Stationen

Erst gehst du umher und suchst an der Frau
das, was man anfassen kann.
Wollknäul, Spielzeug und Kätzchen – Miau –
du bist noch kein richtiger Mann.
Du willst eine lustig bewegte Ruh:
sie soll anders sein, aber sonst wie du . . .
Dein Herz sagt:
Max und Moritz!
Das verwächst du. Dann langts nicht mit dem Verstand.
Die Karriere! Es ist Zeit . . . !
[292]
Eine kluge Frau nimmt dich an die Hand
in tyrannischer Mütterlichkeit.
Sie paßt auf dich auf. Sie wartet zu Haus.
Du weinst dich an ihren Brüsten aus . . .
Dein Herz sagt:
Mutter.
Das verwächst du. Nun bist du ein reifer Mann.
Dir wird etwas sanft im Gemüt.
Du möchtest, daß im Bett nebenan
eine fremde Jugend glüht.
Dumm kann sie sein. Du willst: junges Tier,
ein Reh, eine Wilde, ein Elixier.
Dein Herz sagt:
Erde.
Und dann bist du alt.
Und ist es soweit,
daß ihr an der Verdauung leidet –:
dann sitzt ihr auf einem Bänkchen zu zweit,
als Philemon und Baucis verkleidet.
Sie sagt nichts. Du sagst nichts, denn ihr wißt,
wie es im menschlichen Leben ist . . .
Dein Herz, das so viele Frauen besang,
dein Herz sagt: »Na, Alte . . . ?«
Dein Herz sagt: Dank.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Stationen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6088-E