28.

Ich bin mit Christus gekreuzigt. Gal. 2, 19

Seele.

Ich dachte, längst beim Ziel der Seligkeit zu sein,
Der liebe Meister war schon mein,
Nun seh' ich mich erst recht in Schmerz und Leiden liegen;
Es scheint, die Liebe kann ein wenig doch betrügen.
Jesus.

Ei, warum klagest du? Ich schenk' viel Gutes dir;
Ich will jetzt anders dich gestalten,
In meinen Banden bleib und laß mich mit dir schalten,
Du mußt ja sein gleichförmig mir!
Ich litt ja tausend Qual, daß du nicht mögst verderben,
Und du, du fürchtst das mindste Leid.
Du kannst nicht meine sein ohn' Leiden und ohn' Sterben;
Betracht nur meine Leidsamkeit!
Seele.

Vergib's, o Gotteslieb! Ich bete an dein Schlagen,
Ich war in Furcht, weil ich's nicht kannt';
Jetzt sind die Schläg' mir süß, ich will sie gerne tragen,
Ans Kreuz geheftet von des liebsten Meisters Hand.
Es fällt mir dieses auch noch ein,
Das Leiden muß wohl lieblich sein,
Denn du die hohe Lehr' mir gabest zu betrachten,
Daß ohne Kreuz kein Gut auf Erden hoch zu achten.
[294]
Wohl uns, wenn du uns helfen willt
An dieses Holz, draus Leben quillt,
Ein Holz, das alle Sünd' zerstört und uns erwirbet
Ein Heil, ein ew'ges Heil, das nie kein Neid verdirbet!

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Tersteegen, Gerhard. 28. [Ich dachte, längst beim Ziel der Seligkeit zu sein]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-4E82-6