f.

Im siebenjährigen Kriege mußte ein Bauer aus dem Kirchspiel Emstek, weil es zu jener Zeit überall noch schlechte Wege gab, mit vorspannen. Er war schon früh morgens bestellt und mußte die Wagen abholen, sodaß er am Abend nahe zu seiner Wohnung kam. Unterwegs fragte er aus den Soldaten, welche als Wache bei den Wagen waren, heraus, daß sich auf seinem Wagen die Kriegskasse befinde. Das brachte ihn sehr in Versuchung, und er dachte auf Mittel, wie er wohl zu dem Gelde gelangen könne. Als es am Abend dunkel war, mußten sie noch durch ein Wasser fahren. Der Bauer stieg deshalb auf den Wagen und arbeitete, ohne daß die Wache etwas davon merkte, einen schweren Packen von dem Wagen ab und ließ ihn in das Wasser fallen. Am andern Morgen in aller Frühe ging er mit seinem Knechte zu dem Wasser, holte den Packen heraus, brachte ihn nach Hause, und da sie fürchteten, daß nachgesucht werde, warfen sie ihn in den Brunnen. Auch dauerte es nicht lange, da kamen zwei Mann mit Pferden und fragten den Bauer, ob er was gefunden hätte; aber der Bauer sagte nein, er wisse von nichts. Sie ritten nun weiter, kamen aber bald zurück und fragten nochmals, ob der Bauer nichts gefunden habe; der aber wollte von nichts wissen. Da fingen die beiden ganz erbärmlich an zu weinen und baten, wenn er es habe, möge er es doch herausgeben, denn wenn sie es nicht wiederbrächten, würden sie andern Tags beide totgeschossen. Der Bauer ließ sich nicht erweichen, sondern wies sie ab, und diese beiden Soldaten, welche als Wache bei den Wagen gewesen waren, wurden am andern morgen wirklich vor ein Kriegsgericht gestellt, zum [203] Tode verurteilt und erschossen. Am Abend, nachdem dies geschehen, war auch dem Bauer, welcher davon gehört hatte, nicht ganz sonderlich zu Mute, und als er zu Bette lag, kamen die beiden Soldaten wieder und vor sein Bett und beschuldigten ihn, daß sie wegen seiner Schlechtigkeit hätten sterben müssen. Der Bauer sah sie von nun an jeden Abend, das ganze Haus wurde unsicher, und er hatte nirgends Ruhe vor den beiden. Der Bauer ließ endlich sein Haus abbrechen und auf einer ganz andern Stelle wieder aufbauen, und in das Haus sind sie nicht gekommen. Der Bauer ist nachmals sehr reich gewesen, aber seine Kinder, obwohl er jedem ein großes Vermögen mitgeben konnte, sind doch alle arm geworden und zuletzt sämtlich aus Armenmitteln unterhalten worden. (Geschichten von Leuten, die Kriegskassen gestohlen oder sich in Kriegszeiten auf nicht rechtmäßigem Wege bereichert hatten, gingen früher stark im Volke. Wer nach Feldzügen ungewöhnlich rasch in die Höhe kam, plötzlich großen Aufwand trieb usw., konnte leicht in den Verdacht kommen, eine Kriegskasse unrechtmäßiger Weise in seinen Besitz gebracht zu haben. Auch nach den Kriegen von 1866 und 1870/71 konnte man ähnliche Erzählungen hören.)


Vgl. 176 a.

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Fünfter Abschnitt. 172. [Ferner spuken diejenigen, welche in Folge eigener oder fremder]. f. [Im siebenjährigen Kriege mußte ein Bauer aus dem Kirchspiel Emstek]. f. [Im siebenjährigen Kriege mußte ein Bauer aus dem Kirchspiel Emstek]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2B89-3