[Der alte Gondolier hört auf zu plaudern]

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Der alte Gondolier hört auf zu plaudern,
Aus seinen Falten scheint es leis' zu rinnen,
Durch ganz Venedig weht geheimes Schaudern.
So ist's! – Du wardst entfernt und gingst von hinnen,
Doch ängstlich kehrst Du heim mit frommer Treue,
Dein Aug' zu weiden an den teuren Zinnen.
Ich sah Dich schon, es war mit heil'ger Scheue;
Denn Sonnenglorie schwamm um Deine Züge,
Gold war Dein Mantel und Dein Thron der Leue!
Die Welle kam, daß sie sich dienend schmiege
An Deinen Fuß, Du trugst die Mauerkrone,
Um ihre Zacken stob der Sturm der Siege!
Vor seinem Hauche stürzten Kaiserthrone,
Und hingeschmettert wimmerten die Heere
Und sanken Flotten, stolze Amazone!
So sah ich Dich im Schimmer höchster Ehre,
Ein glücklich Weib, um das man gerne würbe –
Nun aber schweifst Du einsam durch die Meere,
Und niemand ist, der für Dich lebt' und stürbe!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Strachwitz, Moritz von. [Der alte Gondolier hört auf zu plaudern]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1EF5-3