4.
In Hinterpommern, besonders in der Gegend von Cöslin, haben sich auf dem Lande noch mehrere sonderbare Hochzeitsgebräuche, wahrscheinlich Wendischen Ursprungs, erhalten, auf welche mit abergläubischer Strenge gehalten wird, da sonst in der Ehe kein Glück und Segen soll bestehen können. Wenn nämlich die Trauung, die immer in der Kirche vollzogen wird, zu Ende ist, und der ganze Hochzeitszug sich nun zum Hochzeitshause begiebt, so muß dieses ja fest verschlossen seyn. Es wird erst nach einer Weile geöffnet, und es tritt dann Einer mit einem ganzen Brodte und einem Kruge Bier heraus vor die Thür. Aus dem Brodte muß hierauf zuerst die Braut ein Stück herausbeißen, dann der Bräutigam, und dann alle Uebrigen [338] nach der Reihe. Diese ausgebissenen Stücke dürfen aber nicht gegessen werden; sie werden vielmehr den Brautleuten gegeben, die sie aufheben müssen. Bevor man sich alsdann zum Hochzeitsschmause niedersetzt, wird in einigen Gegenden, namentlich im Treptowischen, die Braut von der Köchin an den Heerd geführt, wo sie von jedem Gerichte aus allen Töpfen und Kesseln kosten muß. Bei Tische sitzen beide Geschlechter gesondert; der Bräutigam mit den Mannspersonen sitzt in der Stube, die Braut mit den Frauenzimmern im Hausflur. Vor der Braut sowohl als vor dem Bräutigam muß während des Essens ein hölzerner Leuchter stehen, mit drei Armen, auf dem drei Lichter brennen; diese Lichter dürfen weder geputzt noch ausgelöscht werden, sondern müssen von selbst erlöschen. Erlöschen sie, ohne daß sie abgebrannt wären, so müssen die übrig gebliebenen Enden sorgfältig aufbewahrt werden.
Brüggemann, Ausführliche Beschreibung von Vor-und Hinterpommern, I. S. LXVIII.