158.

Dem Auge pflegen sich meist ganze Vorgänge oder doch Bilder zu zeigen, wobei eine nebenher laufende Wahrnehmung durch andere Sinne keineswegs ausgeschlossen ist. Wenn aber auch die Vorstellung, welche der Spuksehende durch [144] das Auge empfängt, umfassender und für sich verständlicher ist, so folgt daraus doch nicht, daß das vorspukende Ereignis ihm klar und offen vorläge; auch hier gibt oftmals erst das wirkliche Eintreffen des Ereignisses die richtige Deutung des Vorspuks mit Sicherheit an die Hand. Wichtige Begebenheiten, welche ein ganzes Land oder doch eine ganze Gegend in ihren Wirkungen ergreifen und in Bewegung setzen, Feuersbrünste, Kriegsgeschichten usw. zeigen sich besonders gern vorlaufend an, und man erzählt auch jetzt Vorgeschichten solcher Kriegsgeschichten, deren Erfüllung noch nicht gekommen ist und sich noch in ein geheimnisvolles Dunkel hüllt. – Vorgeschichten von Kriegen gehen stark um, wenn die Zeiten unruhig sind. Der Dinklager Chronist Klinghamer schreibt in seiner Chronik nach Hörensagen: »1546 ist bei der Stadt Unna auf der Creutzen Heide eine große Bataille von Reitern und Knechten mit Trummen und Waffen gesehen und Geschall der Geschütze und Rinschen der Pferde gehört worden, doch alles palt verschwunden.«

Zuweilen haben sich die Erzählungen von solchen Spukgeschichten der Form nach in reine Prophezeiungen umgestaltet; aber auch dann liegt ihnen doch wohl ein Gesicht zum Grunde, was namentlich dann erkennbar wird, wenn ein künftiges Ereignis mit einem anderen in Verbindung gebracht wird: wenn das und das geschieht, so wird das und das geschehen.

Vgl. 162.

a.

Vor reichlich zwölf Jahren war eine Frau aus Neuenburg ausgegangen, um nach ihren Kartoffeln zu sehen. Wie sie so eine Strecke fortgegangen ist und ungefähr am rechten Orte zu sein meint, ist ihr mit einem Male die Umgegend ganz fremd und ist eine, die sie noch nie gesehen. Kurz darauf wurde ihr Wohnsitz nach Cloppenburg verlegt. Dasselbe ereignete sich etwas später in Cloppenburg. Als sie einmal ihren Acker besuchen wollte, konnte sie ihn nicht finden, sondern befand sich plötzlich in einer ganz unbekannten Gegend. Es dauerte nicht lange, so mußte sie wieder ihren Wohnort verändern.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. a. [Vor reichlich zwölf Jahren war eine Frau aus Neuenburg ausgegangen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-275E-7