[95] Voreilige Nachahmungssucht und ihre Folgen.
Franz hatte sich gewöhnt alles was er sah und hörte nachzuäffen, daher bekam er auch den Beinamen, Aeffchen. Einst versuchte die Mutter eine Suppe in der Küche, um zu sehen, ob sie hinlänglich gesalzen sei. Franz, der es sahe, lief sogleich, als die Mutter fort war, herbei, schöpfte den Kochlöffel voll siedender Brühe und setzte herzhaft an. O weh! wie verbrannte er sich den Mund und die Zunge. Er schrie aus Leibeskräften, so daß Alles voll Schrecken herbeikam, um zu sehen, was es gäbe. Mehrere Tage hindurch mußte er die größten Schmerzen leiden, und konnte fast gar nichts essen. Ein anderes Mal sah er den Vater die Bäume schütteln; kaum war dieser ihm aus den Augen, als Franz auch die Bäume nach der Reihe schüttelte und sich freute, wie die Aepfel und Birnen umherflogen. Aber der Vater, der zufällig wieder zurück kam, sahe es, und Franz mußte eine Strafe leiden, da er sich mit Worten nicht warnen ließ. Die Köchin schlachtete ein Huhn. Gleich darauf lief Aeffchen hin, [96] erwischte in Ermanglung eines Huhns die Katze, und wollte ihr ohne Gnade den Hals abschneiden. Allein diese nahm es übel und biß ihn so arg in die Hand, daß er viele Wochen sie nicht gebrauchen konnte und vor Schmerzen ausser sich war. Er ward einst zum Schneider geschickt, um etwas zu bestellen, und fand diesen bei dem Zuschneiden eines Kleidungsstückes. Franz sahe lange zu und brannte vor Begierde, auch so etwas zu thun. Kaum war er zu Hause als er sich des Tischtuches, das gerade da lag, bemächtigte, und mit der Scheere zu schneiden anfing. Es bekam ihm aber übel, denn die Mutter, die dazu kam, gab ihm die Ruthe und am Mittage nichts zu essen. Dennoch ließ er sich durch so viele Warnungen und Strafen nicht belehren, und als er einst den Schornsteinfeger in den Kamin hinaufklimmen sah, machte er es ihm nach, fiel aber herunter und brach ein Bein. Da er allein war und eine Zeitlang auf der Erde liegen blieb, bis jemand dazu kam, hatte sich schon eine Geschwulst am gebrochenen Theile erhoben, die das Einrichten und Verbinden desselben erschwerte und die Kur verzögerte. Das Bein ward dadurch, da das gesunde in der Zeit bis das beschädigte heilte, fortwuchs, kürzer als das andere und Franz behielt für seine Lebenszeit einen hinkenden, schleppenden [97] Gang. Wie sehr bereute er es nun, nicht früher bei seinen Nachäffereien die Folgen derselben, vorher in Ueberlegung gezogen zu haben, und seinen Ungehorsam und Unfolgsamkeit.