[56] Trennung

Muß es eine Trennung geben,
Die das treue Herz zerbricht?
Nein, dies nenne ich nicht leben,
Sterben ist so bitter nicht.
Hör' ich eines Schäfers Flöte,
Härme ich mich inniglich,
Seh ich in die Abendröthe,
Denk ich brünstiglich an dich.
Giebt es denn kein wahres Lieben?
Muß denn Schmerz und Trauer seyn?
Wär ich ungeliebt geblieben,
Hätt' ich doch noch Hoffnungsschein.
Aber so muß ich nun klagen:
Wo ist Hoffnung, als das Grab?
Fern muß ich mein Elend tragen,
Heimlich stirbt das Herz mir ab.

[Die Segel sie schwellen]

[57][59]
Die Segel sie schwellen,
Die Furcht ist nur Tand:
Dort, jenseit der Wellen,
Ist väterlich Land.
Die Heimath entfliehet, –
So fahre sie hin!
Die Liebe sie ziehet
Gewaltig den Sinn.
Horch! wollüstig klingen
Die Wellen im Meer,
Sie hüpfen und springen
Muthwillig einher.
Und sollten sie klagen?
Sie rufen nach dir!
Sie wissen, sie tragen
Die Liebe von hier.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. Trennung. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5458-A