Im Lauf des Rechts? –
ANGELO.
Und bitter wird sie nun und seltsam reden.
ISABELLA.
Höchst seltsam, doch höchst wahrhaft werd' ich reden.
Daß Angelo meineidig ist; wie seltsam!
Daß Angelo ein Mörder ist; wie seltsam!
Daß Angelo ein dieb'scher Ehebrecher,
Ein Heuchler und ein Jungfrau'nschänder ist:
Ist das nicht seltsam? Seltsam?
HERZOG.
Zehnfach seltsam!
ISABELLA.
Nicht wahrer ist's, daß Angelo er sei,
Als daß dies alles ganz so wahr, als seltsam;
Ja, zehnfach wahrer; Wahrheit bleibt ja Wahrheit,
Wie wir die Summe ziehn!
HERZOG.
Fort mit ihr! Ärmste,
In ihrem Wahnsinn spricht sie so!
ISABELLA.
Fürst, ich beschwöre dich (so wahr du glaubst,
Es sei noch andres Heil, als hier auf Erden),
Verwirf mich nicht im Wahn, ich sei gestört
Durch Tollheit! Mach' nicht zur Unmöglichkeit,
Was nur unglaublich scheint: 's ist nicht unmöglich!
Ja, der verruchtste Frevler auf der Welt
Kann streng erscheinen, fromm, verschämt, vollkommen,
Wie Angelo: so mag auch Angelo,
[285]
In aller Haltung, Würde, Hoheit, Form,
Doch ein Erz-Schurke sein: glaub', wär' er wen'ger,
So wär' er nichts, mein Fürst: doch er ist mehr;
Hätt' ich mehr Namen nur für Schändlichkeit! –
HERZOG.
Bei meiner Ehre!
Ist sie verrückt, – und anders glaub' ich nicht, –

So hat ihr Unsinn seltne Form von Sinn;
So viel Zusammenhang von Wort zu Wort,
Als ich bei Tollheit nie gehört.
ISABELLA.
O Fürst,
Nicht dieses Wort! Verbanne nicht Vernunft
Als widersprechend; nein, laß deine dienen,
Wahrheit hervorzurufen, die verhüllt
Das Laster birgt, das tugendgleich erscheint.
HERZOG.
Manchem Gesunden fehlt wohl mehr Verstand. –

Was wollt'st du sagen?
ISABELLA.
Ich bin die Schwester jenes Claudio, Herr,
Der wegen Unzucht ward verdammt, zu büßen
Mit seinem Haupt; verdammt von Angelo.
Zu mir, Novize einer Schwesterschaft,
Schickte mein Bruder: ein gewisser Lucio
Kam mit der Nachricht ...
LUCIO.
Das bin ich, mit Gunst.
Ich kam, gesandt von Claudio, und bewog sie,
Ihr rührend Fürwort bei Lord Angelo
Für ihren armen Bruder zu versuchen.
ISABELLA.
Ja, dieser ist's.
HERZOG
zu Lucio.
Euch hieß man nicht zu reden.
LUCIO.
Nein, gnäd'ger Herr,
Doch auch zu schweigen nicht.
HERZOG.
So tu' ich's jetzt;
Ich bitt' Euch, merkt Euch das, und habt Ihr einst
Zu sprechen für Euch selber, dann fleht zum Himmel,
Daß Ihr nicht stecken bleibt.
LUCIO.
Herr, dafür steh' ich.
HERZOG.
Steht für Euch selber! Nehmt Euch wohl in acht!
ISABELLA.
Der Herr erzählte den Beginn der Sache.
LUCIO.
Recht!
[286] HERZOG.
Recht mag's sein; doch Ihr seid sehr im Unrecht
Zu sprechen vor der Zeit. – Fahrt fort!
ISABELLA.
Ich kam
Zu diesem gottlos schändlichen Regenten, ...
HERZOG.
Das sieht fast aus wie Wahnsinn!
ISABELLA.
Herr, verzeiht,
Das Wort paßt für die Sache.
HERZOG.
Kann sein! – Zur Sache denn: fahrt fort, ich bitt' Euch!
ISABELLA.
Kurz denn, – um zu verschweigen, was nicht not:
Wie ich ihm zusprach, wie ich bat und kniete,
Wie er mich abwies, was er drauf erwidert –

Denn so verging viel Zeit, – beginn' ich gleich
Den schnöden Schluß mit Schmerz und Scham zu klagen.
Nur für das Opfer meiner Keuschheit selbst
An seine lüstern ungezähmte Gier
Sprach er den Bruder frei. Nach langem Kampf
Siegt schwesterliches Mitleid über Ehre,
Und ich ergab mich ihm; doch nächsten Morgens,
Im Übermaß der Bosheit, fodert er
Des armen Bruders Haupt.
HERZOG.
Traun, höchst wahrscheinlich!
ISABELLA.
O wär' es so wahrscheinlich, als es wahr ist!
HERZOG.
Ha, töricht Ding, du weißt nicht, was du sprichst,
Oder bist zur Verleumdung angestiftet
Durch gift'gen Haß. Zuerst ist seine Tugend rein
Und fleckenlos; dann wär' es widersinnig,
Mit solcher Tyrannei den Fehl zu strafen,
In den er selber fiel. Sündigt' er also,
Dann wägt' er deinen Bruder nach sich selbst,
Und nicht vertilgt' er ihn. Nein, du bist angestiftet;
Gesteh' es frei und sag, auf wessen Rat
Du diese Klage vorbringst?
ISABELLA.
Ist dies alles?
Dann, o ihr gnadenreichen Engel droben,
Stärkt mit Geduld mich, und zu reifer Zeit
Entdeckt die Untat, die sich hier verhüllt
In höherm Schutz! Gott hüt' Euch so vor Wehe,
Wie ich gekränkt, geschmäht von hinnen gehe!
[287] HERZOG.
Ich weiß, Ihr gingt wohl gern – ruft einen Häscher,
Bringt sie in Haft! Wie! Sollt' ich's ruhig ansehn,
Daß Gift und Läst'rung treffe solchen Freund,
Der uns so nah? Gewiß! Hier waltet Trug.
Wer weiß von Euerm Plan? Und daß Ihr kamt?
ISABELLA.
Einer, den ich her wünschte: Pater Ludwig.
HERZOG.
Ihr Beicht'ger wohl. – Kennt jemand diesen Ludwig?
LUCIO.
Ich kenn' ihn, Herr: in alles mengt er sich,
Mir ist er widrig; schützt' ihn nicht die Kutte, –

Um seine Reden wider Eure Hoheit,
Als Ihr entfernt, hätt' ich ihn derb gebläut.
HERZOG.
Was, Reden wider mich? Welch saubrer Mönch! –

Und hier dies arme Mädchen anzuhetzen
Auf unsern Stellvertreter! Schafft den Mönch! –
LUCIO.
Noch gestern abend sah ich ihn, mein Fürst,
Mit ihr im Kerker; 's ist ein frecher Bursch,
Ein schäbichter Gesell.
PETER.
Gott schütz' Eu'r Hoheit!
Ich war zugegen, gnäd'ger Fürst, und hörte
Eu'r fürstlich Ohr gemißbraucht. Den Regenten
Beschuldigt dieses Mädchen höchst verleumd'risch;
Der ist so frei von Sünd' und Schuld mit ihr,
Als sie mit einem, der noch nicht geboren.
HERZOG.
Nicht Mind'res glaubten wir. –

Kennt Ihr den Pater Ludwig, den sie nannte?
PETER.
Ich kenn' ihn als 'nen frommen, heil'gen Mann,
Nicht frech, noch je in Weltliches sich mengend,
Wie dieser Herr von ihm vermeldete;
Und auf mein Wort, ein Mann, der nimmermehr,
Wie er behauptet, Eure Hoheit schmähte.
LUCIO.
Mein gnäd'ger Fürst, höchst ehrlos, glaubt mir das!
PETER.
Gut, mit der Zeit rechtfertigt er sich wohl;
Doch eben jetzo liegt er krank, mein Fürst,
An heft'gem Fieber. Nur auf sein Gesuch
(Weil er erfuhr, daß eine Klage hier
Lord Angelo bedrohe,) kam ich her,
Zu zeugen, was er weiß, in seinem Namen,
Was wahr, was falsch; und was mit einem Eid
[288]
Und gültigem Beweis er dartun wird,
Ruft man ihn auf. Zuerst, dies Mädchen hier –

Den würd'gen Herrn Statthalter loszusprechen
So öffentlich und tödlich angeklagt –

Will ich der Lüge zeihn vor ihren Augen,
Daß sie es selbst gestehn soll.

Isabella wird weggeführt.
HERZOG.
Wohl! Laßt hören.
Belächelt Ihr dies nicht, Lord Angelo?
Über die Eitelkeit der armen Toren! –

Reicht Sessel her! Kommt, Vetter Angelo;
Ich will nur Hörer sein, sprecht Ihr als Richter
In Eurer eignen Sache! – Ist dies die Zeugin?

Mariane tritt vor.

Sie zeig' uns ihr Gesicht und rede dann!
MARIANE.
Verzeiht, mein Fürst, nicht zeig' ich mein Gesicht,
Bis mein Gemahl befiehlt.
HERZOG.
Seid Ihr vermählt?
MARIANE.
Nein, gnäd'ger Herr.
HERZOG.
Seid Ihr ein Mädchen?
MARIANE.
Nein.
HERZOG.
So seid Ihr Witwe?
MARIANE.
Auch nicht.
HERZOG.
Nun, dann seid Ihr
Gar nichts: nicht Mädchen, Witwe nicht, noch Frau.
LUCIO.

Gnädiger Herr, es wird wohl ein Schätzchen sein, denn die sind gewöhnlich weder Mädchen, Witwen, noch Frauen.

HERZOG.
Schweigt doch den Menschen! Hätt' er Ursach' nur,
Zu schwatzen für sich selbst! –
LUCIO.
Gut, gnäd'ger Herr.
MARIANE.
Ich muß gestehn, ich war niemals vermählt,
Und ich gesteh' es auch, ich bin kein Mädchen.
Ich hab' erkannt ihn, doch mein Mann erkennt nicht,
Daß er mich je erkannt.
LUCIO.
So war er also betrunken, gnädiger Herr; es kann nicht anders sein.
[289] HERZOG.
Ich wollt', du wärst es auch: so schwiegst du endlich.
LUCIO.
Gut, mein Fürst.
HERZOG.
Dies ist kein Zeugnis für Lord Angelo.
MARIANE.
Nun komm' ich drauf, mein Fürst,
Sie, die ihn anklagt um verletzte Zucht,
Dadurch zugleich verklagt sie meinen Gatten,
Und zwar erwähnt sie solcher Zeit, mein Fürst,
Wo ich bezeug', ich selbst umarmt' ihn damals
In Lieb' und Zärtlichkeit.
ANGELO.
Meint sie wen sonst, als mich?
MARIANE.
Nicht daß ich wüßte!
HERZOG.
Nicht?
Ihr sagtet, Euer Gatte? –
MARIANE.
Jawohl, mein Fürst: und das ist Angelo,
Der glaubt, daß er mich niemals hat berührt,
Und wähnt, daß Isabella ihn umarmt.
ANGELO.
Das geht zu weit! Laß dein Gesicht uns sehn!
MARIANE.
Mein Gatte fodert's, dann entschleir' ich mich.

Sie nimmt den Schleier ab.

Sieh dies Gesicht, grausamer Angelo,
Dem einst du schwurst, es sei des Anblicks wert:
Sieh diese Hand, die durch geweihten Bund
Sich fest in deine fügte: sieh mich selbst,
Die dich von Isabellen losgekauft
Und in dem Gartenhause dir begegnet,
Als wär' es jene.
HERZOG.
Kennt Ihr dieses Mädchen?
LUCIO.
Ja, fleischlich, sagt sie.
HERZOG.
Still doch, Mensch!
LUCIO.
Schon gut! –
ANGELO.
Mein Fürst, ich leugn' es nicht, ich kenne sie;
Fünf Jahre sind's, da war von Heirat wohl
Die Rede zwischen uns; doch brach ich's ab,
Teils, weil das festgesetzte Heiratsgut
Nicht dem Vertrag entsprach; teils, und zumeist,
Weil ich erfuhr, sie schade ihrem Ruf
Durch Leichtsinn. Seit der Zeit, fünf Jahre sind's,
[290]
Sprach ich sie nicht, noch sah und hört' ich sie,
Bei meiner Treu' und Ehre.
MARIANE.
Hoher Herr,
Wie Licht vom Himmel kommt, vom Hauch das Wort,
Wie Sinn in Wahrheit ist, Wahrheit in Tugend:
Ich bin sein anverlobtes Weib, so fest
Ein Treugelübde bindet; ja, mein Fürst,
Erst Dienstag nacht in seinem Gartenhaus
Erkannt' er mich als Weib. Wie dies die Wahrheit,
So mög' ich ungekränkt vom Knien erstehn;
Wo nicht, – auf ewig festgebannt hier haften,
Ein marmorn Monument! –
ANGELO.
Bisher hört' ich's mit Lächeln;
Jetzt, gnäd'ger Fürst, laßt meinem Recht den Lauf;
Hier bricht mir die Geduld. Ich seh' es wohl,
Die armen Klägerinnen sind durchaus
Werkzeuge nur in eines Mächt'gen Hand,
Der sie regiert. Gebt Freiheit mir, mein Fürst,
Die Ränke zu entlarven!
HERZOG.
Ja, von Herzen;
Und straft sie nur, so wie's Euch wohlgefällt.
Einfält'ger Mönch, und du, boshaftes Weib,
Im Bund mit der, die ging: glaubst du, dein Schwur,
Und zwäng' er alle Heil'gen her vom Himmel,
Sei Zeugnis gegen solch Verdienst und Ansehn,
Das unser Zutraun stempelt? Ihr, Lord Escalus,
Setzt Euch zu meinem Vetter; steht ihm bei,
Die Quelle dieses Unfugs zu erspähn.
Noch war's ein andrer Mönch, der sie gehetzt:
Den schafft herbei!
PETER.
Ich wünscht', er wär' schon hier; denn allerdings
War er's, der diese Weiber trieb zur Klage.
Eu'r Schließer weiß den Ort, wo er verweilt,
Und kann ihn holen.
HERZOG.
Tut es ungesäumt!

Schließer ab.

Und Ihr, mein würd'ger, wohlerprobter Vetter,
Dem daran liegt, die Sache zu durchforschen,
[291]
Verfahrt mit dieser Schmähung, wie Ihr mögt,
Und wählt die Strafe! Ich verlass' Euch jetzt
Auf kurze Zeit; Ihr bleibt, bis Ihr durchaus
Mit den Verleumdern alles abgetan.
ESCALUS.
Mein Fürst, es soll an uns nicht fehlen. –

Der Herzog geht ab.

Signor Lucio, sagtet Ihr nicht, Ihr kenntet jenen Pater Ludwig als einen Menschen von unehrbarem Wandel?

LUCIO.

Cucullus non facit monachum: ehrbar in nichts, als in seinem Habit; und hat höchst niederträchtig von unserm Herzog gesprochen.

ESCALUS.

Seid so gut und wartet hier, bis er kommt, um dies gegen ihn zu behaupten. Es wird sich ergeben, daß dieser Mönch ein schlimmer Gesell ist.

LUCIO.
So sehr, als irgendeiner in Wien, auf mein Wort!
ESCALUS.

Ruft besagte Isabella wieder her, ich will mit ihr reden. Erlaubt mir, gnädiger Herr, sie zu vernehmen. Ihr sollt sehen, wie ich ihr zusetzen werde.

LUCIO.
Nicht besser als der, nach ihrer eigenen Aussage.
ESCALUS.
Wie war das?
LUCIO.

Ei, gnädiger Herr, ich meine nur, wenn Ihr insgeheim ihr zusetzt, so wird sie eher beichten; vielleicht schämt sie sich, es so vor der Welt zu tun.


Gerichtsdiener führen Isabella herein; es kommen der Herzog, als Mönch verkleidet, und der Schließer.
ESCALUS.
Es liegt mir dran, recht bald alles Dunkle zu erklären.
LUCIO.
Recht so, erklärt Ihr Euer Anliegen im Dunkeln.
ESCALUS.
Tretet näher, junges Mädchen; hier dieses Frauenzimmer widerspricht allem, was Ihr gesagt habt.
LUCIO.
Gnädiger Herr, hier kommt der Schurke, von dem ich sprach – hier, mit dem Schließer.
ESCALUS.
Eben recht; redet Ihr jedoch nicht zu ihm, bis wir Euch aufrufen.
LUCIO.
Mum.
ESCALUS.

Näher, guter Freund! Habt Ihr diese Weiber angestiftet, [292] Lord Angelo zu verleumden? Sie haben bekannt, daß Ihr es tatet.

HERZOG.
Das ist falsch.
ESCALOS.
Was? Wißt Ihr, wo Ihr seid?
HERZOG.
Ehrfurcht vor Eurer Würde! Selbst den Teufel
Ehrt mancher wohl um seinen Flammenthron. –

Wo ist der Fürst? Ihm will ich Rede stehn.
ESCALUS.
Er ist in uns; Ihr sollt uns Rede stehn;
Gebt acht und redet ziemlich!
HERZOG.
Kühnlich gewiß. Doch ach! Ihr armen Kinder!
Kamt ihr, das Lamm beim Fuchse hier zu fodern?
Nun, gute Nacht, Ersatz! Der Herzog ging?
Dann geht auch ihr zu Grunde! Euer Herzog
Ist ungerecht, daß er von sich zurückweist
Eu'r laut gewordenes Rechtgesuch an ihn
Und in des Schurken Mund eu'r Urteil legt,
Den ihr hier angeklagt! –
LUCIO.
Dies ist der Schuft! Der ist's, von dem ich sprach.
ESCALUS.
Wie, du unheil'ger, unehrwürd'ger Mönch,
War's nicht genug, die Frau'n hier anzustiften
Wider den würd'gen Herrn? Noch jetzt mit Läst'rung, –

Ja hier, vor seinem eignen Ohre – wagst du's,
Und nennst ihn Schurke?
Und schielst von ihm sogar noch auf den Fürsten,
Und schiltst ihn ungerecht? Führt ihn hinweg! –

Fort, auf die Folter! Zerrt ihm Glied für Glied,
Bis er den Plan bekennt! Was, ungerecht! –
HERZOG.
Seid nicht so hitzig! Euer Herzog
Wagt nicht, mir nur den Finger anzurühren,
Nicht mehr, als er den eignen foltern wird.
Auch bin ich ihm nicht untertan,
Noch hier vom Sprengel. Meiner Sendung Amt
Ließ manches mich erleben hier in Wien:
Ich sah, wie hier Verderbnis dampft und siedet.
Und überschäumt: Gesetz für jede Sünde;
Doch Sünden so beschützt, daß Eure Satzung
Wie Warnungstafeln in des Baders Stube
Da steht und, was verpönt, nur wird verhöhnt.
[293] ESCALUS.
Den Staat geschmäht? Fort, bringt ihn in den Kerker!
ANGELO.
Wes könnt Ihr ihn verklagen, Signor Lucio?
Ist dies der Mann, von dem Ihr uns gesagt?
LUCIO.
Derselbige, gnädiger Herr. Kommt heran, Gevatter Kahlkopf, kennt Ihr mich?
HERZOG.

Ich erinnere mich Eurer, Herr, an dem Ton Eurer Stimme; ich traf Euch während des Herzogs Abwesenheit im Kerker. –

LUCIO.
So? Traft Ihr mich? Und erinnert Ihr Euch noch, was Ihr vom Herzog sagtet?
HERZOG.
Vollkommen, Signor.
LUCIO.

Wirklich, Herr? Und läuft der Herzog den Dirnen nach? Und ist er ein Geck und eine Memme, wie Ihr von ihm sagtet?

HERZOG.

Ihr müßt erst unsre Rollen tauschen, Herr, eh' Ihr mich das sagen laßt; Ihr allerdings spracht so von ihm, und viel mehr, viel schlimmer.

LUCIO.
Ei, du lästerlicher Bursch, zog ich dich nicht bei der Nase, wie du so sprachst?
HERZOG.
Ich versichre, daß ich den Herzog so sehr liebe, als mich selbst.
ANGELO.

Hört doch, wie der Schurke jetzt abbrechen möchte, nachdem er verräterische Lästerungen ausgestoßen! –

ESCALUS.

Mit solchem Kerl muß man kein Wort verlieren: fort mit ihm ins Gefängnis! Wo ist der Schließer? Fort mit ihm ins Gefängnis! – Legt ihm Eisen genug an, laßt ihn nicht weiter reden; und nun auch fort mit den leichtfertigen Dirnen und ihren andern Spießgesellen.


Der Schließer legt Hand an den Herzog.
HERZOG.
Halt da! Haltet ein! –
ANGELO.
Was? Er widersetzt sich? Helft ihm, Lucio!
LUCIO.

Wartet nur, wartet nur, wartet nur; pfui doch! Was, Ihr kahlköpfiger, lügnerischer Schuft, Ihr müßt Euch den Kopf so vermummen? Müßt Ihr? Zeigt einmal Euer Schelmengesicht, und an den Galgen mit Euch! Zeigt Euer Strauchdiebsgesicht, und laßt Euch frisch hängen! Will die Kapuze nicht herunter?


Reißt ihm die Mönchskappe ab und erkennt den Herzog.
[294] HERZOG.
Du bist der erste Bube,
Der je 'nen Herzog machte!
Erst, Schließer, meine Bürgschaft diesen drei'n. –

– Schleicht Euch nicht weg, Freund. Denn der Mönch und Ihr
Sind noch nicht fertig; haltet mir ihn fest!
LUCIO.
Das kann noch schlimmer werden als hängen.
HERZOG
zu Escalus.
Was Ihr gesagt, will ich verzeihn. Setzt Euch!

Zu Angelo.

Wir borgen diesen Platz, – mit Eurer Gunst. –

– Hast du noch Wort und Witz, hast du noch Frechheit,
Die zu Gebot dir stehn? Wenn du sie hast,
So halt' sie fest, bis ich zu End' erzählt,
Und zittre dann! –
ANGELO.
O mein furchtbarer Fürst!
Ich wäre schuld'ger wohl als meine Schuld,
Dächt' ich, ich könnt' Euch irgend noch entschlüpfen,
Da ich erkannt, wie Ihr mein Tun durchschaut,
Dem ew'gen Richter gleich. Drum, gnäd'ger Fürst,
Nicht längre Sitzung prüfe meine Schande;
Statt des Verhörs nehmt mein Geständnis an;
Unmittelbarer Spruch und schneller Tod
Ist alles, was ich flehe.
HERZOG.
Kommt, Mariane! –

Sprich, warst du je verlobt mit diesem Fräulein?
ANGELO.
Das war ich, Herr.
HERZOG.
So geh, vollzieh' die Trauung ungesäumt:
Ihr, Mönch, vermählt sie; wenn Ihr das vollbracht,
Bringt ihn zurück hieher! – Geh, folg' ihm, Schließer!

Angelo, Mariane, Peter und Schließer ab.
ESCALUS.
O Herr! Mehr noch entsetzt mich seine Schande,
Als dieses Handels Seltsamkeit!
HERZOG.
Kommt näher, Isabella:
Eu'r Mönch ist nun Eu'r Fürst. Wie ich vorhin
Als Freund mit treuem Rat mich Euch geweiht,
Nicht wechselnd Sinn mit Kleidung, bin ich noch
Gewidmet Eurem Dienst.
ISABELLA.
O Fürst, verzeiht,
[295]
Daß die Vasallin mit Geschäft und Müh'n
Die unbekannte Majestät beschwert! –
HERZOG.
Euch ist verziehn.
Und nun, du Teure, sei auch mir so mild!
Des Bruders Tod, ich weiß, drückt dir das Herz,
Und staunen magst du, daß ich nur verhüllt
Gestrebt, ihn dir zu retten, nicht vielmehr
Mich rasch hervorhob aus verborgner Macht,
Statt ihn dahin zu geben. Liebreich Wesen!
Es war der schnelle Hergang seines Tods,
Der, wie ich wähnte, trägern Fußes käme,
Was meinen Plan zerstört. Doch ruh' er sanft! –

Glücksel'ger dort, der Todesfurcht entrafft,
Als hier in steter Furcht. Nimm das zum Trost:
Dies Glück ward deinem Bruder.

Angelo, Mariane, Peter und Schließer kommen zurück.
ISABELLA.
Wohl, mein Fürst.
HERZOG.
Hier diesem Neuvermählten, der uns naht,
Des üpp'ge Lüsternheit dich kränken wollte
An deiner wohlgeschirmten Her' und Tugend,
Möcht'st du verzeihn um Marianens willen –

Doch weil er deinem Bruder gab den Tod
(Er, schuldig selbst der doppelten Verletzung
Geweihter Keuschheit und gelobten Schwurs,
Mit dem er dir des Bruders Rettung bürgte), –

Ruft des Gesetzes Gnade selber nun
Vernehmlich, ja selbst aus des Schuld'gen Munde:
»Ein Angelo für Claudio, Tod für Tod:
Liebe für Liebe, bittern Haß für Haß,
Gleiches mit Gleichem zahl' ich, Maß für Maß.«
Drum, Angelo, da dein Vergehn am Tage,
So klar, daß selbst kein Leugnen Hülfe böte,
Sei nun verurteilt zu demselben Block,
Wo Claudio fiel, und zwar mit gleicher Hast.
Hinweg mit ihm!
MARIANE.
O gnadenreicher Fürst!
Ich hoff', Ihr gabt zum Spott mir nicht den Gatten?
[296] HERZOG.
Der Gatte selbst gab Euch zum Spott den Gatten.
Nur zur Beschützung Eurer Ehre hielt ich
Den Eh'bund nötig, daß kein Vorwurf je,
Weil Ihr die Seine wart, Eu'r Leben treffe
Und hemme künft'ges Glück. All seine Güter,
Obwohl nach dem Gesetz an uns verfallen,
Sind Euch als Wittum und Besitz verliehn;
Kauft damit einen bessern Mann.
MARIANE.
O Herr,
Ich wünsche keinen andern je, noch bessern.
HERZOG.
Vergeblich wünscht Ihr: wir sind fest entschlossen.
MARIANE
kniet.
Huldreichster Fürst, –
HERZOG.
Umsonst ist Eure Müh'.
Fort, führt ihn hin zum Tod! –

Zu Lucio.

Nun, Herr, zu Euch!
MARIANE.
O milder Fürst! Hilf, süße Isabella!
Leih' mir dein Knie: mein ganzes Leben will ich,
All meine Zukunft deinem Dienste leihn.
HERZOG.
Ganz wider allen Sinn bedrängst du sie!
Wenn sie für diese Tat um Gnade kniete,
Zersprengte Claudios Geist sein steinern Bett
Und riß sie hin in Schrecknis.
MARIANE.
Isabella,
O Herzensfreundin, dennoch kniet nur mit,
Die Händ' erhebt, sprecht nichts, ich red' allein.
Durch Fehler, sagt man, sind die besten Menschen
Gebildet, werden meist um so viel besser,
Weil sie vorher ein wenig schlimm; so geht's
Vielleicht auch meinem Gatten. Isabella,
Willst du nicht mit mir knien?
HERZOG.
Er stirbt für Claudios Tod.
ISABELLA.
Huldreicher Fürst,
Ich fleh' Euch, schaut auf diesen Mann der Schuld,
Als lebte Claudio noch. Fast muß ich denken,
Aufricht'ge Pflicht hat all sein Tun regiert,
Bis er mich sah. Wenn es sich so verhält,
Laßt ihn nicht sterben! Claudio ward sein Recht,
Weil er den Fehl beging, für den er starb.
[297]
Doch Angelo, –

Sein Tun kam nicht dem sünd'gen Vorsatz gleich,
Und muß begraben ruhn als eitler Vorsatz,
Der starb entstehend. – Gedanken sind nicht Taten;
Vorsätze nur Gedanken.
MARIANE.
Nur Gedanken! –
HERZOG.
Eu'r Flehn erweicht mich nicht; steht auf; ich will's.
Noch kommt ein neu Vergehn mir in den Sinn: –

Schließer, wie kam's, daß Claudio ward enthauptet
Zu ungewohnter Stunde?
SCHLIESSER.
Also ward mir's
Geboten.
HERZOG.
Ward Euch schriftlicher Befehl? –
SCHLIESSER.
Nein, gnäd'ger Fürst, es war ein mündlich Wort.
HERZOG.
Und dafür seid Ihr Eures Amts entsetzt: –

Gebt Eure Schlüssel ab!
SCHLIESSER.
Verzeihung, gnäd'ger Fürst:
Mir ahnt', es sei ein Fehl, doch wußt' ich's nicht,
Und als ich überlegt, hab' ich's bereut.
Des zum Beweis blieb einer im Verhaft,
Dem gleichfalls mündlich Wort den Tod erkannt,
Und den ich leben ließ.
HERZOG.
Wer?
SCHLIESSER.
Bernardino.
HERZOG.
O hätt'st du doch an Claudio das getan!
Geh', hol' ihn her, ich will ihn sehn.

Schließer geht.
ESCALUS.
Mich schmerzt,
Daß ein so weiser, so gelehrter Mann,
Als Ihr, Lord Angelo, mir stets erschient,
So gröblich fehlte – erst durch heißes Blut,
Und Mangel richt'gen Urteils hinterher.
ANGELO.
Mich schmerzt, daß ich Euch diesen Schmerz bereitet,
Und solche Reu' durchdringt mein wundes Herz,
Daß mir der Tod willkommner scheint als Gnade.
Ich hab' ihn wohl verdient und bitte drum! –

Der Schließer, Bernardino, Claudio und Julia kommen zurück.
[298] HERZOG.
Welcher ist Bernardin?
SCHLIESSER.
Der, gnäd'ger Herr.
HERZOG.
Ein Mönch erzählte mir von diesem Mann.
Hör' an! Man sagt, du seist verstockten Herzens,
Du fürchtest nichts jenseit des Irdischen,
Und dem entspricht dein Tun. Du bist verurteilt;
Doch deine Schuld auf Erden sei verziehn:
So strebe nun, daß solche Huld dich leite
Auf beßre Zukunft. Pater, unterweist ihn,
Ich lass' ihn Euch. – Wer ist der Eingehüllte?
SCHLIESSER.
Noch ein Gefangner ist's, den ich gerettet,
Der sterben sollt', als Claudio ward enthauptet,
Und fast dem Claudio gleich, als wie sich selbst.

Nimmt Claudio die Verhüllung ab.
HERZOG
zu Isabella.
Wenn er ihm ähnlich sieht, – um seinethalb
Sei ihm verziehn; und Eurer Anmut halb
Gebt mir die Hand und sagt, Ihr seid die Meine:
Er ist mein Bruder dann. Doch dies für künftig.
Lord Angelo sieht also, daß er lebt;
Mir scheint, sein Aug' erglänzt in neuer Hoffnung.
Nun! Eure Sünde zahlt Euch noch so ziemlich.
Liebt ja Eu'r Weib; ihr Wert gibt Wert dem Euern. –

Ich fühle Neigung, allen zu verzeihn;
Doch jenem da, ihm kann ich nicht vergeben.
Ihr frecher Mensch, der weiß, ich sei ein Narr,
Und feig und lüderlich, ein Tor, ein Toller:
Womit, sagt an, hab' ich's um Euch verdient,
Daß Ihr mich so erhobt?
LUCIO.

Meiner Treu, gnädigster Herr, ich sagte das nur so nach hergebrachter Mode; wollt Ihr mich dafür hängen lassen, so mag's geschehn; aber ich säh' es lieber, wenn Ihr geruhen wolltet, mich durchpeitschen zu lassen.

HERZOG.
Zuerst gepeitscht, Herr, dann gehängt.
Laßt es ausrufen, Schließer, durch ganz Wien:
Hat wo ein Mädchen Klag' auf diesen Burschen
(Wie er mir selber schwor, daß eine sei,
Die ihm ein Kind gebar), so melde sie's,
[299]
Dann soll er sie heiraten: – nach der Hochzeit
Stäupt ihn und hängt ihn auf!
LUCIO.

Ich bitt' Euer Hoheit um alles, verheiratet mich, doch nicht an eine Metze! Eu'r Hoheit sagte noch eben, ich hätte Euch zum Herzoge gemacht: liebster, gnädiger Herr, lohnt mir nun nicht damit, daß Ihr mich zum Hahnrei macht.

HERZOG.
Bei meinem Wort, heiraten sollst du sie.
Dein Schmähn vergeb' ich, und was weitres du
Verwirkt hast, gleichfalls. Führt ihn ins Gefängnis,
Und sorgt, daß mein Befehl vollzogen wird!
LUCIO.

Solch einen lüderlichen Fisch heiraten, gnädiger Herr, ist erdrückt, erstickt, gepeitscht und gehängt werden.

HERZOG.
Den Fürsten schmähn, verdient's.
Claudio, die Ihr gekränkt, bringt sie zu Ehren;
Glück Euch, Mariane! Liebt sie, Angelo:
Ich war ihr Beicht'ger, ihre Tugend kenn' ich.
Dir, Escalus, sei Dank für alles Gute;
Ich bin auf bessern Glückwunsch noch bedacht.
Dank, Schließer, weil du treu und sorglich schwiegst;
Wir stellen dich auf einen würd'gern Platz.
Vergebt ihm, Angelo, daß er den Kopf
Des Ragozyn statt Claudios Euch gebracht;
Der Fehl ist keiner. – Teure Isabella,
Noch hab' ich eine Bitt', auch Euch zum Besten:
Und wollt Ihr freundliches Gehör mir leihn,
So wird das Meine Eu'r, das Eure mein.
Zum Palast dann; und hört aus meinem Munde
Von dem, was noch zu sagen bleibt, die Kunde!

Alle gehn ab.
[300]

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TextGrid Repository (2012). Shakespeare, William. Komödien. Maß für Maß. Maß für Maß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0CA0-5