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In dem ehemals Harksenschen Hause zu Neuenburg ist die Pest mit einem Pflocke in einen Hausständer eingeschlossen, und wenn einmal der Pflock herausgezogen würde, käme auch die Pest wieder los und würde in Neuenburg und Umgegend wüten. Sie ist in Gestalt einer blauen Wolke in das Haus gekommen und in das Ständerloch geflogen. Vgl. 505k.
[280] Der Klosterhof Jürden, welcher nach Westerstede zur Kirche, sonst aber zur Gemeinde Bockhorn gehört, ist ein großer und reicher Bauernhof, dessen Eigentümer von jeher großes Ansehen genossen haben. Von diesem Hofe hat man einen Spruch, der heißt:
Vor vielen, vielen Jahren wohnte nämlich zu Linswege eine nicht mehr gar junge Frauensperson, die nur klein von Wuchs war und allgemein lüttje Putt-Ann genannt wurde. Sie war unverheiratet, und keiner der Jünglinge warb um sie, weil es mit ihr nicht ganz richtig sein sollte; sie konnte, so meinte man, mehr als andere Leute. Nun begab es sich, daß der älteste Sohn des Hausmanns zu Jürden, namens Jan, zufällig mit ihr bekannt wurde, und lüttje Putt-Ann faßte eine große Liebe zu ihm. Jan aber erwiderte diese Liebe mit nichten, und wenn man nicht sagen konnte, daß er gleichgültig gegen Putt-Ann war, so war es ganz allein darum, weil er sie als eine Hexe ansah und nur Schaden und Unglück von ihr befürchtete. So glaubte er wenigstens, wenn er einmal freundlich gegen sie gewesen war, und um recht vorsichtig zu sein und es ja nicht mit ihr zu verderben, ließ er sich sogar herbei, ein- oder zweimal bei ihr in der Wohnung einzusprechen. Das konnte aber vor den Linswegern nicht verborgen bleiben, und bald war es allenthalben bekannt, daß Jan van Jürden bei lüttje Putt-Ann zum Besuch gewesen war. Niemand vermag den Zorn und die Wut zu beschreiben, die nun in der ganzen Verwandtschaft gegen Jan ausbrachen. Jan beschloß auch und gelobte, nie wieder zu lüttje Putt-Ann hinzugehen, noch sonst Umgang mit ihr zu haben. Aber er war nicht mehr frei. Die Hexe hing einen Topf über das Feuer und kochte etwas darin. Und wenn es im Topfe langsam anfing zu kochen, so klang es heraus: »He kummt – he kummt nich – he kummt – he kummt nich.« Dann ging es auch in Jans Herzen hin und her: es regte sich die Lust, zu Putt-Anna zu gehen, aber Scham und Furcht vor Eltern und Geschwistern hielten das Widerspiel. Er kam zu keinem Entschlusse und blieb, wo er war. Wenn Putt-Ann dann aber etwas mehr Feuer unterlegte, so fing es im Topfe stärker an [281] zu kochen, und es klang heraus: »He kummt – he kummt nich – he kummt – he kummt, he kummt hekummt-hekummt« und so immer rascher. Dann wuchs auch in Jan die Lust, zu Putt-Ann zu gehen, und trieb ihn immer ungeduldiger, der Widerstand hörte auf, und Jan mußte zu Putt-Ann, er mochte wollen oder nicht. Und zuletzt hat er sie gar geheiratet, Jan zu Jürden die lüttje Putt-Ann von Linswege, zum großen Ärgernis fürs Ammerland und die Friesische Wede. (Vgl. 133.) – Auf demselben Klosterhof Jürden war einmal eine Frau vom Hause so klein, daß sie auf dem Brandrohre stehen mußte, wenn sie den Topf umrühren wollte. Sie war aber eine tüchtige Wirtschafterin und wußte sich bei Knechten und Mägden wohl in Respekt zu setzen. Sie schalt tüchtig, wenn diese nicht fleißig und treu waren, und pflegte dabei zu sagen:
Ob diese kleine, aber wohlgeachtete Hausfrau etwa lüttje Putt-Ann selbst gewesen ist, vermögen wir nicht zu sagen.