Auf ein Soldatenbild

Hoher Kragen, eingezwängt
in die Affenjacke;
der Zivilleib, angestrengt,
weicht dem Zeitgeschmacke.
Fremd und leer blickt dein Gesicht.
Du verstehst das Ganze nicht.
Letztes Bild und letzter Klang –
du bist weggegangen.
Und ich muß nun lebenslang
mich nach beiden bangen.
Um dich pflügt der Bauernpflug.
Du bist Lehm und hast genug.
Lieber, seh ich heut dich an,
häßlich und verkleidet,
hab ich oft dich toten Mann
grüßend sehr beneidet.
Läuse, Leutnant, blutiges Gras –
Sage, wofür tatst du das?
Auf uns sieht derselbe Mond,
sehn dieselben Sterne –
Deutschland, ewig knechtgewohnt,
lechzt nach der Kaserne.
Qual, vier Jahr, gestohlnes Fressen
sind vergessen – sind vergessen . . .
Brüllend rufen Rottenlieder:
»Morgen wieder! Morgen wieder!«
Gruß dir –!
Du bist dran zerschellt:
an dem letzten Dreck der Welt.

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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1925. Auf ein Soldatenbild. Auf ein Soldatenbild. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5DB9-6