204.

Wenn jemand in schwerer Geld- oder Liebesnot ist, aus Eigennutz oder Eitelkeit sich besondere Fertigkeiten wünscht, [333] von großer Arbeit, welcher er nicht gewachsen ist, bedrängt wird, so stellt sich, gerufen oder ungerufen, der Teufel ein und erklärt sich zur Hülfe bereit, wenn ihm der Bedürftige seine Seele oder auch wohl die Seele eines anderen menschlichen Wesens verspricht, was häufig schriftlich mit dem eigenen Blute des Versprechenden bekräftigt wird. Listiger Weise verlangt der Teufel nicht immer geradezu die Seele, sondern läßt seinem Partner die Wahl, entweder dieses oder jenes zu tun oder sich dem Teufel zu übergeben, und der Partner schmeichelt sich dann mit der trüglichen Hoffnung, er werde jene erstere Aufgabe lösen. Trüglich ist aber die Hoffnung freilich nicht immer; recht oft gelingt es dem fast verzweifelnden Partner noch in dem letzten Augenblicke durch Schlauheit oder einen günstigen Zufall, seinem Verführer zu entschlüpfen. Daran reihen sich solche Erzählungen, in welchen der Teufel sich zu guterletzt, wenn er die Seele schon in seinen Krallen zu haben meint, noch zu einem Dienste herbeiläßt, den er nicht auszurichten vermag, der eine Frist gewährt, welche sein Gegner nie verstreichen zu lassen in der Macht hat. Wenn nämlich eines solchen Teufels-Verbündeten Zeit abgelaufen gewesen ist, und der Teufel ihn abgefordert hat, so hat jener um Aufschub gebeten für einen Augenblick, bis er sein Strumpfband angelegt, sein Halstuch umgebunden, seine Hose zugeknöpft habe u. dgl. Das hat der Teufel arglos zugestanden, und jener hat dann das Strumpfband nie angelegt, das Halstuch nie umgebunden etc. und so den Teufel zwar angeführt, aber auch bis zu seinem Tode mit herabhangenden Strümpfen etc. einhergehen müssen (vgl. 205l) Die Teufelsbündnisse erscheinen also in den meisten Erzählungen als Verträge, welche von beiden Seiten streng gehalten werden, aber nicht nach ihrem Sinne, sondern nach den Buchstaben; und in der Regel sind es die Menschen, welche an Hinterlist und Schlauheit den Teufel übertreffen, der dann mit seinem guten Glauben das Nachsehen hat.

Zu den Teufelsbündnissen gehören auch Abmachungen, die man als schwarze Kunst bezeichnet. Hierüber mehr im zehnten Abschnitt; Beispiele siehe 204p – ee.

Als allgemeiner Satz ist noch anzuführen, daß Diebe sich oft in schwarze Hunde verwandeln und in dieser Gestalt aller Art Schlösser ohne jegliche Berührung zu öffnen verstehen (Saterld.). Ohne Zweifel ist dies eine vom Teufel abgeleitete Fähigkeit, die auf Abmachungen mit demselben beruht.

[334] a.

Ein Mann aus dem Kirchspiel Wardenburg war in großer Geldverlegenheit. Er mußte in Oldenburg eine bedeutende Summe bezahlen, und wenn er dies nicht an dem bestimmten Tage tat, verlor er seine Landstelle, verlor er Hab und Gut. Alle seine Bemühungen, das Geld zu erlangen, waren fruchtlos, und betrübt wanderte er am Morgen des Termintages noch vor Sonnenaufgang nach der Stadt zu, um sein Unvermögen anzuzeigen. Da erschien ihm auf der Südseite zwischen Wardenburg und Tungeln der Böse und versprach ihm Geld zur Bezahlung aller seiner Schulden, eine ganze Tasche voll, wenn er ihm seine Seele verschreiben wolle. Lange kämpfte der Bauer gegen den Versucher, endlich unterlag er. Dem dargebotenen Gelde die Hosentasche öffnend rief er: »Nu denn, in Gottes Namen herin!« Der Böse warf das Geld hinein und verschwand. Als aber der Mann in Oldenburg das Geld aus der Tasche nehmen wollte, war diese voll Koth. Der Teufel hatte den Namen Gottes nicht ertragen können.

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Achter Abschnitt. A. Einzelne Teufelsbündnisse. 204. [Wenn jemand in schwerer Geld- oder Liebesnot ist, aus Eigennutz]. a. [Ein Mann aus dem Kirchspiel Wardenburg war in großer Geldverlegenheit]. a. [Ein Mann aus dem Kirchspiel Wardenburg war in großer Geldverlegenheit]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3633-E