a.
Bis zum Jahre 1845 stand im Kirchdorf Hatten ein altes Haus, das vom Grafen Anton Günther zur Wohnung für die Zeiten, wo er sich der Jagd wegen in dieser Gegend aufhielt, gebaut und nach seinem Tode in Privathände übergegangen war. Den Bauern war das Gebäude, weil es mit seinen zwei Stockwerken und seinen beiden stattlichen Giebeln, mit seinem französischen Garten und dem großen Wirtschaftshofe vor der Tür, mit seinen dunklen Gängen und gobelintapezierten Zimmern im Innern anders aussah als die übrigen Häuser im Dorfe, merkwürdig und anstößig zugleich. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ward das Haus mit vielen dazu gehörigen Ländereien von dem Urgroßvater des letzten Besitzers erworben. Derselbe war von einem einfachen Kurfürstlich Sächsischen Gerichtsschreiber nach vielen Reisen und mannigfachen Schicksalen erst zum Kaiserlichen offenbaren Notar (tabellio) und Richter in den Holsteinischen Elbmarschen ernannt und dann zum Konsistorialrat und Amtsvogt zu Hatten in der Grafschaft Oldenburg, welche damals ebenso wie jene unter dänischer Hoheit stand, gemacht und suchte nach einem bewegten Leben hier mit seiner Ehefrau, der reichen Tochter eines Landsassen in der Herzhornschen Wildnis bei Glückstadt, den Hafen der Ruhe auf. Darf man den Reden der Hatter Bauern trauen, so hat er die Ruhe nicht gefunden. Denn seine Frau war eine böse Sieben, die keinem Menschen etwas gönnte und jedem, der ihr nahe kam, besonders aber ihrem Mann, durch Geiz und Hochmut, das Leben sauer machte. Nachdem sie ihn glücklich zu Tode geärgert, ward es mit ihrem Geiz nur noch immer schlimmer, und man vermutete, daß sie in dem Amthause, welches sie in den letzten Jahren ihres Lebens bewohnte (an dessen Stelle jetzt die Schule steht), große Schätze von Gold und Silber aufhäufte. Als sich aber bei ihrem Tode nichts fand, fing [293] man bald an zu munkeln, auf dem Sterbebette habe sie ängstlich nach dem Pastoren gerufen, und nachdem dieser herbeigeeilt und sie schon halb bewußtlos getroffen, habe sie nur noch mit Mühe die Worte: »Up minen Gründen, up minen Gründen« hervorbringen können und sei dann verschieden. Hieran knüpfte sich die Sage von einem langen unterirdischen Gange, welcher die beiden Häuser verbinden und in welchem die Schätze verborgen sein sollen. Später hat einer ihrer Nachkommen, wie es heißt, um dem Gerede auf den Grund zu kommen, nachgesucht und den Gang auch gefunden, ist bei dem Eindringen in denselben aber durch eine Tür aufgehalten worden, an welcher eine Schrift auf Pergament jeden mit einem gräßlichen Fluche bedrohte, welcher sie öffnen werde, ehe die Familie durch die bitterste Not gedrängt werde. Die Verstorbene aber fand nach dem Tode keine Ruhe, und man konnte sie nachts in den langen Gängen auf den Treppen des alten Grafenhauses im seidenen Kleide einherrauschen hören. Der Glaube an das Vorhandensein des Schatzes war bei den Dorfbewohnern so festgewurzelt, daß sie oft des Nachts in dem Hofe Nachgrabungen anstellten, und daß, als ihnen dies durch das Pflastern des Hofes erschwert wurde, einige Male in einem unbewohnten Teile des Hauses Einbrüche versucht wurden, welche sich nur dadurch erklären ließen, daß dort der Zugang zum Schatz vermutet wurde. Auch mag der hohe Preis, welchen man für beide Häuser erlangte, als sie zum Abbruch verkauft wurden, seinen Grund zum Teil in dieser Sage finden.
Ehemals sollen die Bewohner von Hatten nach Wiefelstede zur Kirche gehört haben: 505m. Eine Glocke vom Hatter Kirchturm in einen Sumpf bei Klattenhof geschleudert: 192c. Einige sagen, die Glocke sei vom Teufel in das Stigenmeer zwischen Hatten und Nutteln geworfen. Dies Stigenmeer galt früher für grundlos; später hat man es aber mit einer Mühle doch los gemahlen und zu einer Ochsenweide kultiviert. (Andere unergründliche Wasser: 521h, 536a, 552h, 561b.)