e.

Es war ein Jüngling, der hatte eine Braut, welche er sehr liebte. Als er aber bei ihren Eltern um sie anhielt, wurde sie ihm rundweg abgeschlagen, weil er kein Vermögen genug hatte. Er ging deshalb sehr traurig wieder zu Hause. Unterwegs gesellte sich zu ihm ein Mann, dem Anscheine nach ein alter ausgedienter Soldat, welchen er früher noch nicht gesehen. Der redete ihn an und fragte, er sei ja recht traurig, ihm sei wohl etwas Schlimmes begegnet. Als der Jüngling wenig darauf antwortete, drang jener in ihn: »So sage doch nur, was dir fehlt, ich habe vieles gelernt, und vielleicht kann ich dir auch helfen.« »Ach«, sagte der Jüngling, »wenn du auch vieles kannst, mir kannst du doch nicht helfen.« Aber jener hielt an, er möge ihm seinen Kummer nur offenbaren; vielleicht könne er ihm helfen oder doch ihm einen Rat geben. Da öffnete ihm endlich der Jüngling sein Herz und sagte, daß er eine Braut gehabt, welche er sehr liebe, und daß er auch nie anders geglaubt habe, als daß sie ihn wieder lieb habe und es recht aufrichtig mit ihm meine; aber jetzt habe er sie zur Ehe begehrt und sei abgewiesen, weil er nicht Vermögen genug habe. »Nun weißt du es«, rief er aus, »aber gewiß kannst du mir nicht helfen.« »Wenn es weiter nichts ist«, erwiderte der Soldat, »dazu ist wohl Rat. Ich kann dir helfen und ich will dir helfen, und es soll keine drei Tage dauern, so wird das Mädchen schon bei dir anfragen und dich bitten, es zu heiraten, und die Eltern sollen dich auch bitten.« Da antwortete der Jüngling, das sei gar nicht möglich; wenn jener es aber machen könne, so wolle er wohl alles [337] darum geben, denn ohne das Mädchen möge er nicht länger leben. Da sagte der Soldat: »So versprich mir, daß, wenn du mit dem Mädchen getraut sein wirst, du nie wieder in die Kirche gehen und auch keine Sakramente wieder nehmen willst.« Der Jüngling, welcher ganz von dem Mädchen eingenommen war, versprach ihm, dies zu halten. Da sagte noch der Fremde, das habe er gern schriftlich, und zog ein Blatt Papier hervor, darauf stand das Versprechen schon geschrieben. Da sie nun keine Tinte hatten, mußte der Jüngling sich mit einer Nadel in den Finger stechen und mit seinem Blute unterschreiben. Darauf verließ ihn der Mann. Der Jüngling aber ging sehr nachdenkend zu Hause, denn als er jetzt ruhig über den Fremden und dessen Benehmen nachdachte, konnte er wohl entnehmen, daß es der Teufel gewesen sei. Er konnte deshalb auch gar nicht schlafen.

Als es aber kaum Tag war, kam ein Bote zu ihm mit einem Briefe von seiner Braut, worin sie ihn bat, doch heute noch wieder zu ihr zu kommen; auch die Eltern hatten geschrieben und baten sehr dringend. Er machte sich deshalb sogleich auf und ging zu ihnen. Da erklärten sie, das es sie jetzt sehr verdrieße, daß sie ihn gestern mit seinem Ansuchen abgewiesen hätten; wenn es noch sein Ernst sei, so wünschten sie, daß so bald als möglich Hochzeit gehalten werde. Er willigte gern ein, und die Geschichte mit dem Teufel war in der Freude ganz vergessen. Die Hochzeit wurde gefeiert, und er liebte seine Frau so sehr, daß ihm sein Versprechen gar nicht in den Sinn kam.

Als aber der erste Sonntag kam und er die Kirchtür öffnen wollte, da fiel ihm mit einemmale das Versprechen ein. Er fuhr zusammen und blieb stehen. Da fragte seine Frau: »Was ist dir?« Er antwortete: »Ich habe mein Buch vergessen, ich muß zurücklaufen, es zu holen.« So half er sich für diesesmal heraus, indem er nicht wieder kam. An den folgenden Sonntagen hatte er bald diese, bald jene Einwendung, und so zog es sich eine Zeit lang hin, bis zuletzt schon ein Gerede ging, er besuche gar nicht die Kirche. Auch sein Frau hatte schon lange gemerkt, daß es mit ihm nicht richtig sein könne, und als nun auch andere Leute sie fragten, beschloß sie, sie wolle es jetzt wissen, wie es mit ihrem Manne sei. Als es nun wieder Sonntag war, sagte sie vorher nichts zu ihm. Als sie aber ihre Kleider anlegten, sagte sie so recht liebevoll zu ihm, er solle doch jetzt einmal mit ihr zur Kirche gehen. Erst brauchte er Ausrede, daß er anderswo hinmüsse, aber dem [338] zärtlichen Bitten seiner Frau konnte er nicht widerstehen. Er dachte jedoch: »Vor der Kirchtüre ist es noch Zeit; du mußt etwas vergessen, und dann kannst du zurückbleiben.« Aber die Frau hatte alles mehr als doppelt bei sich, und das wußte er nicht. Als sie nun vor die Kirchtüre kamen, sagte er: »Ich habe mein Buch vergessen, ich muß geschwind hin und holen eins.« »Nein,« antwortete die Frau, »ich habe es schon,« und gab es ihm. Er schützte nun andere Dinge vor, die er vergessen haben wollte, aber alles hatte die Frau für ihn in Bereitschaft. Da er nun zuletzt keinen Ausweg mehr sah, fing er an zu weinen und sagte: »Ich darf nicht in die Kirche« und ging zurück nach Hause. Da fing auch die Frau bitterlich an zu weinen und begab sich zum Pastoren und klagte ihm ihr Leid. Dieser erwiederte, es möge wohl noch Hülfe sein, aber es werde sehr schwer halten, denn vielleicht habe ihr Mann einen Bund mit dem Teufel. Da ging die Frau betrübt nach Hause, und wie sie ihren Mann auch so traurig da sitzen sah, fiel sie ihm weinend um den Hals, küßte ihn und bat ihn, ihr doch zu sagen, wie es mit ihm stehe. Da konnte er sich nicht länger halten und offenbarte ihr alles. Dann gingen sie zusammen zum Pastoren, welchem er erzählte, wozu er sich habe verführen lassen. Dieser aber sagte, er wolle tun, was er könne, und vielleicht sei für ihn noch Hülfe.

Der Pastor schickte den Mann nach Rom zum Papste, welcher ihm zur Buße auflegte, er solle drei Tage und drei Nächte ohne alle Speise und Trank draußen auf einem Platze, welchen er ihm zeigen werde, zubringen. Gern willigte der Mann ein und versprach, es treu zu halten. Da brachte ihn der Papst auf den Platz, welcher sehr klein war, sodaß er nur kaum darauf sitzen konnte, sagte ihm aber, er solle sich hüten, daß er nicht von dem Platze gehe, es möge kommen, was da wolle; wenn er nur auf dem Platze bleibe, könne ihm nichts geschehen; er solle sich weder täuschen noch erschrecken lassen. Zuletzt sagte ihm noch der Papst, nach drei Tagen, grade um diese Zeit, werde er selbst kommen und ihn abholen, warnte ihn noch einmal, er möge sich ja vor Täuschung in acht nehmen, und entfernte sich.

Als es nun Abend wurde, fürchtete der Mann sich sehr, weil er so allein war, und kaum war es dunkel, so kam auch schon der Teufel und redete ihn freundlich an: »Wie hast du dich so betrügen lassen! komm nur dreist zu mir, denn was [339] der Papst gesagt hat, das sind lauter Lügen, der kann dir gar nicht helfen!« Wie jener aber gar nicht wollte, hielt er ihm seinen unterschriebenen Kontrakt hin und sagte: »Nimm ihn nur zu dir; wenn es dich denn so sehr verdrießt, will ich dich wieder frei geben, mir ist auch wenig an dir gelegen; komme nur und fürchte dich nicht, du dauerst mich und lässest dir sonst von dem Papste nur noch mehr aufbinden!« Da aber der Mann standhaft blieb, sagte der Teufel auf einmal: »Wenn du in Güte nicht willst, so will ich es dir wohl zeigen!« kam mit einem großen Baum gelaufen und wollte ihn damit aufs Haupt schlagen, aber der Mann saß stille und wich nicht von der Stelle. Und so oft auch der Teufel aufhob, um auf ihn zu schlagen, so schlug er doch jedesmal vor dem Platze nieder und konnte ihn nicht treffen. Hierauf kam der Teufel mit einem großen Fuder Dornen, welche brannten, fuhr dicht an ihn heran, und wie er ihm zur Seite war, warf er es plötzlich um. Da erschrak der Mann, besann sich aber und blieb sitzen. Dann kam der Teufel noch mit einer glühenden Stange und wollte ihn damit vor die Brust stoßen, aber alles war umsonst, der Mann wich nicht. Dann erschien ein schreckliches Raubtier und wollte ihn zerreißen, und so quälte ihn der Teufel die ganze Nacht. Am Morgen kam der Papst und besuchte ihn, und der Mann sah ganz bleich aus, aber der Papst ermunterte ihn, geduldig auszuharren. Den Tag über rief ihn wohl einigemal der Teufel in Gestalt eines Bekannten, sonst ließ er ihn aber in Ruhe. Als es jedoch Abend wurde, ging es wieder wie in der ersten Nacht, und der Teufel quälte ihn auf alle erdenkliche Weise, und ebenso war es in der dritten Nacht, bis um zwölf Uhr, da verließ ihn der Teufel und sagte: »Nun ist alles für mich verloren!« Der Mann war jetzt froh, denn immer näher rückte der Augenblick heran, wo der Papst ihn abholen wollte und er zählte die Stunden, denn um sechs Uhr war die bestimmte Zeit. Da, ein Viertel vor sechs, kam der Papst mit den Kirchendienern und einer Prozession mit Fahnen daher und gerade auf ihn zu, bot ihm die Hand und sprach: »Mein lieber Bruder, nun komm heraus, der Teufel hat jetzt seine Macht über dich verloren; wir wollen jetzt zur Kirche gehen und ein Dankgebet sprechen!« Schon wollte der Mann aufspringen, da sah er, daß keine Kreuze auf den Fahnen waren, und wich wieder zurück, und der Teufel mußte nun ganz und gar von ihm ablassen. Als [340] die Glocke sechs schlug, kam der Papst selbst und reichte ihm zwei Finger zum Anfassen, aber der Teufel stand neben ihm, und der Mann fürchtete sich. Da sagte der Papst, nun solle er sich nicht mehr fürchten, sondern ihm nur getrost folgen. Aber sowie der Mann sich erhob und von dem Platze ging, griff ihn der Teufel hinten an und schleppte ihn hinternach bis an die Kirchentür, da mußte er weichen und warf ihm den Kontrakt nach. Jetzt war der Mann wieder frei und lebte noch lange Jahre mit seiner Frau glücklich und zufrieden. (Visbek.)

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Achter Abschnitt. A. Einzelne Teufelsbündnisse. 204. [Wenn jemand in schwerer Geld- oder Liebesnot ist, aus Eigennutz]. e. [Es war ein Jüngling, der hatte eine Braut, welche er sehr liebte]. e. [Es war ein Jüngling, der hatte eine Braut, welche er sehr liebte]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2FDF-0