[166] Filidors Geharnschter Venus Sinn-reden

Nach Zypern mustu gehn/ wilstu die Rätzel wissen.

Hier ist die Pyte nicht/

die dünkle Sprüche spricht.

Die Venus redet so/

drum sey kein Stichel-froh/

wo du sie willst verstehn:

Ganz freundlich mustu sehn/

und ohn Verdacht und Neid auff Liebe sein beflissen.

Filidor.

Dehm Erbahren/ Vorsichtigen und hochweisen Herren Momus schreibet auß sonderlich-geneigtem Gemühte gegenwertiges Teil der Sinnreden/ nicht ohne Vermeldung seines dienstlichen Grusses/ zu Filidor der Dorfferer durch folgendes:


Momus/ der der Weißheit Grund/ wie aus dem Gestirne siehet/
der auß der Geschikkligkeit das gefünffte Wesen ziehet/
welcher durch ein Perspektiv aller Menschen Tuhn betrachtt
ja auff Ammons Tohrheit selbst hat mit klugen Sinnen acht
Euer hoch-wizz zwinget mich diese Reden Euch zugeben:
ein solch hoch-erleuchter Sinn wird doch weit und breit nicht leben
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der Euch/ Richter/ wage hält. Ihr nur nehmt am ersten ein
was deß/ so allhier verdekket/ wahre Meinung möge sein.
Ein hart-ob sich stehend Haar/ daß deß Vogels Federn gleichet
den der Meleager schoß und ihn Atalanten reichet'
eine traur-bewuste Stirn/ die nur eine Runzel hegt
so sich umb das Künste-schloß zehnfach hat herum gelegt
ein ansehnlich-langer Gang/ wie Lykurgus kahm getreten/
wenn er die Gesezze laß so viel untergebnen Stäten/
Kleider als der Stoa trug/ wenn er die Begierden zwang/
Sitten/ wie Fabrizius/ Reden hundert Ellen lang/
Grobe Speisen/ hartes Lager/ schlechter Haußraht/ Bücher! Bücher!
Bücher! Bücher ohne Zahl/ und noch mehres glaubet sicher
daß diß alles klar bezeugt ein vergöttertes Gemüht/
so Minerven Heimligkeit durch viel tausend Brillen sieht.
Weil ihr nu mit alle dehm/ Momus/ reichlich seid begabet/
und sechs Unzen mehr Verstand/ als die Götter selber/ habet
hab' ich diß verblümte Spiel euerm Luchsen-scharffem Sinn'
als zum Abschied' hergebracht. Nehmt es Prüfer/ willigst hin.
Andre handeln allzugrob. Dieser heist euch einen Narren/
Iener schreibt auff euch Paßqwill' und kan kaum so lange harren
biß der Titul ist vorbey/ reizt er euch im ersten Blat/
der tritt gar mit Drohen auff. Denn so kommt der viert' und hat
allzuviel vor euch gelernt/ heist euch einen Idioten/
beut euch einen Esels-drek/ und was mehr der groben Zoten
die der Herr nicht leiden kan. Nein/ Herr/ Momus! Nein/ Herr/ Nein!
lasset uns fein Komplementisch/ lieber Herr/ zusammen sein.
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Was ich hier hab' auffgesezzt/ gönn' ich euch von ganzem Herzen.
Meint Ihr/ daß ich so mit Euch nu unhöfflich wolle scherzen?
hier ist Ernst. Nein. wißt Ihr nu wie ihr diß vergelten solt?
daß/ was ihr zuthun sonst pflegt/ ihr hierinnen lassen wollt.

Hamburg den 30. Augustm. 1657.


Filidor.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus Sinn-reden. [Dehm Erbahren Vorsichtigen und hochweisen Herren Momus]. [Dehm Erbahren Vorsichtigen und hochweisen Herren Momus]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-182C-E