[342] 12. Verlangen der Seele, sich durch Glauben und Liebe in Gott zu verlieren
Mel.: O Gott, du frommer Gott ... oder: Nun danket alle Gott ...
1.
Du aller Geister Ruh, Erhöre mein Verlangen!
Wann wird mein Geist in dir Zu deiner Ruh gelangen?
Ich bin ein treibend Rad, In dir ist Stille nur;
Ach, zieh mich aus mir selbst Und aller Kreatur!
2.
Wie bin ich dir so fremd, Wie bin ich dir so ferne,
Die Sünde trennet uns! Mein Heiland, ach wie gerne
Wär' ich einst ganz erlöst Von aller Eigenheit,
Um nur zu leben dir In Zeit und Ewigkeit!
3.
Ich bin mir selbst zur Last, Ich mag mich nicht mehr sehen;
Wann werd' ich, Herr, in dich Im Glauben übergehen?
Du helles Lebenslicht, Geh kräftig auf in mir,
Daß meine Finsternis Verschlungen werd' in dir!
4.
Ach, wann wird's doch geschehn, Daß ich in reiner Liebe
Zu dir, Allwürdiger, Durch deines Geistes Triebe
Mich selbst, und was ich kann Und habe, ganz in dir,
O meines Wesens End', Einst seliglich verlier'?
5.
Jehova, wann wirst du Und nicht ich in mir leben?
Nimm hin, ich bin für dich, Ich will mich dir ergeben!
Wann wird die Eigenheit Einst ganz ertötet sein?
Wann wird die Seele sein In deiner Liebe rein?
[343] 6.
Ach, wer nur einen Strahl Von dir, mein Gott, erblicket,
In Ehrfurcht billig wird Von deinem Glanz entzücket;
Wer einen Funken nur Von deiner Liebe spürt,
Sich selbst ganz willig ganz In solchem Meer verliert.
7.
Ach ja, mein Gott, in dir Verlieren alles Eigen!
Laß, was du selbst nicht bist, In mir vergehn und schweige!
Ach, alles ist gar nichts, Du bist es all' allein;
Wann wirst du auch in mir Auf ewig alles sein?
8.
O daß ich möchte gar Aus meinem Aug' verschwinden
Und dich allein in mir, Du höchstes Wesen, finden!
Ich hab' schon allzuviel Durch Sünd' entehret dich;
Verklär dich wiederum In mir fort ewiglich!
An Stelle der Fragezeichen in Strophe 1, 3, 4, 5 und 7 hat die Ausgabe letzter Hand immer Ausrufezeichen.