[153] 5. Das mißtrauliche Alter

1.
Wo der Teufel nicht kommt hin/
muß er alte Weiber senden/
jezo stünd' erfüllt mein Sinn/
und das Glükk in meinen Händen/
kommt ein alter Höllen-Hund
und verstört mir alles Wesen.
In Avernus roten Schlund'
mit dem dürren Donnerbesen.
2.
Alter schimpfft zwar niemand nicht/
wo es nur den Jungen traute/
wo sein sorgliches Gesicht/
so nicht alles Ding beschaute.
Meiner Schönen zarter Mund
fiel auff mich mit tausend Küssen/
was mir weiter war vergunnt/
muß ich um der Alten missen.
3.
Kunnstu denn nicht dißmahl ruhn/
daß du uns zerreist die Karten?
hastu weiter nichts zu tuhn/
nicht der Spindel abzuwarten?
Flikk den alten Belz vielmehr
und bestell das Todten-Hemde.
Was verbeutstu/ daß wol ehr
dir nicht ist gewesen fremde.
4.
Laß die Jugend frölich sein/
weil die Geister noch sich rühren.
[154]
Wenn die Wangen fallen ein
und die Zähne sich verlieren/
wenn die Brust verwelket steht/
und der Glieder Blut erkaltet
aller Muht zu drümmern geht
und der ganze Leib veraltet.
5.
Werden wir wol anders sein
und auff heylgern Knieen liegen/
weil uns blüht der Schönheit Schein/
suchen wir auch ihr Vergnügen.
Trozz! und tuh uns dieses nach/
was wir offt ergezlich treiben/
das nur bringt dir Ungemach/
daß dus selbst must lassen bleiben.
6.
Ungewitter/ Teufels-Braut/
Zahn-bruch/ Neid der guten Tage/
Schatten-körper/ Runzel-haut/
Bein-hauß/ Zorn-faß/ Todten-klage.
Alte. Pakk dich/ wie du tuhst/
zu den schwarzen Abgrunds-Geistern
und verwehr mir keine Lust.
Ich kan mich wol selber meistern.

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TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus lezteres Zehen. 5. Das mißtrauliche Alter. 5. Das mißtrauliche Alter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-16FD-A