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In dem altertümlichen, fast einer Kapelle gleichenden Hause des Schönfärbers Renken zu Hooksiel wohnte vor längeren Jahren ein Witwer, der viel von den Walridersken zu leiden hatte. Als er einmal die Nähe einer solchen spürte, griff er zu und erhaschte einen vollen weichen Arm, aber er war nicht im Stande sie festzuhalten, und die Gestalt verschwand durch das Riemenloch der Tür, durch das sie gekommen war. In der folgenden Nacht kam die Erscheinung wieder, aber diesmal faßte er besser zu, und es gelang ihm, die Walriderske festzuhalten. Es war ein schönes junges Mädchen. Jetzt machte der Mann das Riemenloch dicht zu und war nun sicher, daß ihm das Mädchen nicht entfliehen konnte. Dieses ergab sich auch ruhig in sein Schicksal und versah fortan das Hauswesen[476] zur größten Zufriedenheit des Mannes, und wartete und pflegte ihn so sorgsam, daß ihm nichts fehlte, und er sich so recht glücklich fühlte. Als so einige Jahre verflossen waren, glaubte er, seine treue Haushälterin werde nun doch immer bei ihm bleiben, und öffnete das Riemenloch, denn es war doch recht unbequem, daß der Riemen an der Tür fehlte. Doch kaum war das Loch frei, so rief die Fremde: »Wat klingen die Glocken, wat stuft de Sand in Engelland!« und verschwand durch das Loch. Fortan sah der Mann sie nicht wieder, doch erfuhr er, so lange er lebte, ihre Nähe und ihr liebreiches Walten, denn stets wurden seine Sachen durch unsichtbare Hände beschafft und in bester Ordnung erhalten. Jeden Sonnabend lagen sowohl seine als seiner Kinder Kleider und Wäsche schön gereinigt und geplättet bei den Schlafstellen. So ward die Walriderske seine größte Wohltäterin, an der er auch immer mit der größten Liebe hing. Erst mit seinem Tode hörte die Fürsorge der Verschwundenen auf.