[Nie hat die Eitelkeit mein Herz betrogen]

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Nie hat die Eitelkeit mein Herz betrogen,
Um, leeren Sinn's, mit Liebe nur zu spielen,
Und wollten schöne Augen nach mir zielen
Hat blöde sich mein Sinn zurück gezogen:
Nie hab' ich Lust, nie Schmerzen mir gelogen,
In Ahndung und Gedicht mich selbst zu fühlen,
Ein frommer Zweifel löschte mit dem kühlen
Gewässer jeden Brand mit sanften Wogen.
Zuerst muß ich das Wort mir selber sagen,
Jetzt weiß ich ohne Trug, ich leb' und liebe,
Dies eine nur sey Glück mir und Verderben.
Empfind' es, Herz, verschließ, o Mund, die Klagen;
Beglückt, wenn ich auch unverstanden bliebe,
Gern will ich doch der einzgen Liebe sterben.

Notes
Erstdruck in: Phantasus, Bd. 2, Berlin (Realschulbuchhandlung) 1812.
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TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. [Nie hat die Eitelkeit mein Herz betrogen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5741-F